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Sonnenkraftwerk blendet Autofahrer

Die Module an der A 14 bei Nicollschwitz sind bereits abgedeckt worden. Das genügt nicht. Schutzzaun und Grün sind zudem nötig.

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Von Heike Stumpf

Wer hat nicht schon einmal mit einer Scherbe und der Sonne gespielt – und ist geblendet worden, wenn das Licht in genau dem richtigen Winkel auf das Glas getroffen ist? In viel größerem Maßstab passiert das zeitweise an der Autobahn 14 kurz vor der Abfahrt Leisnig. Dort blenden Sonnenkollektoren auf einer Fläche von 40000 Quadratmetern Kraftfahrer, die auf der A14 in Richtung Leipzig unterwegs sind.

Die Blendwirkung tritt zwar nur kurzzeitig und bei entsprechender Sonnenstellung auf – dafür aber um so überraschender, weil kaum ein Kraftfahrer sofort weiß, was ihm da bei 100 Stundenkilometern widerfährt. Um dieses Sicherheitsrisiko auszuräumen, muss der Betreiber des Solarparkes weiteren Blendschutz bauen lassen.

Das will er auch, wie Thomas Payer versichert. Er ist einer von drei Geschäftsführern der Firma Wagner & Co Solartechnik GmbH aus dem hessischen Cölbe. „Als erstes hatten wir im Mai ein Blendschutzgerüst errichten lassen“, sagt Payer. Leider habe sich inzwischen gezeigt, dass dieses Provisorium nicht alle möglichen Konstellationen einer Blendung verhindern kann. „Daher haben wir die Anlage nochmals abgedeckt. Das werden wir solange aufrecht erhalten, bis es eine nachhaltige Lösung gibt“, verspricht Thomas Payer.

Acht Meter hohes Netz geplant

Wie diese aussehen könnte, dazu gibt es konkrete Vorstellungen und die reichen über eine zusätzliche Begrünung entlang der A14 hinaus. Nach einem vorliegenden Bauantrag soll ein 400 Meter langes und acht Meter hohes Gerüst zwischen dem Solarpark und dem Autobahngrundstück aufgebaut werden. Darauf ist geplant, ein nahezu lichtundurchlässiges Netz zu installieren. Dass das die Erträge weiter schmälert, davon geht die Wagner & Co Solartechnik nicht aus. Nach Angaben von Geschäftsführer Payer reduziert die derzeitige Abdeckung die Stromerzeugung der Anlage um etwa 30 Prozent.

Dieser Art Blendschutz haben die Räte der Gemeinde Bockelwitz zugestimmt. Skeptisch zeigten sie sich zunächst wegen der gewaltigen Ausmaße. Besonders die geplante Höhe von acht Metern verblüffte sie. Allerdings liegt es nicht an ihnen, zu entscheiden, ob das hohe Gerüst Sturm und Schneegestöber standhalten kann. Dies baustatisch zu prüfen, obliegt der Fachbehörde des Landratsamtes.

Dass mehr Blendschutz als bisher notwendig ist, um die Kraftfahrer nicht zu gefährden, ist offenbar längst bekannt. Das Autobahnamt Sachsen beschäftigt sich seit vorigem Herbst mit dem Solarpark, wie dessen Sprecher Burkhard Zscheischler mitteilt. Bereits zu diesem Zeitpunkt habe das Amt ein Blendschutzgutachten gefordert. Dies sei im Oktober 2010 vorgelegt worden. Darin sei auf mögliche Blendwirkungen auf den Autoverkehr hingewiesen worden. Sogar wann diese auftreten, hatte der Gutachter ermittelt: von April bis Oktober zwischen 18 und 20 Uhr, und zwar bei entsprechendem Sonnenstand.

„Daraufhin haben wir die fernstraßenrechtliche Zustimmung an Auflagen geknüpft“, so Zscheischler. So forderte das Amt im November 2010 das Anlegen eines dichten Pflanzstreifens und – bis das Grün entsprechend groß ist – das Aufstellen eines Blendschirms. „Diese Auflagen wurden nicht erfüllt“, stellt der Sprecher des Autobahnamtes fest. Laut Zscheischler habe das Amt den Betreiber mehrfach aufgefordert, die nötigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen.

Weil das erfolglos blieb, wandte sich die Behörde an das Amtsgericht in Chemnitz. Das teilte dem Cölber Unternehmen nach Angaben von Zscheischler mit, dass es die Forderungen für gerechtfertigt hält und zu schnellstmöglichem Reagieren rät. Daraufhin ließ die Wagner & Co Solartechnik die Kollektorfläche mit einem Kunststoffnetz überspannen. Das war Anfang September.

Zunächst keine Auflagen

Von den ursprünglichen Auflagen des Autobahnamtes will die Firma nichts gewusst haben. „Während der Planungs- und Genehmigungsphase wurde die Frage untersucht, ob durch den Park gefährdende Blendwirkungen auf den Verkehr auf der A14 ausgehen können. Bei der Beurteilung der Ergebnisse sind wir davon ausgegangen, dass dies nicht der Fall ist“, so Payer. Weiter sagt er: „Auflagen zur Umsetzung konkreter Maßnahmen bestanden zu diesem Zeitpunkt nicht.“

Der Bockelwitzer Gemeindechef Michael Heckel (Freie Wähler) versucht die gegensätzlichen Aussagen mit einem Informationsverlust zu erklären. Er ist froh, dass jetzt etwas passieren soll. Auch bei ihm haben sich geblendete Kraftfahrer mehrfach beschwert.