Stadt Chemnitz unterstützt Mediation in der Turn-Affäre

Chemnitz. Die Stadt Chemnitz bleibt bei ihrer Entscheidung und hält an dem Hausverbot für die Turn-Trainerin Gabriele Frehse fest: Trotz weiterhin geltender Unschuldsvermutung und bis zum Abschluss des Gerichtsverfahrens, wie es in einer Mitteilung heißt. Das ist das Ergebnis von vielen Gesprächen mit allen Beteiligten seit Montag.
Dabei ging es sowohl der Stadt als auch den Vertretern des TuS Chemnitz-Altendorf sowie den Eltern der am Bundesstützpunkt trainierenden Mädchen und jungen Frauen vor allem darum, kurzfristig das Training und damit die Olympia-Vorbereitung für die Turnerinnen abzusichern. Der Deutsche Turner-Bund (DTB) habe auf Nachfrage der Stadt verbindlich und schriftlich zugesichert, dass die Kaderathletinnen ab nächster Woche und bis zur internen Qualifikation im Juni am Standort durch die für den Nachwuchs zuständige Bundestrainerin Claudia Schunk betreut werden. In dieser Woche sind alle Spitzenturnerinnen zum Lehrgang in Frankfurt eingeladen.
Gleichzeitig habe der DTB nochmals schriftlich dargelegt, dass aus seiner Sicht eine Betreuung der Sportlerinnen durch Frehse in keinem Fall erfolgen kann, heißt es. Die Stadt verlasse sich auf die Zusage des DTB, dass ohne die bisherige Erfolgstrainerin eine erfolgreiche Vorbereitung auf die Olympia-Qualifikation für alle Chemnitzer Turnerinnen gewährleistet wird.
Mediation durch den Olympischen Sportbund
Gleichzeitig unterstützt die Stadt einen Vorschlag des Vereines TuS Chemnitz-Altendorf, des Stadtsportbundes und mehrerer Eltern. Diese wollen die Ethikkommission des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) unter dem Vorsitz von Thomas de Maizière bitten, ein Mediationsverfahren in der Angelegenheit zu moderieren. In diesem sollen alle Beteiligten an einen Tisch kommen, um eine tragfähige Zukunft für den Standort Chemnitz, seine Turnerinnen und die Qualität des Trainings zu finden.
Der hatte der Olympiastützpunkt Sachsen als ihr Arbeitgeber hatte der Trainerin Frehse zum 30. April gekündigt, nachdem sie zuvor fast fünf Monate lang suspendiert gewesen war. Grundlage dafür sind Vorwürfe, die 14 ihrer ehemaligen Schützlinge in Berichten des Magazins Der Spiegel erhoben hatten, sowie ein daraus resultierendes Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Chemnitz.
Trotzdem wollte der TuS Chemnitz-Altendorf als Trägerverein des Bundesstützpunktes, an dem derzeit 24 Turnerinnen aktiv sind, die Trainerin ehrenamtlich beschäftigen. Das hatte Präsident Frank Munzer noch Mitte voriger Woche bekannt gegeben. "Frau Frehse fängt definitiv bei uns als ehrenamtliche Übungsleiterin an, um das Training abzusichern", sagte er in einem Interview mit dem MDR.
Die derzeit aussichtsreichsten Olympia-Kandidatinnen Sophie Scheder, die bei den Spielen 2016 Bronze am Stufenbarren holte, sowie Lisa Zimmermann und EM-Starterin Emma Malewski starteten über die Crowdfunding-Seite GoFundMe im Internet einen Spendenaufruf. "Bitte unterstützen Sie uns bei der Finanzierung unserer Trainerin, damit wir unseren Traum von Olympia verwirklichen können", schrieben sie. Bis Mittwochmittag waren fast 31.500 Euro von 229 Personen zusammengekommen. Die Zielsumme von 20.000 Euro ist damit bereits deutlich übertroffen worden.
Frehse hat sich bisher nicht zu der neuen Entwicklung geäußert, zuvor aber bereits angekündigt, gegen die Kündigungvorgehen zu wollen. "Ich bin davon überzeugt, dass diese Kündigung einer gerichtlichen Prüfung nicht standhalten wird und ich wieder eingestellt werden muss. Das letzte Wort darüber wird also nicht der DTB oder der OSP, sondern das Arbeitsgericht haben", sagte Frehse dem Online-Portal gymmedia.de.
Frehse geht gegen die Kündigung vor
Auch in Bezug auf die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wegen des Verdachts der Körperverletzung sei sie "zuversichtlich, dass nach Abschluss all dieser Dinge für jedermann klar sein wird, dass ich mir nichts zuschulden kommen lassen habe". Die Trainerin soll einer Turnerin ein Schmerzmittel - das Opioid Tilidin - zur Einnahme vor einem Wettkampf übergeben haben. Das hat Frehse mehrfach eingeräumt, allerdings verweist sie darauf, sich dafür die Freigabe von einem Arzt eingeholt zu haben, weil die Sportlerin unbedingt turnen wollte.
In einem Untersuchungsbericht war eine Anwaltskanzlei in Frankfurt am Main zu dem Ergebnis gekommen, es gebe "in 17 Fällen hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für die Anwendung psychischer Gewalt durch die Trainerin". Frehse hatte die Anschuldigungen im Kern zurückgewiesen und sich unter anderem im Interview mit Sächsische.de bereits Anfang Dezember 2020 dagegen verwahrt, inzwischen geht sie nach eigener Aussage "gegen eine Reihe der ehemaligen Turnerinnen gerichtlich vor, weil sie gegenüber dem Spiegel Unwahrheiten verbreitet haben".