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Spanien tut sich schwer mit Franco

Geschichtsaufarbeitung. Die Regierung setzt sich für eine moralische Wiedergutmachung ein.

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Von Hubert Kahl,Madrid

Mehr als 30 Jahre nach dem Tod des Diktators Francisco Franco wirft das Regime des „Generalísimo“ noch immer seine Schatten auf die Demokratie in Spanien. Obwohl das Land längst zu einem gefestigten demokratischen Staat geworden ist, tun sich die Spanier mit der Vergangenheitsbewältigung schwer. Zahllose Straßen und Plätze im ganzen Land sind noch nach Franco und dessen Getreuen benannt. Der „Führer von Gottes Gnaden“, wie der Diktator sich selbst nannte, liegt in einem gigantischen Mausoleum. Anhänger des Regimes lassen Franco dort alljährlich zu dessen Todestag hochleben.

Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero wagte sich nun an das Thema der Aufarbeitung der jüngeren Vergangenheit. Der Sozialist, dessen Großvater von den Franco-Truppen exekutiert worden war, will für die Opfer des Bürgerkriegs (1936-1939) und der Diktatur (1939-1975) eine moralische Wiedergutmachung leisten. Er musste jedoch feststellen, dass die Sache noch heikler ist, als erwartet. Die Ausarbeitung eines Gesetzentwurfs dauerte ein Jahr länger als geplant.

Zapatero handelte sich mit der Initiative Kritik von allen Seiten ein. „Er wollte es allen recht machen, aber letzten Endes stellte er niemanden zufrieden“, meinte die Zeitung „El Mundo“. Der konservativen Opposition war das Vorhaben von Anfang an nicht geheuer. „Damit schafft man sich nur unnötige Probleme“, meinte der Sprecher der Volkspartei (PP), Gabriel Elorriaga. Die PP, deren Ursprünge auf das Franco-Erbe zurückreichen, schweigt am liebsten zu dem Thema. Die Historikerin Paloma Aguilar meint: „Die PP tut sich mit der Franco-Zeit schwer. Sie wagt es bis heute nicht, die Diktatur als ein Unrechtsregime zu verurteilen.“

Die Linke und die Verbände der Opfer des Regimes werfen Zapatero dagegen vor, den Mut verloren zu haben und mit seiner Initiative hinter den Erwartungen zurückgeblieben zu sein. Die Regierung will zum Beispiel die Urteile der Massenprozesse gegen Franco-Gegner nicht für ungültig erklären lassen. Nach dem Ende des Bürgerkriegs waren Zehntausende von Regimegegnern von Militärtribunalen zum Tode verurteilt und exekutiert worden. Die Regierung lehnt eine Annullierung der Urteile ab, weil dies der Doktrin des Verfassungsgerichts widerspräche. Sie will stattdessen symbolische Wiedergutmachung leisten. Opfern der Diktatur soll auf Antrag von Angehörigen eine offizielle Anerkennung zuteil werden.

Das Franco-Mausoleum bei Madrid soll nicht angetastet werden. Die Opferverbände hatten gefordert, den Diktator in ein Familiengrab umzubetten und das Mausoleum in ein Studienzentrum zu verwandeln. Die Regierung will auch nicht vorschreiben, Straßennamen aus der Zeit der Diktatur zu ändern. Sie will den Gemeinden nur eine Empfehlung geben. (dpa)