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Spezialbohrer erkunden  Industriepark-Untergrund

Eine Analyse soll zeigen, wie der Boden an der Dippser Straße in Pirna beschaffen ist. Begleitet wird das von Protesten.

Von Thomas Möckel
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Peter Hubert (l.) und Sven Leiter fördern auf dem Gelände des geplanten Industrieparks Oberelbe (IPO) eine Bodenprobe zutage.
Peter Hubert (l.) und Sven Leiter fördern auf dem Gelände des geplanten Industrieparks Oberelbe (IPO) eine Bodenprobe zutage. © Norbert Millauer

Ein eisiger Wind streift am Dienstagvormittag über die Felder an der Dippoldiswalder Straße in Pirna, ein paar Schneereste liegen noch auf dem Acker, Plusgrade haben aber zumindest den Boden auftauen lassen. Gleich neben einem Feldweg haben Peter Hubert und Sven Leiter vom „Bohrunternehmen Hubert“ ein blaues Borgestänge aufgebaut, nebenan surrt ein Stromaggregat, die Männer lassen behutsam einen langen Bohrer ins Erdreich gleiten.

Der Zweckverband Industriepark Oberelbe (IPO) lässt derzeit mittels der Probebohrungen erkunden, wie der Baugrund auf der geplanten Gewerbefläche beschaffen ist. Begleitet wurden die Arbeiten von Protesten einiger IPO-Gegner, die auf den von Pirna, Heidenau und Dohna geplanten Flächen vor allem jede Menge Ackerland flöten gehen sehen. Die SZ fasst den aktuellen Stand zusammen.

Wie laufen die Probebohrungen auf dem IPO-Gelände ab?

Auf den Flächen beidseits des Autobahnzubringers B 172 a sind insgesamt 15 Probebohrungen geplant, sie sind quer über das Areal verteilt. Zwei bis drei Bohrlöcher schaffen die Männer pro Tag, inzwischen sind sie an der elften Bohrstelle angekommen. Läuft alles nach Plan, werden sie noch in dieser Woche fertig. „Jede Bohrung ist fünf Meter tief, wenn wir bis dahin durchkommen“, sagt Jörg Schneider, Geschäftsführer der Firma Meißner Umwelttechnik, die die Bohrungen überwacht. Nicht überall gelang die Tiefenbohrung, an einigen Stellen stießen die Spezialisten schon weiter oben auf Sandstein. Aus jedem Loch fördert der Bohrer einen Bohrkern, eine langgezogene Bodenprobe, die am Ort begutachtet und später genauer analysiert wird.

Wozu dienen die vielen Probebohrungen?

Mit den Bohrungen wird der Baugrund vorerkundet, die Proben sollen Auskunft über die Beschaffenheit des Baugrundes geben. „Wir schauen, ob er Boden grundsätzlich dafür taugt, darauf ein Gewerbegebiet zu errichten“, sagt Schneider. Die Bohrergebnisse bilden eine wichtige Grundlage für die Planer, die den Bebauungsplan erarbeiten. Laut Jürgen Opitz, Vorsitzender des IPO-Zweckverbandes, sollen die Proben vor allem Aufschluss darüber geben, wie durchlässig der Boden ist. Daraus soll abgeleitet werden, wie viel Oberflächenwasser im Erdreich versickern kann und wie viel zurückgehalten werden muss. Zudem sollen die Bohrungen Rückschlüsse darauf zulassen, wie tief Gebäude in den Boden gebaut werden können – wichtig für die Sichtachsen vom Barockgarten Großsedlitz und von Krebs aus. Die Gebäude sollen später nicht zu hoch in die Landschaft ragen.

Worin finden die Bohrergebnisse ihren Niederschlag?

Die Ergebnisse sollen in ein digitales Geländemodell einfließen, das gerade erarbeitet wird. Mithilfe des dreidimensionalen Modells soll simuliert werden, wie sich das Oberflächenwasser verhält – also wie viel versickert und wie viel anderweitig abgeleitet werden muss. Zudem soll das Modell zeigen, welchen Eindruck der IPO in der Landschaft hinterlässt, wie die Grundstücke in Hanglage bebaut werden können und mit welchen Höhensprüngen die einzelnen Gewerbeflächen ausgestaltet werden müssen. 

IPO-Gegner diskutieren während der Bohungen mit SEP-Chef Christian Flörke (r.) und Zweckverbandschef Jürgen Opitz (2.v.r.).
IPO-Gegner diskutieren während der Bohungen mit SEP-Chef Christian Flörke (r.) und Zweckverbandschef Jürgen Opitz (2.v.r.). © Norbert Millauer

Zudem finden die Erkenntnisse aus den Bohrungen sowie aus dem Modell Eingang in den späteren Bebauungsplan. Dieser Plan soll laut Opitz auf belastbaren Fakten beruhen, diese Fakten sollen alle auf dem Tisch liegen, nichts solle verheimlicht oder verschwiegen werden. Die Simulation soll auf der öffentlichen Zweckverbandsversammlung am 18. März in Heidenau sowie auf einem öffentlichen Forum am 19. März, 19 Uhr, in der Aula des Pestalozzi-Gymnasiums Heidenau erstmals präsentiert werden.

Wie soll das Oberflächenwasser künftig im Zaum gehalten werden?

Der Umgang mit dem sich auf dem künftigen IPO-Gelände sammelnden Oberflächenwasser, bedingt durch die große Flächenversiegelung, ist eines der größten Probleme, die Zweckverband und Planer lösen müssen. Boden und angrenzende Kanäle und Gewässer können nicht alles zusätzliche Wasser fassen. Daher will der Zweckverband selbst Rückhaltebecken sowie Vorfluter errichten, aus denen das Wasser kontrolliert abgeleitet werden kann. Zudem wird es auch für die ansiedelnden Betriebe Vorgaben geben, auf ihren Grundstücken Rückhaltebecken zu bauen.

Welches sind die vordringlichen Aufgaben bei der IPO-Planung?

Laut Christian Flörke, Chef der Stadtentwicklungsgesellschaft Pirna (SEP), gehe es jetzt vor allem darum, Grundstücke zu erwerben sowie Baurecht zu schaffen. Fürs Baurecht laufen die ersten Schritte, derzeit werden die Träger öffentlichen Belange beteiligt – etwa 70 von ihnen sind aufgefordert, eine Stellungnahme abzugeben. Parallel dazu schaffen die Planer die fachlichen Voraussetzungen für das Baurecht.

Hat der Zweckverband bereits Grundstücke erworben?

Nein, bislang kein einziges. Auf einige Grundstücke hat der Zweckverband selbst Zugriff, weil sie beispielsweise den beteiligten Kommunen gehören. Aber weit mehr als die Hälfte der Flächen muss zugekauft werden. Erste Verhandlungen mit den Privateigentümern laufen bereits. Laut Flörke will der Gutachterausschuss des Landkreises im Februar das Verkehrswertgutachten vorlegen, das die Grundstückspreise festlegt. Diese Preise bilden dann die Grundlage für die Kaufangebote. Enteignen will der Zweckverband keinen der Besitzer. „Das wäre die denkbar schlechteste Lösung. Wir wollen nicht gegen, sondern mit den Eigentümern arbeiten“, sagt Opitz.

Wie sieht der weitere Zeitplan für den IPO aus?

Den Zweckverband drängt etwas die Zeit. Soll der IPO gelingen, müssen laut Flörke bis 30. Juni 2020 drei Voraussetzungen erfüllt sein: Der Zweckverband muss Eigentümer aller Grundstücke sein; es muss einen rechtskräftigen Bebauungsplan geben; die Entwurfsplanung für Erschließungsstraßen und Medien muss vorliegen. Dies ist Voraussetzung dafür, die Fördermittel fristgemäß zu beantragen, damit die Zuschüsse nicht verfallen.

Wogegen richtet sich der Protest der IPO-Gegner?

Die Protestler trugen Plakate mit Aufschriften wie „Ackerland in Bauernhand“ und „Grün statt Beton“. Die IPO-Gegner beklagen, dass zuviel Fläche versiegelt wird und damit Ackerland verschwindet, dass es noch kleinen ansiedlungswilligen Investor gibt, dass das Projekt finanziell ein Fass ohne Boden wird, dass Frischluftschneisen verschwinden und die Flutgefahr steigt, dass Ausflugsziele beeinträchtigt werden und gewohnte Sichtachsen verloren gehen. Und sie befürchten, dass durch den IPO und die neue Südumfahrung die Luft-, Lärm- und Lichtverschmutzung gesundheitsgefährdende Ausmaße annimmt.


Sie wollen noch besser informiert sein? Schauen Sie doch mal auf www.sächsische.de/pirna und www.sächsische.de/sebnitz vorbei.

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