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Spagat zwischen Nostalgie und Moderne

Im ehemaligen Pfarrlehn von Wendishain entsteht ein Denkmal- und Kulturgästehaus.

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© Dietmar Thomas

Von Sylvia Jentzsch

Wendishain. Wer durch das eiserne Tor aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts schreitet, fühlt sich um mehr als 100 Jahre zurückversetzt. Er betritt das Grundstück des künftigen Denkmal- und Kulturgästehauses zum Pfarrlehn in Wendishain. Das Haupthaus wurde in der Zeit zwischen 1717 und 1719 gebaut.

So sah das ehemalige Pfarrlehn im September 2009 aus.
So sah das ehemalige Pfarrlehn im September 2009 aus.
Die Restauratoren legen bei der Sanierung viel Wert auf Details.
Die Restauratoren legen bei der Sanierung viel Wert auf Details. © Dietmar Thomas
Die ehemalige Schwarzküche ist ein echter Hingucker. Hier wurde ein Teil der Fliesen aus der Wendishainer Kirche eingebaut.
Die ehemalige Schwarzküche ist ein echter Hingucker. Hier wurde ein Teil der Fliesen aus der Wendishainer Kirche eingebaut. © Dietmar Thomas
So sah das ehemalige Pfarrlehn im September 2009 aus.
So sah das ehemalige Pfarrlehn im September 2009 aus. © Dietmar Thomas

Die Wege haben eine sandgeschotterte Decke bekommen. Um den ehemaligen Garten des Pfarrers steht ein neuer Staketenzaun aus Kastanienholz. Die mit der Axt gespaltenen Latten werden mit Draht zusammengehalten.

„Wir haben den Garten freigelegt und gerettet, was zu retten war“, so Restaurator Thomas Schmidt aus Minkwitz. Er und seine Frau Diana Berger-Schmidt, die ebenfalls Restauratorin ist, haben es sich seit mehreren Monaten zur Aufgabe gemacht, dem fast 300 Jahre alte Gebäude wieder Leben einzuhauchen. Um das Pfarrhaus ist eine Begrünung angelegt worden. Im hinteren Teil hat Thomas Schmidt die Hainbuchenhecke so geschnitten, dass eine Sitzecke entstanden ist. Ganz in der Nähe wird noch ein Stein- und Kräutergarten angelegt. Nicht nur um den Gebäudekomplex hat sich sichtbar einiges getan.

Das Dachtragwerk wurde repariert, Dachflächen teilweise ausgebessert oder neu eingedeckt sowie der Hausschwamm beseitigt. Die Fassaden des Haupthauses und des in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts angebauten Schulgebäudes wurden ausgebessert und haben einen neuen Anstrich nach historischem Vorbild bekommen. Die untere Etage des barocken Pfarrgebäudes ist fast fertig saniert. Durch eine hölzerne Doppeltür, die restauriert wurde, betritt der Gast die Eingangshalle. Sie ist rosenholzfarben mit einer alten Pinseltechnik gestrichen und bietet Platz zum Aufstellen einer großen Tafel. Denn die unteren Räume sollen künftig für Feierlichkeiten angeboten werden. Zurzeit fehlen noch die Bodenplatten. Dabei soll auf die alten Tonplatten zurückgegriffen und fehlende ersetzt werden. Während sich die beiden Restauratoren in vielen Dingen und Details an historische Vorgaben halten, entsprechen die sanitären Anlagen den modernen Anforderungen. Eine Toilette ist auch behindertengerecht. An Möglichkeiten, wie Menschen mit Behinderungen die Räume erreichen, hat Thomas Schmidt ebenfalls gedacht.

Ofen nach historischem Vorbild

Es gibt einen großen und einen kleinen Gastraum. Im Großen steht ein riesiger weißer Kachelofen, der vom kleinen Gastraum aus geheizt werden kann. Die Kacheln des Ofens sind ein Nachbau nach historischem Vorbild. „Die großen weißen Kacheln hat meine Frau angefertigt“, so Thomas Schmidt.

Die Wandfarbe wurde der von 1719 nachempfunden. Grundlage dafür waren Farbreste, die unter mehreren Schichten Tapete gefunden wurden. Ein zarter Grauton wird durch einen weinroten Strich aufgefangen und geht in Richtung Fußboden in ein dunkleres Grau über. Die weiße Decke des Raumes zieren Stuckarbeiten. An der Decke hängt ein Leuchter. „An den werden sich noch viele erinnern können, die hier zur Christenlehre gegangen sind“, sagte Thomas Schmidt.

Dass es in der Region einen guten Mix zwischen Historischem und Modernem gibt, bestätigte der Fachbereichsleiter Denkmalschutz im Landratsamt Jörg Liebig. So wird zurzeit die Liegenschaft Nummer 61, bei der es sich einem bisher dem Verfall preisgegebenen Gut handelt, Stück für Stück in Ordnung gebracht. Auch das Haus in Wendishain Nummer 4 sei ein Beispiel dafür. Was im ehemaligen Pfarrlehn entstehe, sei bemerkenswert. „Hut ab, mit welcher Qualität das historische Gebäude saniert wird“, so der Denkmalschützer. Das Denkmal- und Kulturgästehaus zum Pfarrlehn ergänze das Ensemble von Kirche, ehemaliger Dorfschule und Gemeinderaum im Ortszentrum.

Ein besonderer Raum ist die ehemalige Schwarzküche geworden. Beeindruckend ist die Wandgestaltung mit Rochlitzer Porphyr-Mehl in einem kräftigen Altrosa-Ton. Die grau gehaltene Einrichtung ergänzt das Ambiente hervorragend. Und wer einen Blick auf den Fußboden wirft, erkennt, dass hier historische Fliesen verwendet worden sind. „Diese stammen aus der Wendishainer Kirche und wurden nach der Sanierung des Fußbodens nicht mehr benötigt“, so Thomas Schmidt. Pfarrerin Maria Beyer freut es, dass die Fliesen an einen so historisch wertvollen Ort einen Platz gefunden haben.

Auf Komfort nicht verzichten

Das barocke Pfarrgebäude ist das Hauptgebäude. In diesem werden neben den Veranstaltungsräumen im Erdgeschoss zwei Ferienzimmer im Obergeschoss entstehen. Wer diese bezieht, wird keinen Komfort vermissen, dafür aber eine Zeitreise bezüglich der Einrichtung erleben. Alte Öfen werden aufgebaut und neben dem Schlafraum steht ein großes Bad zur Verfügung. In einigen Zimmern sind sogar die Stuckdecken erhalten. Für beide Wohnungen stehen ein großer Aufenthaltsraum, eine Frühstücksdiele und eine Küche zur Verfügung.

Auch wenn die untere Etage schon recht wohnlich wirkt, so gibt es noch jede Menge Arbeit im Obergeschoss und im Seitengebäude. In diesem, befand sich früher die Schule. Dort entstehen zwei Gästezimmer, die ebenfalls über einen Gemeinschaftsraum verfügen. „Diese bieten wir unter anderem Radfahrern an, die auf der Durchreise sind. Sie können aber auch von den Gästen der Familienfeier genutzt werden“, sagte Thomas Schmidt.

Das Konzept haben die beiden Minkwitzer dem Tourismusverband Sächsisches Burgen- und Heideland vorgestellt. Es wurde von diesem befürwortet, weil es solch ein Angebot in der Region noch nicht gibt. Auch die Mitglieder des Fördervereins Kloster Buch sind froh, wenn sie Nachfragenden in der Nähe eine Unterkunft nennen können.