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So tickt der beste Neuzugang der Dresden Titans

Die Zahl 3 und vegane Ernährung spielen beim Dresdner Basketball-Profi Lucien Schmikale eine große Rolle. Und Oma ist sein größter Fan.

Von Alexander Hiller
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Als 14-Jähriger fand Lucien Schmikale den Weg zum Basketball. Jetzt gehört er mit den Dresden Titans zu den Überraschungsteams in der 2. Bundesliga.
Als 14-Jähriger fand Lucien Schmikale den Weg zum Basketball. Jetzt gehört er mit den Dresden Titans zu den Überraschungsteams in der 2. Bundesliga. © Foto: SZ/Veit Hengst

Dresden. Auf den zweiten, vielleicht auch erst auf den dritten Blick spielt die Zahl Drei in der aktuellen Lebensphase von Lucien Schmikale eine ziemlich gewichtige Rolle. Der Shooting Guard des Basketball-Zweitligisten Dresden Titans ist das älteste von drei Geschwistern, der jetzt 25-Jährige kam erst im dritten Anlauf nach Dresden, seine Spezialität auf dem Feld: Dreier – also von jenseits des 6,75-Meter-Radius. Und: Schmikale ist derzeit der drittbeste Punktesammler seiner Mannschaft. „Das variiert aber fast von Spiel zu Spiel. Wir haben fünf, sechs Profis, die im Durchschnitt in jeder Partie zehn bis 13 Punkte erzielen. Das zeichnet uns auch aus“, sagt er.

Am Samstag bei der Heimniederlage vor 2.213 Zuschauern in der Margon-Arena über den Tabellenachten Bremerhaven steuerte der punktbeste Neuzugang des Aufsteigers 16 Zähler bei. Dabei sollte Schmikale eigentlich schon viel länger in Dresden wohnen, er stand bei Titans-Trainer Fabian Strauß vorm Start der laufenden Saison bereits zum dritten Mal auf dem Wunschzettel. „Einmal hat es wohnungstechnisch nicht hingehauen, ich wollte mit meiner Freundin Tessa herziehen. Beim zweiten Versuch stand ich meines Erachtens nach noch unter Vertrag bei einem anderen Klub. Diesmal haben wir eine Wohnung bekommen, in die wir zu zweit reinpassen“, erklärt der gebürtige Oldenburger schmunzelnd. Seit acht Jahren sind Tessa, die soziale Arbeit studiert, und Lucien ein Paar. Erst einmal hat Schmikale ein Basketball-Engagement angenommen, bei der seine Partnerin nicht mit an den jeweiligen Standort gezogen ist. Schon seine Mimik verrät, dass er damit nicht die besten Erfahrungen verbindet. „Ohne sie würde ich nie wieder zu einem Verein wechseln.“

Die Gelassenheit im Verein hat überrascht

Vielleicht muss er das auch nicht zwingend. Bei den Titans steht Schmikale noch bis 2024 unter Vertrag – und die Aussichten könnten besser kaum sein. Und der frühere Fußballer, der erst als 14-Jähriger zum Basketball im Heimatverein SV Brake wechselte, gehört zu den Leistungsträgern im Team des Aufsteigers, der als Tabellenvierter nach wie vor die Überraschungsmannschaft der Liga ist. „Was mich hier überrascht hat, war die Gelassenheit, mit der man in die Saison gegangen ist. Niemand hatte Angst gehabt, dass wir sportlich nicht mithalten können“, erinnert sich Lucien Schmikale. Vielleicht ist diese Lockerheit eines der Erfolgsgeheimnisse seiner neuen Mannschaft. „Es ist nicht selbstverständlich, dass man als Aufsteiger gleich so weit vorn mitspielt“, findet er.

Obwohl die Titans ihre Chance auf den Einzug in die Play-offs bereits fünf oder sechs Spieltage vor dem Ende der Normalrunde ergreifen könnten, denkt man im Dresdner Team weiter von Spiel zu Spiel. Vermittelt zumindest Lucien Schmikale. „Jetzt kommt bei uns noch mehr Motivation raus – wir haben noch sehr viel Zeit, einen langen Weg. Keiner denkt hier an noch einen Aufstieg“, sagt er. Denn in den Play-offs schaffen die beiden Finalisten den sportlichen Aufstieg in die Basketball-Bundesliga (BBL). „Aber“, sagt er auch, „erst mal muss uns jemand schlagen. Wir sind unangenehm zu bespielen. Das ist natürlich auch ein Verdienst des Trainers. Sein Konzept passt genau auf uns Spieler. Ich passe da auch ganz gut rein.“

Sein Defensivverhalten, vor allem in Eins-zu-Eins-Situationen, schätzt Lucien Schmikale selbst noch als ausbaufähig ein.
Sein Defensivverhalten, vor allem in Eins-zu-Eins-Situationen, schätzt Lucien Schmikale selbst noch als ausbaufähig ein. © kairospress

Und der Psychologie-Student, der an der Fernuni Heidelberg an seinem Master arbeitet, passt auch genau in die neue Zeit, in der sich viele junge Menschen Gedanken um den Klimawandel und dessen Eindämmung machen. Tessa und ihr Partner ernähren sich seit knapp drei Jahren ausschließlich vegan. „Wir haben zunächst probiert, ob das alles klappt – körperlich und sportlich. Ich beschäftige mich viel mit ökologischen Sachen, also auch, was Tierethik betrifft. Ich muss kein Fleisch haben – aber ich kann jeden verstehen, der das für sich anders sieht.“ Der frühere U-18-Nationalspieler und seine Lebensgefährtin verzichten derzeit auch auf Flugreisen. „Wir können lieber mit dem Zug fahren oder in der Gegend bleiben. Das muss aber jeder für sich entscheiden.“

Der junge Kerl stammt aus einer sehr sportlichen und sportinteressierten Familie, seine Mama spielte Handball, der Papa Fußball, die beiden jüngeren Schwestern probieren sich noch etwas aus – u. a. im Fußball und Basketball. „Der größte Fan aber ist meine Oma“, erzählt Schmikale und muss instinktiv lächeln. Seine Großmutter verfolgt jedes Spiel über den kostenfreien Streamingdienst von sportdeutschland.tv. „Bei ihr muss immer jemand vorher hin, der den Laptop an den Fernseher anschließt, sonst gibt es richtig Ärger“, erzählt er lachend.

Auch in puncto Einsatzbereitschaft hat der größte Anhänger des Neu-Dresdners besondere Erwartungen. „Ihrer Ansicht nach können wir auch mal verlieren, aber wir müssen uns reinhängen, sonst gibt es Ärger beim nächsten Telefonat.“ Bisher hatte die Großmama aber nur wenige Anhaltspunkte für negative Kritik – auch dank der Glückszahl Drei in Schmikales Leben. Da gäbe es durchaus noch mindestens eine Reserve: Weshalb nicht als Tabellendritter in die Play-offs der 2. Basketball-Bundesliga einziehen?