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Sonne bremst Verkehr im Waldschlößchentunnel

An schönen Wintertagen strahlt das grelle Licht am Portal so stark, dass die Zufahrt problematisch wird.

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© René Meinig

Von Peter Hilbert

Dresden. Autofahrer haben sich an ein besonderes Tempolimit auf der Waldschlößchenbrücke gewöhnt. Zum Schutz der seltenen Fledermaus Kleine Hufeisennase ist die Geschwindigkeit zwischen April und Oktober nachts auf 30 Stundenkilometer begrenzt. Bisher wurde allerdings noch keines dieser geschützten Tiere gesichtet. Doch zum Schutz der Kraftfahrer ist jetzt an sonnigen Tagen ein anderes Tempolimit zu erleben, worüber sich viele wundern. Strahlt die tief stehende Wintersonne vom Süden, dann zeigen die Wechselverkehrszeichen vorm Tunnelportal in Richtung Stauffenbergallee ebenfalls nur 30.

Und das aus gutem Grund. Denn in diesem Fall gibt es ein Problem, erklärt Straßenbauamtschef Reinhard Koettnitz. Der Übergang vom Hellen zum Dunkeln wäre bei höherem Tempo zu schlagartig. Dabei sichert eine spezielle Technik bereits, dass dieser Übergang für die Augen der Kraftfahrer nicht extrem wird. Am Tunnelportal sind Natriumdampflampen installiert, die in der Fachsprache Adaptionsbeleuchtung genannt werden. Diese wird von Sensoren je nach Helligkeit im Freien automatisch reguliert. Gesteuert von sogenannten Leuchtdichtekameras, strahlen sie bei trübem Wetter oder nachts dunkler, bei grellem Sonnenschein hingegen heller. So werden auch die 110 LED-Leuchten im Tunnelinneren gesteuert. „Wenn die Sonne tief im Süden steht und das Portal mit Licht überflutet wird, ist die Adaptionsbeleuchtung aber nicht so wirksam“, sagt Koettnitz. Deshalb wird die Tempobeschränkung automatisch umgeschaltet, sodass Kraftfahrer langsamer durch den Tunnel fahren sollen.

Umgeschaltet wird jedoch nicht nur in diesem, sondern auch in anderen Fällen. Das geschieht, wenn die Beleuchtung ausfällt. Außerdem gilt Tempo 30, wenn die Fluchttüren zwischen den beiden Röhren oder die Notrufnischen genutzt werden. Denn das deutet auf Notfälle hin. Darüber hinaus muss auch bei Staugefahr langsamer gefahren werden, nennt der Amtschef den letzten Fall. Größere Unfälle habe es im Waldschlößchentunnel aber noch nicht gegeben. Meistens waren nur Blechschäden zu verzeichnen. 33 Kameras erfassen das Geschehen in jeder Ecke. So reagieren sie auf Fußgänger oder im Tunnel liegengebliebene Autos.

Mit dieser und weiterer Technik zählen die Röhren zu den am modernsten ausgestatteten Tunnel Europas. Das ist kein Zufall. Denn die EU hatte 2006 ihre Richtlinien verschärft. Konkreter Anlass war damals der Brand im Mont-Blanc-Tunnel zwischen Italien und Frankreich, bei dem 39 Menschen ums Leben gekommen waren. Dort erwiesen sich sowohl die technischen Systeme als auch die Überwachung als unzureichend. Deshalb muss der Waldschlößchentunnel auch rund um die Uhr von Spezialisten in der Reicker Betriebszentrale überwacht werden.

Gebrannt hat es in den Röhren noch nicht. Dann würden Schranken vor den Tunnelportalen automatisch schließen. „Vor der Eröffnung hatten wir einen Pkw-Brand im Tunnel simuliert“, sagt Koettnitz. Die Meldeanlagen hätten hervorragend funktioniert. Zudem sei auf ein anders Warnsystem Verlass: „Die Feuerwehrleitstelle hatte damals 19 Meldungen von Bürgern bekommen.“

Eine spezielle Überwachungstechnik gibt es im Tunnel aber nicht: Blitzer wie auf der Brücke. Die wurden der Stadt zwar mit einem Urteil vom Oberverwaltungsgericht zum Schutz von „Hufi“ verordnet. Doch das Verhältnis von Kosten und Nutzen für die Stadt ist äußerst günstig. Sie hatte für die beiden Hightech-Blitzer auf der Brücke rund 160 000 Euro investiert. Seit der Eröffnung im August 2013 wurden knapp drei Millionen Euro Bußgelder eingenommen.