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Lennox Lehmann: Zwischen Schulbank und Rennstrecke

Sachsens größtes Motorradtalent Lennox Lehmann fährt seit dieser Saison in der WM – mit Erfolg. Wie lässt sich das noch mit der Schule managen?

Von Michaela Widder
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Es läuft derzeit für Lennox Lehmann und das Team Freudenberg aus Bischofswerda.
Es läuft derzeit für Lennox Lehmann und das Team Freudenberg aus Bischofswerda. © Vaclav Duska Jr.

Dresden. In dieser Saison war das die mit Abstand kürzeste Anreise. 48 Minuten sagt das Navi von Dresden zum Lausitzring. Der Auftakt der Internationalen Deutschen Motorradmeisterschaft (IDM) war für Lennox Lehmann und sein Team Freudenberg aus Bischofswerda ein Heimspiel. Ein Sieg im ersten Rennen und ein Abstecher ins Kiesbett im zweiten lautetet die Bilanz für den zweimaligen deutschen Meister. Diese Ergebnisse sind in diesem Jahr zweitrangig.

„Es ist ein gutes Training unter Wettkampfbedingungen und es geht darum, meine Teamkollegen schnell zu machen, ihnen Windschatten zu geben. Die WM hat Priorität“, sagt Lehmann. Der 16-Jährige ist diese Saison aufgestiegen, startet erstmals in der Supersport-300-WM. Die Wochenendtrips gehen nun nicht mehr nur auf den Lausitzring, nach Hockenheim oder Oschersleben, sondern nach Italien, Spanien, Holland und Portugal, wo das nächste Renn-Wochenende am 21./22. Mai in Estoril stattfindet.

Der Rookie, wie man einen Piloten in seinem ersten WM-Jahr nennt, verblüffte zum Auftakt die Szene. Im spanischen Aragon stürmte der Dresdner von Startplatz 25 aus zwei Mal auf das Podium – als einer der Jüngsten im Feld. „Ja, da waren wir schon alle ein bisschen überrascht. Das habe ich so auch nicht erwartet.“ Als Vorgabe seines Teams soll der junge Pilot regelmäßig in die Punkte fahren, Top-Ten-Plätze sind das Ziel.

Unterwegs auf den Rennstrecken in Europa. Lennox Lehmann fährt mittlerweile in der Supersport-300-WM – und das selbst für Experten verblüffend gut.
Unterwegs auf den Rennstrecken in Europa. Lennox Lehmann fährt mittlerweile in der Supersport-300-WM – und das selbst für Experten verblüffend gut. © Vaclav Duska Jr.

Für Podestplätze gibt es mittlerweile Preisgelder, aber das interessiert den Teenager weniger. „Ich weiß nicht, wie viel. Darum kümmert sich mein Vater“, sagt er. Ohne die große Unterstützung seiner Familie wäre der Sport auf diesem Niveau undenkbar. Die Eltern sind bei jedem Rennen dabei, Mutter Manja gehört seit zwei Jahren fast schon offiziell zum Team Freudenberg, sie bekocht an den Rennwochenenden die komplette Mannschaft. Und Vater Tobias hilft aus, wenn Arbeiten anfallen, die nicht unbedingt von einem Mechaniker erledigt werden müssen. Er putzt beispielsweise die Verkleidung der Rennmaschine oder kümmert sich ums Benzin.

Lehmann junior, der als Siebenjähriger das erste Mal auf einem Pocket-Bike saß, ist derzeit der einzige Fahrer aus dem Freudenberg-Team, der bei der WM startet. Logistisch ist das ein großer Aufwand. Zu den Rennen in Spanien oder Portugal fliegt er.

Wie lässt sich das alles noch mit der Schule managen? „Der Deal war von Anfang an: Wenn die Noten passen, kriege ich frei“, erzählt Lehmann. Der Besuch einer Sportschule kam für den Motorradpiloten nicht infrage. Sein Sport ist nicht olympisch und wird also mit öffentlichen Gelder nicht gefördert. Der Zehntklässler besucht das Gymnasium in Bühlau und bekommt von der Schulleitung schon seit der fünften Klasse regelmäßig Freistellungen. Den Lernstoff muss er selbstständig nacharbeiten. „Das funktioniert gut, wenn man sich erstmal überwunden hat, nach dem Rennen noch abends hinzusetzen“, meint er.

Motorradfahren bei den Mitschülern nicht angesagt

Sein Sport und seine Erfolge spielen in der Schule aber kaum eine Rolle. „Es weiß fast niemand, nur diejenigen, die mir auf Instagram folgen. Es ist meine Leidenschaft, aber ich will damit nicht prahlen.“ Fürs Motorradfahren interessiere sich bei seinen Mitschülern so gut wie niemand. „Es gibt keinen, der den Motorrad-Führerschein machen will. Das ist bei uns nicht populär“, erzählt er.

Lehmanns Alltag ist ein anderer als der seiner Klassenkameraden. Nach der Schule fährt er täglich für zwei bis drei Stunden ins Fitnessstudio. Neben dem eigentlichen Motorradfahren spielt das Krafttraining eine immer größere Rolle. „So eine 150-Kilo-Maschine bei 200 km/ in der Kurve zu halten, strengt ordentlich an“, sagt Lehmann. Durch Dresden dürfte er nicht mal Schritttempo fahren, weil er selbst noch keinen Führerschein besitzt. Im Moment hätte Lehmann auch gar keine Zeit, die Fahrerlaubnis zu machen.

Die Vorbereitung gilt schon wieder dem nächsten Rennen in einer Woche in Portugal. Dann will er wieder den Sprung unter die Top Ten schaffen. Der große Traum ist die Moto-GP. die Königsklasse im Motorradsport. Lehmann macht sich selbst keinen Druck. In der nächsten Saison will er noch mal die Supersport-300-WM fahren. „Dort dann möglichst Weltmeister werden und den Sprung in die Moto 2 schaffen“, meint er. Und Lehmann weiß auch: „Es gehört auch ein bisschen Glück dazu.“