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Splitternackt auf dem Fahrrad

Ein Ehepaar radelt an einem Sommertag unbekleidet durch Kamenz. Das hat jetzt ein Nachspiel vor dem Amtsgericht.

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© Ove Landgraf

Von Jana Ulbrich

Es ist heiß an diesem 17. Juli 2017. Andrea und Roberto J. aus Haselbachtal tun, was viele tun bei diesem Sommerwetter: Sie schwingen sich nach der Arbeit aufs Rad und fahren zum Badesee. Ihr Weg führt durch Wald und Felder. Aber die beiden Mittfünfziger werden an diesem Nachmittag derart von Mücken und Bremsen geplagt, dass sie beschließen, den Rückweg durch die Stadt zu nehmen.

Nun wäre das auch nichts Besonderes, würden Andrea und Roberto J. nicht einer besonderen Passion frönen: Sie nennen sich Naturisten und sind am allerliebsten nackt. Zeitungen und Fernsehsender haben schon über sie berichtet beim Nacktwandern in der Sächsischen Schweiz. „Da stört sich kein Mensch dran“, wettert Roberto J. an diesem Montagvormittag auf dem Flur des Kamenzer Amtsgerichts, „absolut keiner.“ Und deswegen sei er sich auch keiner Schuld bewusst, sagt der 57-Jährige mit Bestimmtheit. Dass er und seine Frau vor Gericht erscheinen müssen, das könne nur ein großer Irrtum sein. „Nacktheit ist doch nicht verboten“, ist der Mann überzeugt.

Ein junger Familienvater aus Kamenz allerdings sieht das anders. Völlig aufgebracht seien seine Kinder vom Spielplatz gerannt gekommen, schildert er als Zeuge vor Gericht. „Da ist ein nackter Mann auf dem Fahrrad“, hätten sie gerufen. Der Vater nimmt sofort die Verfolgung auf, kann die beiden Radler auch erreichen. Und tatsächlich: Der Mann ist splitternackt, die Frau nur mit einem Shirt bekleidet und „unten ohne“. Die beiden wollen nicht mit sich reden lassen. Der Zeuge filmt sie also zum Beweis mit dem Handy und zeigt sie bei der Polizei an.

Es folgt ein Bußgeldbescheid wegen „Belästigung der Allgemeinheit“ über jeweils 30 Euro. Das Ehepaar legt Einspruch ein, der Fall landet deshalb vor Gericht: Zahlen müssen Andrea und Roberto J. am Ende nicht. Amtsrichter Eckhard Laschewski zeigt Nachsicht und stellt das Verfahren in beiden Fällen ein. Allerdings zum ersten und letzten Mal, wie er deutlich macht: „Sich nackt in der Öffentlichkeit zu zeigen, ist ein öffentliches Ärgernis, weil es auch Menschen – in diesem Fall Kinder – gibt, die sich daran stören“, erklärt er. Das Ehepaar wird sich künftig an diese „Auflage“ halten müssen.