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Sport frei in der Fliegerstadt

Flugplatz und Sportvereine waren diesmal Thema in der „Bilderkiste“ – mit Überraschungen.

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© Kristin Richter

Von Kathrin Krüger-Mlaouhia

Großenhain. Ein Düsenjägerpilot mit schwerem Schleudersitz und Fallschirm aus Seide – leicht und fest – sowie ein gewaltig langer Bremsfallschirm fürs Landen einer MiG zieren die Bühne im Kulturschloss bei der „Bilderkiste“. Geschichtsinteressierte wissen schnell, dass es um den Großenhainer Fliegerhorst gehen muss.

Marcel Reichel von der Flugplatzausstellung ist kompetenter Gast des angestammten Bilderkisten-Trios Anke Brekow, Tilo Hönicke und Hartmut Witschel. Zum 16. Mal kramen sie in alten Aufnahmen und sorgen für ein ausverkauftes Haus. Der Wunsch nach Stadterinnerungen und Anekdoten ist in Großenhain ungebrochen. Und vom Flugplatz gibt es viele Fotos und Dokumente, die die Allgemeinheit noch nicht kennt. – 300 Aufnahmen brachte Marcel Reichel in die Vorbereitung ein, 74 wurden schlussendlich ausgesucht.

Wirklich eine Seltenheit ist eine amerikanische Geländekarte zur Erkundung des Flugplatzes von 1952. Die Landebahn ist hier mal als T-Form ausgewiesen. Es gibt sogar einen Hinweis, wo sich der Basispunkt der Großenhainer Grundlinie für die Landvermessung befunden hat. Das Häuschen dazu war schon beim Bau des Flugplatzes 1913/14 im Wege und kam weg, weiß Marcel Reichel. Heute sind dort allerdings zwischen Tower und Flugzeugtankstelle noch Keramikmarken in der Erde, und es gibt eine Infotafel, so Reichel.

Auf der amerikanischen Karte sieht man auch die noch durchgehende Hohe Straße Richtung Osten mit einem Bahnübergang. Auch der große Spitalteich ist noch wirklich ein Gewässer. Marcel Reichel zeigt zudem die frühere Dungabgabestelle – eine Jauchengrube an der Elsterwerdaer Straße.

Das frühere Fliegerdenkmal, Bombentransportkarren, ein Flugzeug auf der Kompensierscheibe, ein großer mobiler Landescheinwerfer – so viele interessante Aufnahmen sind zu sehen. Gespannt schaut das überwiegend ältere Publikum auf die große Leinwand. Hört der Erklärung zu, wie eine Rundbogendeckung (ein Shelter) aufgebaut ist. Oder wie nach der Wende aus dem südlichen Teil des Platzes das Gewerbegebiet wurde. Spontaner Beifall für den anwesenden früheren Bürgermeister Burkhard Müller spricht von der Hochachtung für diese Entwicklung. Die späteren Querelen um das Ende des Flugbetriebes bleiben diesmal außen vor.

Wertvolle Fackelhalter von 1936

Dafür meldet sich in der Pause Rainer Peukert am Podium. Er war Signalwärter für die Bahnstrecke am Flugplatz. Die dortige Sicherungsanlage für einen 660 Meter langen Streckenabschnitt ohne Strom bediente die Sowjetarmee, weiß Peukert. Insgesamt etwa dreimal sei ein Zug hier stehengeblieben, weil er den stromlosen Abschnitt nicht mit eigenem Antrieb schaffte. „1968 habe ich auch aus der Kaserne zugeschaut, als die Shelter gebaut wurden“, erinnert sich Peukert. Es gab insgesamt 40.

Nach der Pause ist die Geschichte der Sportvereine dran. Das sei ein Wunsch der Großenhainer gewesen, meint Tilo Hönicke. Tatsächlich müsste Großenhain ebenfalls Sportstadt genannt werden. Weit mehr als 20 Sportarten wurden bzw. werden noch an der Röder ausgeübt. In Großenhain wurde geturnt und geboxt, es gab eine Radfahrabteilung und zeitig schon Schwimmer. Wie die Olympiade von Berlin 1936 auf die Stadt abfärbte, wird mit Fotos der Fackelläufer dokumentiert.

Zur großen Überraschung holen die Referierenden drei originale Fackelhalter hervor, zur Verfügung gestellt von Hartmut Jannasch, Harald Mattke und Jürgen Casper. Deren Väter trugen sie 1936 mit dem olympischen Feuer. Jeder Halter soll heute 10 000 Euro wert sein. In Großenhain gab es insgesamt 17 Fackelträger. Tilo Hönicke erzählt die Geschichte, wie beim Einmarsch der Roten Armee 1945 Soldaten auch das Haus der geflüchteten Familie Mattke durchsuchten. Auf einem Schrank fand ein Offizier das silbern aussehende Griffstück für die Fackel. Er wollte es mitnehmen, doch als er erkannte, was eingraviert war, stellte er den Fackelhalter ehrfürchtig wieder an seinen Platz. Daraufhin bleib das Haus der Mattkes unangetastet.