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Solarwatt stellt Roboter gegen Asien-Konkurrenz auf

Dresdens Solarfabrik schafft noch einmal 140 Stellen – aber Firmenchef Frank Schneider hat große Sorgenwegen billiger Fotovoltaik aus dem Fernen Osten.

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Von Georg Moeritz

Dresden. Regenprasseln auf dem neuen Firmendach bekam Solarwatt-Vorstandschef Frank Schneider gestern zu hören, als er die modernste Solartechnikfabrik der Welt in Dresden in Betrieb nahm. Doch zum Trost für den sonnen-abhängigen Fabrikanten trat der beste Werbeträger auf, den sich Schneider wünschen konnte: Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) sagte, dass er Fotovoltaik-Technik der Solarwatt AG auf dem Dach seines Hauses in Panschwitz-Kuckau vor fünf Jahren anbringen ließ – „als Altersvorsorge“. Inzwischen findet das Dresdner Unternehmen mit bald 600 Beschäftigten seine Kunden auch in Spanien, Frankreich und Italien.

Jüngste Technik: Solarwatt verdoppelt Produktivität

Schneider lässt in der neuen Fabrikhalle dasselbe produzieren wie in der vorhandenen: Module aus Solarzellen, mit Alu-Rahmen fertig für die Montage auf dem Dach. Allerdings ist der neue Werksteil „doppelt so produktiv“ wie der ältere. Mit anderen Worten: Halb so viele Beschäftigte werden dort benötigt, um dieselbe Menge herzustellen. Dennoch schafft die Erweiterung 140 neue Arbeitsplätze im Dresdner Norden, in der Nachbarschaft von Flughafen und Mikrochipfirma ZMD. Die Beschäftigten bestücken und überwachen 29 orangefarbene Roboter, die hinter Gittern die Siliziumplatten anheben, drehen und weitertransportieren. Die Solarzellen werden verlötet und wetterfest laminiert.

Solarwatt-Chef Schneider sagte, die Roboter des Augsburger Herstellers Kuka seien der Beitrag „zur notwendigen Kostensenkung in der Fotovoltaik-Branche“. Gemeinsam mit Lieferanten sei die neue Technik entwickelt worden.

Die Gäste der Einweihung durften das Ballett der Roboterarme nur auf Bildschirmen von der benachbarten neuen Logistikhalle aus ansehen. Investiert wurden 35Millionen Euro. Ein Vertreter einer der Geld gebenden deutschen und schweizerischen Banken sagte am Rande, die Investitionsentscheidung sei sehr „mutig“ gewesen – zu einer Zeit des Abschwungs der Branche. Voriges Jahr schrumpfte der Solarwatt-Umsatz leicht von 300 auf 296 Millionen Euro, erstmals seit Gründung 1993.

Erwartungen: Fürs Nächste Jahr noch wenig Sicherheit

Vor der Eröffnungsfeier hielten die Solarwatt-Besitzer gestern in Dresden eine Aufsichtsratssitzung ab – darunter Stefan Quandt, dessen Familie auch maßgeblich an BMW beteiligt ist. Vorstandschef Schneider verriet, dass es bei dieser Sitzung „freundlich, aber hart in der Sache“ zuging. Die Besitzer hätten für das kommende Jahr „sehr anspruchsvolle“ Erwartungen, Solarwatt sei zum Wachstum verdammt.

Zur Auftragslage sagte Schneider, das Werk sei bis Ende dieses Jahres „rappelvoll, danach muss man sehen“. Zunächst bleibe Solarwatt bei Fünf-Tage-Woche und drei Schichten. „Wir wissen nicht, wie sich die Preise entwickeln“, sagte der Vorstandschef. Das gilt auch für die Solarzellen als zugekauftes Vorprodukt. Die Einkaufsverhandlungen fürs nächste Jahr laufen noch, nur zum Teil stammt das Silizium von sächsischen Lieferanten.

Der Markt: Gewinnspanne der Solarbranche schrumpft

Mit dem neuen Fabrikteil verdoppelt Solarwatt seine Kapazität: Künftig können pro Jahr Module mit einer Kapazität von 400 Megawatt Strom-Erzeugung hergestellt werden. Das entspricht etwa einem halben Kernkraftwerk. Allerdings wachsen auch die Produktionskapazitäten in Asien, die Preise sind gefallen und damit die Gewinnspannen. Schneider sagte, er als Dresdner habe sich für die Investition in Deutschland eingesetzt, auch wenn sie wegen des „harten Wettbewerbs mit asiatischen Anbietern“ ein kritischer Punkt gewesen sei. Deutschland habe schon in der Mikroelektronik viel eingebüßt – dasselbe drohe der Fotovoltaik, wenn keine politische Unterstützung komme.

Schneider hatte sich bei einer Demonstration im März gegen Regierungspläne eingesetzt, den Preis für Strom aus Sonnenenergie zu senken. Inzwischen ist die Verringerung beschlossen, auch andere Länder wie Italien kürzen die Förderung. Wolfgang Daniels, Präsident der Vereinigung zur Förderung der Nutzung Erneuerbarer Energien in Sachsen, sagte der SZ, der Wettbewerb gehe auch zu Lasten von Installationsfirmen. Zunehmend versuchten Hersteller, diese Zwischenhändler zu umgehen.

Standort Sachsen: Pleiten und Wachstum zugleich

Mehr als 5000 Sachsen haben nach Branchen-Angaben Arbeit in der Fotovoltaik. Tillich sagte, Sachsen biete die „gesamte Wertschöpfungskette“ vom Silizium bis zum Modul, dazu Anlagenbau und Software. Allerdings sind zwei Solarfabriken in Insolvenz und suchen seit Monaten Käufer: Sunfilm und Signet Solar. Doch außer Solarwatt stocken noch andere ihre Kapazitäten auf: Solarworld baut in Freiberg an, Avancis in Torgau.