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Darum schraubt ein Kanu-Olympiasieger am Auto

Tom Liebscher und Rallyepilot Matthias Kahle fordern sich im Vorfeld der Lausitz Rallye heraus. Was zu amüsanten Episoden führt und auch zu wichtigen Einsichten.

Von Alexander Hiller
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Kanu-Olympiasieger Tom Liebscher wechselte in Vorbereitung der Lausitz-Rallye schneller als Pilot Matthias Kahle ein Rad.
Kanu-Olympiasieger Tom Liebscher wechselte in Vorbereitung der Lausitz-Rallye schneller als Pilot Matthias Kahle ein Rad. © Bastian Hartmann

Boxberg. Technische Details eines Gefährts zu ergründen, ist für Tom Liebscher tatsächlich nicht neu. Der Kanu-Olympiasieger vom KC Dresden hat mit seinen Kollegen aus dem deutschen Gold-Vierer fast zwei Jahre lang an der Steuerung getüftelt, gemessen, verbessert.

Dass der 28-Jährige auch über andere technische Talente verfügt, bewies er bei einer ungewöhnlichen Challenge. Zu der hatten die Macher der „So geht sächsisch“-Kampagne geladen. Unter dieser Marke hat der Freistaat Sachsen als Initiator inzwischen über 500 Unternehmen, Vereine und Institutionen versammelt, die jeder auf ihre Weise die Werbetrommel für Sachsen rühren. Die Kampagne unterstützt seit Jahren auch die Internationale Lausitz Rallye, die vom 4. bis 6. November in der Oberlausitz über die Bühne, oder vielmehr über die Schotterpisten ehemaliger Tagebaugelände geht.

Mit Matthias Kahle driftet man sicher. Diese Erfahrung machte Kanu-Olympiasieger Tom Liebscher, der mit dem Piloten gemeinsam für die Lausitz-Rallye warb.
Mit Matthias Kahle driftet man sicher. Diese Erfahrung machte Kanu-Olympiasieger Tom Liebscher, der mit dem Piloten gemeinsam für die Lausitz-Rallye warb. © Bastian Hartmann

Und hier kommen Tom Liebscher und seine jüngste Herausforderung ins Spiel. Um auf die Rallye nachhaltig aufmerksam zu machen, haben die „So geht sächsisch“-Macher den Kanu-Olympiasieger mit dem Görlitzer Matthias Kahle zusammengebracht. Der siebenfache deutsche Rallyemeister forderte den Doppel-Olympiasieger zu einem Duell auf dem jeweiligen Terrain des anderen heraus. Kahle wollte wissen, ob Liebscher schneller einen Reifen wechseln kann als er. Da hatte sich der 52-Jährige etwas verkalkuliert.

Mithilfe eines Akkuschraubers benötigte der Weltklasse-Kanute nur 58,22 Sekunden – einen Hauch schneller als Kahle. „Ich habe mal bei einem Schülerpraktikum in einer Kfz-Werkstatt einen Tag nur Reifen geschraubt. Da ist wohl etwas hängen geblieben“, konstatierte Liebscher. Bei seinem Privat-Pkw lässt er die Reifen lieber von Profis wechseln. „Im Ernstfall könnte ich es selbst. Aber das Aufbocken von jeder Seite wäre mir zu anstrengend“, sagte er.

Der Rallyepilot im fremden Terrain: Matthias Kahle (l.) und Kanu-Olympiasieger Tom Liebscher.
Der Rallyepilot im fremden Terrain: Matthias Kahle (l.) und Kanu-Olympiasieger Tom Liebscher. © Bastian Hartmann

Auch in der Revanche triumphierte der deutlich jüngere Kanute souverän. Auf einer Strecke von knapp 50 Metern am Boxberger Ufer des Bärwalder Sees schob Liebscher in gemächlichem Tempo mit einem ungewohnten Plastikpaddel sein Boot deutlich eher als Kahle ins Ziel. Aber auch der Rennfahrer hatte sein wichtigstes Vorhaben erreicht. „Ich glaube, seine Mechaniker waren nur deshalb so zahlreich vertreten, weil sie dachten, dass er bei dieser Challenge ins Wasser fällt“, erzählt er lachend. „Den Gefallen hat er ihnen aber nicht getan.“ Stattdessen bilanzierte Kahle selbst mit dem ihm eigenen trockenen Witz: „Ich finde mich gar nicht so schlecht.“

Das bislang unbekannte Geheimnis des Olympiasiegers

Anschließend durfte Liebscher noch als Co-Pilot ins Cockpit von Kahles Rallye-Boliden, einem Skoda Fabia, schlüpfen und auf einer abgesteckten Strecke ordentlich Adrenalin ausschütten.

„Das ist schon nicht so ohne, mit 180 Sachen durch den Wald zu düsen. Am Anfang war das schon krass, als er da über die Hügel drübergebügelt ist. Wir sind zum Beispiel quer über einen Bahnübergang gedriftet. Hätte ich jetzt so nicht gemacht“, sagte der Wassersportler, der in dem Zusammenhang auch ein bisher unbekanntes Detail seines Privatlebens verrät. „Ich bin bei solchen ruckartigen Geschwindigkeiten sehr anfällig – da wird mir schlecht. Ich bin so ziemlich der schlechteste Rummelpartner, den man sich vorstellen kann“, sagt er und kann mittlerweile über diese neue Rallyeerfahrung lächeln. „In dem Moment mit Matthias im Auto war alles gut, es hätte jetzt aber keine zwei Stunden dauern müssen. Er ist echt ein sicherer Fahrer.“

Tom Liebscher als Co-Pilot von Matthias Kahle.
Tom Liebscher als Co-Pilot von Matthias Kahle. © Bastian Hartmann

Der sechsfache Weltmeister interessier sich ohnehin für Motorsport. Er wird diese Erfahrung also als wertvoll verbuchen. „Rallye-Videos schaue ich sowieso, wenn ich mir mal Mut holen will. Das fand ich immer schon sehr beeindruckend und verrückt. Matthias, der strahlt so gar keine verrückte Art aus, sondern komplette Ruhe. Das war der Schlüssel, weshalb ich ihm gleich vertraut habe“, sagte Liebscher. Der wird als Zuschauer bei der Lausitz Rallye aber fehlen. Derzeit absolviert der Sportsoldat einen fünfwöchigen Bundeswehrlehrgang in Warendorf.

Zuschauer an zehn verschiedenen Punkten sind offiziell gestattet, im Gegensatz zur Geister-Rallye im Vorjahr. Der Rallye-Renn-& Wassersport-Club Lausitz als Veranstalter weist darauf hin, dass die Tickets nur auf seiner Website im Online-Verkauf und auch nur personalisiert erhältlich sind. Zutritt ist nach dem 3G-Modell mit entsprechenden Nachweisen erlaubt. Das Fahrerlager bleibt für Besucher aber tabu. Testmöglichkeiten bestehen vor Ort.