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RTL und die Formel 1: Ende einer TV-Ära

Nach drei Jahrzehnten steigt der Sender aus. Der Grund ist das Geld. Ab nächste Saison kostet dann Zugucken für den Fernsehzuschauer extra.

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Vor fast zehn Jahren: Sebastian Vettel (l.), damals bei Red Bull unter Vertrag, spricht mit RTL-Moderator Kai Ebel.
Vor fast zehn Jahren: Sebastian Vettel (l.), damals bei Red Bull unter Vertrag, spricht mit RTL-Moderator Kai Ebel. © dpa/Jens Buettner

Köln. Kai Ebel wird den Formel-1-Fahrern am Sonntag nicht mit bunten Klamotten und Mikrofon in der Boxengasse auflauern. Der für seinen sehr extravaganten Mode-Geschmack mittlerweile bekannte TV-Journalist sitzt stattdessen wegen Corona im RTL-Studio in Köln. So schmerzt das Ende einer besonderen TV-Ära doppelt. „Ich fahre ins Studio, schaue das Rennen zusammen mit den Kollegen und hoffe auf eine schöne Abschlussquote“, sagt Ebel.

Nach 30 Jahren ist Schluss, die Übertragung des Rennens in Abu Dhabi ist die letzte für den Privatsender. Das ist bitter für RTL und seine Motorsport-Mitarbeiter. Und das ist bitter für die meisten Formel-1-Fans, die zukünftig zahlen müssen. Ab nächster Saison überträgt nur der Bezahlsender Sky.

Das Sinnbild für die RTL-Übertragungen war Ebel. „Eine bis dahin bei Sportübertragungen unbekannte Emotionalisierung und Eventisierung“ nennt der Sender sein Konzept. Für das stand der rasende Reporter, seit 1993 im Boxengassen-Einsatz, mit seinem oft schrillen Outfit wie kein Zweiter. Deutlich zurückhaltender agierten Moderator Florian König oder die Kommentatoren Heiko Waßer und Christian Danner.

Die Anfänge der damaligen „Randsportart“, wie RTL es ausdrückt, waren bescheiden. Im ersten Jahr der Quotenmessung brachten es die 16 Renn-Übertragungen 1992 auf durchschnittlich 1,76 Millionen Zuschauer und einen Marktanteil von 20,6.Doch dann kam Michael Schumacher, ein einheimischer Held, ohne den kein erfolgreiches TV-Format auskommt. Mit ihm und seinen sieben WM-Titeln brauste auch RTL bei den Quoten immer häufiger auf Platz eins.

Den heute kaum mehr zu glaubenden Höchstwert gab es 2001: Bei jedem der 17 Rennen schauten im Schnitt 10,44 Millionen Menschen zu und sorgten für einen Marktanteil von 55,4 Prozent. Auf einen Durchschnitt von ungefähr vier Millionen Zuschauern wird sich der Durchschnittswert 2020 nach dem letzten RTL-Rennen am Sonntag einpendeln.

Dennoch darf der Sender „eine einzigartige Erfolgsgeschichte“ für sich reklamieren. 533 Renn-Übertragungen haben die Statistiker des Hauses gezählt und insgesamt 3,14 Milliarden Zuschauer in 30 Jahren. Die Werbeunterbrechungen und der bunte Boxengassen-Reporter mögen dabei nicht jedem uneingeschränkt gefallen haben, doch die Zuschauer waren insofern verwöhnt, als dass sie die Trainingseinheiten und Rennen drei Jahrzehnte ohne zusätzliche Kosten verfolgen durften.

Auch Vettel verabschiedet sich

Das ist ab kommendem Jahr vorbei. Fast alle Formel-1-Rennen werden nur gegen zusätzliche Bezahlung zu sehen sein. Der Pay-TV-Sender Sky muss nur vier Rennen frei zugänglich machen.

Sky hatte RTL nach einigen vergeblichen Anläufen beim Rechtepoker im Frühjahr überboten. „Wenn Konkurrenten im Spiel sind, die bereit sind, das Doppelte zu bieten, muss man sich mit einem Ausstiegsszenario zwangsläufig auseinandersetzen“, sagte – ohne Zahlen zu nennen – der zum Jahresende bei RTL ausscheidende Sportchef Manfred Loppe.

Ebel kann sich sogar einen Wechsel zum Pay-TV-Sender Sky grundsätzlich vorstellen. „Man sollte nie alles ausschließen. Ich gehe ja nicht in Rente. Aber mit mir hat noch keiner gesprochen“, sagt Ebel.

Ein Abschied wird das Rennen auch für Sebastian Vettel – sein letztes für Ferrari. Der viermalige Weltmeister, die Titel fuhr er im Red-Bull-Boliden ein, zog vorab ein ernüchterndes Fazit seiner sechs Jahre bei der Scuderia. „Es hat am Ende aus verschiedenen Gründen nicht funktioniert. Die gesteckten Ziele haben wir verfehlt“, meint Vettel. Er gewann insgesamt 14 Rennen, aber nicht den WM-Titel.

Wichtig sei, „dass alle Parteien individuell positiv nach vorne schauen. Klar hätte man sich im Nachhinein manche Dinge anders gewünscht. Aber bereuen tue ich nichts“, sagt der 33-Jährige, der ab 2021 beim neuen Werksteam von Aston Martin fährt. (dpa)