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Bob-Dominator Friedrich: "Soll ich nur Halbgas fahren?"

Francesco Friedrich kann in diese Saison den Olympia-Rekord von André Lange einstellen. Es ist die letzte Bestmarke, die dem Bob-Dominator aus Pirna noch fehlt.

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Lässt in Sachen Ehrgeiz und Akribie nicht nach: Bob-Pilot Francesco Friedrich aus Pirna.
Lässt in Sachen Ehrgeiz und Akribie nicht nach: Bob-Pilot Francesco Friedrich aus Pirna. ©  Archiv: dpa/Sebastian Kahnert

Pirna. Nach den Jahren der erdrückenden Dominanz stellt sich vor der Olympia-Saison im Bob eine große Frage: Wer soll Francesco Friedrich stoppen, wenn nicht Francesco Friedrich selbst? Der Pirnaer ist seit fünf Großereignissen unbesiegt, längst zum Rekordweltmeister aufgestiegen und will in diesem Winter nun bei Olympia in Peking doppelt zuschlagen - es wäre ein historischer Coup.

Vor dem Weltcup-Start am Wochenende in Innsbruck scheint es kaum vorstellbar, dass Friedrich nicht an seine Erfolge der vergangenen Jahre anknüpfen kann.

Herr Friedrich, mit welchem Gefühl starten Sie in die Olympia-Saison?

Ich bin total entspannt. Wir können uns zwar nicht zurücklehnen, aber wir haben unsere Hausaufgaben gemacht.

Wenn Sie das sagen, klingt das selbstverständlich. Ist es das wirklich?

Nein, überhaupt nicht. Das ist wirklich harte Arbeit, wir müssen das Rad quasi jedes Jahr neu erfinden. Wenn ich das nicht machen würde, wären ich und mein Team nicht dort, wo wir jetzt sind. Wer als Leistungssportler nicht so arbeitet, macht es nur als Zeitvertreib. Das wäre sonst eine Verschwendung von Steuergeldern.

Wie sieht Ihre Arbeit im Sommer aus?

Zum einen versuche ich mein Training immer moderner zu gestalten. Zum anderen entwickeln wir das Material weiter. Wir arbeiten etwa viel an den Kufen und den Poliertechniken. Es gibt viele Mini-Baustellen, die andere Teams vielleicht nicht so beachten.

Woran denken Sie konkret?

Ich achte beispielsweise sehr auf die Ernährung und Hygienemaßnahmen, Nasenduschen zum Beispiel. Es ist super wichtig, nicht so häufig krank zu sein. Ich möchte nicht angeschlagen trainieren, um etwa das Risiko einer Herzmuskelentzündung zu vermeiden. Ich möchte nichts riskieren für mein Leben nach dem Sport.

Die Bahn in China ist nagelneu, so war es auch schon 2014 in Sotschi und 2018 in Pyeongchang. Ist das gut oder schlecht?

Was die Chancengleichheit angeht, ist es gut. Die Chinesen haben natürlich einen Heimvorteil, weil sie ohne Ende Fahrten schrubben können. Wir Deutschen wären wahrscheinlich zu fair und würden das nicht machen. Da müsste man einen Riegel vorschieben und es reglementieren. Da spreche ich eher für die anderen Nationen, die nicht wie wir immer auf vier verschiedenen Bahnen fahren können.

André Lange, der die Chinesen coacht, deutete bereits an, dass Sie sich die Bahn erstmal so erarbeiten müssen, wie es die Chinesen schon längst getan haben ...

Ja, Tipps zur Bahn hat er uns natürlich nicht gegeben.

Gibt es einen Austausch zwischen Ihnen beiden? Sie können in Peking seinen Olympia-Rekord mit vier Goldmedaillen einstellen.

Unser Verhältnis ist gut. Ich respektiere Andres Leistungen wahnsinnig, er hat mit seinem Team immer gezeigt, dass er zum Höhepunkt absolut fit ist.

Olympia-Medaillen hat man ein Leben lang. Wenn ich es schaffe über zwei oder vielleicht ja sogar über drei Olympia-Zyklen die Benchmark zu sein, wäre das schon eine Latte an Erfolgen, die mir erst einmal jemand nachmachen muss.

Provokant gefragt: Ist Ihre Dominanz nicht schädlich für den Sport und dessen Reiz?

Vielleicht kann es auch mal langweilig sein. Ich fördere aber auch die anderen Teams, da der Bob-Sport natürlich weiter am Leben bleiben soll. Ich unterstütze Nationen, denen es nicht so gut geht. Wir haben ja den Österreichern und zuletzt auch den Amerikanern unter die Arme gegriffen. Daraus sind tolle Freundschaften entstanden, wie zum Beispiel mit Benjamin Maier aus Österreich. Aber soll ich nur Halbgas fahren? Das hat Lewis Hamilton in der Formel 1 in den vergangenen Jahren auch nicht gemacht, damit es bis zum Ende spannend bleibt.