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Ihr schwierigster Weg ist der beste

Julia Wesser sorgte in der Vorsaison für frischen Wind bei den DSC-Volleyballerinnen. Nun ist sie auch offiziell Profi.

Von Alexander Hiller
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Julia Wesser bleibt mindestens bis 2024 beim DSC.
Julia Wesser bleibt mindestens bis 2024 beim DSC. © Matthias Rietschel

Dresden. Der Überraschungsfaktor war sehr gering, als die Volleyball-Damen des Dresdner SC ihre vorletzte Personalie im Kader für die kommende Saison vorstellten. Denn die erst 19-jährige Julia Wesser drückte bereits der vergangenen Spielzeit ihren Stempel auf. Mit unbekümmerter Spielweise, frechen Aufschlägen, Durchsetzungskraft am Netz und mit erfrischend ehrlichen, nachdenklichen Antworten.

War Wesser in der Vorsaison noch Notnagel für die langzeitverletzte US-Außenangreiferin Jaqueline Quade, zählt die gebürtige Dresdnerin nun offiziell als Profi des Dresdner SC. Ihren Dreijahresvertrag, der bis 2024 gilt, hatte die Hochveranlagte schon zu Beginn der vergangenen Saison unterzeichnet. Um das Talent, das nebenher noch ihr Abitur ablegte, zu schützen, stellte der sechsfache deutsche Meister die 1,95 Meter große Spielerin nun erst offiziell als Profi vor.

Cheftrainer Alexander Waibl beschreibt die extrem ehrgeizige Spielerin als „sehr ausgeprägte Persönlichkeit. Das ist manchmal ein Segen und manchmal auch ein Fluch“, erklärt er lachend. Wesser hinterfrage gern mal neugierig Trainingsinhalte. „Ich mag mitdenkende Menschen und kritische Köpfe“, sagt Waibl und legt im Nachhinein dar, wie wertvoll die Entscheidung für ihn war, dass der Klub und seine Nachwuchsabteilung vor vier Jahren die Entscheidung fällte, Wesser von einer Mittelblockerin zur Außenangreiferin umzuschulen.

Verzicht auf Lehrgang mit der U23-Nationalauswahl

„Julia könnte aus dem Stand Mittelblock auf allerhöchstem Niveau spielen. Der Weg in die Nationalmannschaft wäre für sie auf der Position viel leichter. Sie könnte mit ihren Fähigkeiten auch sehr schnell eine gute Diagonalangreiferin werden“, schätzt der 53-Jährige ein und bekräftigt: „Aber Julia mag eben gern die komplizierteste aller Positionen – die größte Herausforderung. Und das ist auch in Ordnung, weil sie das irgendwann sehr, sehr gut können wird.“

Wessers ausgeprägte Persönlichkeit kann wiederum teilweise auch zu Situationen führen, die nicht jeder Außenstehende auf den ersten Blick versteht. Die Nachwuchshoffnung verzichtete – trotz entsprechender Einladung – im Sommer auf ein Trainingslager mit der U23-Nationalmannschaft. „Weil ich für mich gewusst habe, dass die Saison extrem anstrengend, auslaugend für mich und meinen Körper war. Ich wollte einfach diesen Break, um meinem Kopf etwas anderes zu bieten als Volleyball“, sagt sie. Eine Art Psychohygiene.

Wesser hat den Sommer und die vier trainingsfreien Wochen stattdessen für einen Wanderurlaub in den bayerischen Voralpen genutzt, um Land und Leute kennenzulernen und ihre eigenen Gedanken zu sortieren, die erste Profisaison sacken zu lassen und aus vermeintlichen Fehlern zu lernen. „Ich habe mir viele Gedanken gemacht, die gar nicht so wichtig sind, aber in dem Moment ziemlich viel Platz im Kopf einnehmen“, erklärt sie und hat das für sich als blockierend empfunden. Deshalb sagt sie nun: „Die nächste Saison mit mehr Leichtigkeit angehen.“ Sie und die DSC-Trainer um Waibl haben „viele und gute Ansätze gefunden, wie ich mein Spiel besser machen kann. Die Erfahrungen aus der vergangenen Saison sind deshalb sehr viel wert“, betont sie.

Noch ein Zugang aus dem Nachwuchs

Einen Stammplatz kann ihr Waibl trotz aller Vorschlusslorbeeren neben der internen Konkurrenz von Jennifer Janiska, Linda Bock und Neuzugang Agnes Pallag natürlich nicht versprechen. „Klar ist es mein Ziel, dass Julia eine unumstrittene Erste-Sechs-Spielerin wird. Ob das bis Weihnachten passiert, danach oder erst nächste Saison – das liegt an ihr. Und das ist auch gut so“, sagt Waibl.

Am Freitag stellt der DSC seinen letzten Neuzugang vor. Auch der kommt überraschungsfrei aus dem eigenen Nachwuchs: Mittelblockerin Lena Linke (18).