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Das verflixte Jahr von Christina Schwanitz

Trauerfälle, Bandscheibe, Quarantäne: Der Weg zu Olympia in Tokio birgt für die kugelstoßende Zwillingsmutter immer neue Stolpersteine.

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Hinsichtlich der erhofften Olympia-Medaille skeptisch: Kugelstoßerin Christina Schwanitz.
Hinsichtlich der erhofften Olympia-Medaille skeptisch: Kugelstoßerin Christina Schwanitz. © Archiv: dpa/Michael Kappeler

Bad Liebenzell. Das herzliche Lachen, für das Christina Schwanitz in ihrer langen Karriere auch immer bekannt war, verging der Kugelstoßerin an diesem Abend im Kurpark von Bad Liebenzell mal wieder. Vier ungültige Versuche, am Ende 18,11 Meter - wenige Wochen vor Tokio ist die erhoffte erste Olympia-Medaille für die Ex-Weltmeisterin in weite Ferne gerückt. Ihr Trainer Sven Lang weiß wohl wie kein Zweiter, was der 35-Jährigen das große Ziel immer bedeutet hat: "Dafür hat sie sich ein Sportlerleben lang geschunden."

Elf internationale Podestplätze hat die Athletin vom LV 90 Erzgebirge in ihrer Vita stehen, darunter Silber bei der WM 2013, Gold bei der WM 2015 und - als Zwillingsmutter - überraschend Bronze bei der WM 2019 sowie zwei EM-Titel im Freien. Seit ihrem sechsten Platz in Rio 2016, als sie als Mitfavoritin bitter enttäuscht abreiste, war alles auf Tokio ausgerichtet.

Doch das verflixte Jahr 2021 macht Schwanitz gewaltig zu schaffen. Kurz und knapp kommentierte die Dresdnerin am Dienstagabend in Bad Liebenzell ihren zweiten Platz hinter der Wattenscheiderin Julia Ritter (18,13 Meter). "Ich musste heute die B-Norm für Olympia stoßen, das habe ich geschafft. Natürlich habe ich mir mehr erhofft", sagte sie.

Negative Überraschung auf der Insel

Die vergangenen Monate waren eine ziemliche Quälerei für Schwanitz, die Olympia-Vorbereitung hatte sie sich komplett anders vorgestellt. Von der Hallen-EM in Torun/Polen brachte sie neben einer Bronzemedaille auch einen Bandscheibenvorfall im Bereich der Halswirbelsäule mit, den sie inzwischen mit Physiotherapie auskuriert hat.

Dann musste die Mutter eines Mädchens und eines Jungen mit knapp vier Jahren innerhalb von wenigen Tagen zwei Todesfälle im privaten Umfeld erleben.
In der Nacht vor ihrem Saisoneinstieg am 23. Mai in Gateshead erfuhr Schwanitz, dass sie den Start in der Diamond League mit einer zweiwöchigen Quarantäne bezahlen muss. Deutschland schränkte damals, als die Kugelstoßerin schon unterwegs auf der Insel war, die Einreisen aus dem Virusvariantengebiet Großbritannien drastisch ein.

"Das hat mich natürlich sehr geärgert", sagte Schwanitz, zumal sie bei den deutschen Meisterschaften in Braunschweig deshalb nicht antreten durfte. Ihr Arbeitgeber Bundeswehr ermöglichte ihr immerhin einen vorzeitigen Trainingseinstieg. "Wir haben die Situation neu justiert und konnten zuletzt endlich mal drei Wochen durchtrainieren", sagte Lang.

Hoffen auf die deutsche Konkurrenz

Doch inzwischen sind selbst deutsche Konkurrentinnen wie Sara Gambetta (Halle/Saale) und ihre Clubkollegin Katharina Maisch an der so lange dominierenden Schwanitz vorbeigezogen. Das Trio wird wohl gemeinsam nach Tokio fliegen. Schwanitz hat zwar die Olympia-Norm von 18,50 Meter in dieser Freiluft-Saison noch nicht erreicht, kann aber auf ihre Leistungen in der Halle verweisen.

Auf die Weltbestenliste braucht Schwanitz, die 2015 sogar mal 20,77 Meter gestoßen hat, erst gar nicht zu schauen. Dort stehen derzeit allein zehn Konkurrentinnen mit Weiten über 19,00 Meter. Im anstehenden Trainingslager von Laatsch/Südtirol will sie sich wieder an die 19 Meter herantasten; das wird schwer genug. Die Konkurrenz im eigenen Lager könnte ihr dabei auch zugute kommen. "Wir können zeigen, dass man sich im Individualsport auch gegenseitig helfen kann", sagte Schwanitz tapfer.