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Wie der Eislöwen-Trainer die Saison bewertet

Andreas Brockmann findet, es werde „extrem schwer, das zu wiederholen“ . Welche Schlüsse er aus der abgelaufenen Spielzeit zieht und einige interessante Details verrät er im SZ-Gespräch.

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Der Bayer Andreas Brockmann etabliert sich als Eislöwen-Coach.
Der Bayer Andreas Brockmann etabliert sich als Eislöwen-Coach. © Archiv: kairospress

Herr Brockmann, welches Gefühl überwiegt bei Ihnen: der Stolz über die tolle Hauptrunde oder die Enttäuschung über das frühe Aus in den Play-offs?

Ganz klar die Enttäuschung. Das sitzt immer noch tief, gar keine Frage. Was in der Saison war, das können wir uns in den nächsten Wochen schönreden oder irgendwas. Aber das ist vergangen. Daran habe ich in den letzten Tagen mit Sicherheit keinen Gedanken verschwendet.

War die überragende Hauptrunde mit zahlreichen Vereinsrekorden in den Play-offs vielleicht ein Problem?

Ich war noch nie in meinen Leben euphorisch als Coach. Mir ist Bescheidenheit wichtig. Im vergangenen Sommer hätte sicher niemand gedacht, dass der Weg mal dahin geht. Träume können die Leute um uns herum haben. Im Sport musst du deinen Job machen. Ich bin immer noch der Meinung, dass die Jungs auch in den Play-offs einen unglaublichen Job erledigt haben. Die Frage ist, wo sind die Erwartungen hingegangen? Ich bin nicht enttäuscht, wie wir die Play-offs gespielt haben.

Weshalb?

Wir haben vier Spiele mit 2:3 verloren, waren in einer Partie nicht die bessere Mannschaft, in Spiel vier in Heilbronn. In den anderen Duellen waren wir besser. Aber was heißt besser? Es zählt nur Gewinnen oder Verlieren. Wir hatten aber gute und mehr Chancen, wir haben sehr unglückliche Tore bekommen. Aber das gehört im Sport dazu. Das ist so und muss man akzeptieren.

Sie sprachen aber auch davon, dass ein Quäntchen Qualität gefehlt habe.

Ja, klar. Wir hatten die Chancen, machen die Dinger aber nicht rein. Das meinte ich mit der Qualität. Wenn ich den Jeremy Williams von Heilbronn nehme: Er schießt zwei Mal zwei Tore – aus nichts, aus nichts.

Heilbronn hat Ihre Mannschaft mit Härte geknackt. Waren die Eislöwen noch ein bisschen zu lieb für Play-offs?

Ja, aber Härte ist nicht trainierbar, das ist hier drinnen (legt dabei die Hand aufs Herz). Wir sind über das Tempo gekommen, dass wir nicht die tougheste und härteste Mannschaft sind, war mir auch in der Saison schon klar. Das ist auch ein Zeichen dafür, dass der Gegner Respekt vor unserer Spielweise hat. Die haben Play-off-Eishockey gespielt, nach meiner Ansicht überhaupt nicht unfair, die sind ihre Checks fertig gefahren. Punkt. Das haben sie sehr gut gemacht. Ich will das Wort Glück nicht überstrapazieren, aber bei den Toren, die wir bekommen haben, kann man nicht sagen, dass wir einen Lauf gehabt hätten.

Was ist denn Ihre wichtigste Erkenntnis aus dieser Saison?

Am Ende des Tages ist wichtig, dass man eine gute, funktionierende Mannschaft hat. Und die hatten wir absolut, da muss ich dem Team ein Kompliment machen. Wir konnten 18 neue und zum Teil sehr junge Spieler sehr schnell integrieren. Nur so bist du erfolgreich. Bei einigen Vereinen, die die sogenannten Top-Stürmer verpflichtet haben, sieht das anders aus. Bayreuth spielt gegen den Abstieg, Weißwasser hat ihn gerade abgewendet.

Hat Corona eine Rolle gespielt? Ihr Team hat es spät in der Saison erwischt.

Uns hat es zum blödesten Zeitpunkt erwischt: Zwischen dem 15. und 22. Februar. Dann haben wir jeden zweiten Tag gespielt. Schon damals habe ich gesagt, dass es schwer wird, die Mannschaft wieder auf ein gemeinsames Level zu bringen. Wir hatten dazu gar keine Zeit. Das war nicht perfekt. Vielleicht hätten wir ohne Corona noch einen Schritt mehr machen können, das wissen wir nicht und konnten es nicht beeinflussen. Ehrlicherweise hatten wir in der Saison auch einige Spiele, in denen wir mit vollem Kader aufgelaufen sind, der Gegner aber nur mit zwölf Leuten.

Der Standort Dresden ist Hauptrunden auf solch hohem Niveau gar nicht gewohnt. Ist das vielleicht ein Lernprozess für alle – ein Topteam zu werden?

Vollkommen richtig. Wir müssen versuchen, uns Kontinuität über Jahre aufzubauen, dass wir Konstanz reinbringen, damit wir irgendwann sagen: Unser Ziel ist es immer, unter den ersten sechs zu sein – weil man den Kader, das Umfeld hat. Wenn die finanziellen Möglichkeiten auch stimmen, kann man den Schritt nach oben gehen. Den Schritt wollen wir immer wagen, keine Frage. Aber das ist noch utopisch. Sonst wären ja alle anderen blöd, die dafür viel und mehr Geld ausgeben.

Ein Schiedsgericht hat kurz vor dem Start der Play-offs bestätigt, dass die Eislöwen sportlich nicht aufsteigen dürfen, weil Unterlagen unvollständig oder nicht fristgemäß eingereicht wurden. Hat das Ihr Team beeinflusst?

Für mich hat das nullkommanull damit zu tun. Die Spieler spielen in erster Linie um den Erfolg, die haben auch ihre Prämien und alles. Die Erklärung wäre zu einfach. Da müsste man die Spieler fragen. Wenn es so wäre, dass das Einfluss genommen hat, könnte ich das nur schwer akzeptieren.

Sie haben gerade Ihre erste vollständige Saison als Eislöwen-Trainer hinter sich. Wie fällt Ihr Fazit aus?

Sicher war das eine sehr positive Saison. Wie die am Schluss ausgegangen ist, das will kein Mensch. Aber das ist nicht planbar. Ich gehe positiv aus der Saison raus, auch wenn mir das im Moment noch schwerfällt. Wir können uns erhobenen Hauptes verabschieden. Wir fangen aber vor der neuen Saison bei null an, das werden die Jungs von mir sehr oft hören – und Sie auch. Das interessiert dann keinen mehr, was in dieser Saison war. Und es wird extrem schwer, das zu wiederholen. Aber dafür bin ich gewappnet.

Notiert von Alexander Hiller