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Für Vater und Tochter ist Aufgeben ist keine Option

Wolfram Centner und seine Tochter verbindet die Liebe zum Motorsport. Trotz Nanetts schwerer Erkrankung fahren sie so oft wie möglich zusammen Rennen.

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Eingespieltes Team: Im vergangenen Jahr waren Wolfram und Nanett Centner in Most und auf dem Hockenheimring in ihrem Seitenwagen am Start.
Eingespieltes Team: Im vergangenen Jahr waren Wolfram und Nanett Centner in Most und auf dem Hockenheimring in ihrem Seitenwagen am Start. © Thorsten Horn

Von Thorsten Horn

Radebeul. Vor zehn Tagen startete in Katar die neue Saison der MotoGP, Anfang April folgt das erste Rennen der Superbike-Weltmeisterschaft. Die internationale Motorrad-Rennsaison 2022 läuft also gerade an. Und auch der Start in die nationale Saison ist nicht mehr fern. Ab Mitte April geht es auch auf hiesigen Rennstrecken wieder um Punkte. Dann will auch der Radebeuler Seitenwagen-Pilot Wolfram Centner wieder mitmischen.

In der Klassik-Serie Moto Trophy, bei der Ende Mai der erste Startschuss fällt, war er in der vergangenen Rennsaison zwar nur in drei von zehn Rennen dabei, durfte sich aber über den vierten Gesamtrang in seiner Klasse Sidecar Open freuen. Dazu verhalf ihm zweimal seine Tochter Nanett. Gern wäre der 54 Jahre alte Centner öfter mit seiner Tochter in das LCR-Gespann geklettert, doch haben die wenigen gemeinsamen Ausflüge zum Motorsport einen traurigen Hintergrund.

Die 30-Jährige Nanett ist an Multipler Sklerose erkrankt, lässt sich den Lebensmut aber nicht nehmen. „Wann immer es zeitlich und bei Nanett gesundheitlich passt, wollen wir unserem nach wie vor gemeinsamen Hobby nachgehen und ein paar schöne Stunden verleben“, sagt Wolfram Centner.

"Ich möchte als Beispiel gelten"

2019 wurde bei Nanett Centner die Nervenerkrankung diagnostiziert, was ihr den Boden unter den Füßen wegzog. „Mittlerweile gehe ich relativ offen damit um. Gleich nach der Diagnose fiel mir das ziemlich schwer, und ich habe dann eineinhalb Jahre gebraucht, mich auf die Krankheit einzustellen und meinen Lebensweg zu finden“, erklärt Nanett Centner offenherzig und führt dazu weiter aus: „Ich bin dann zu dem Entschluss gekommen, dass ich mich nicht aufgebe oder den Kopf in den Sand stecke. Es ist halt jetzt, wie es ist. Für die große Rallye-Karriere reicht es jetzt nicht mehr, aber die Seitenwagen-Geschichte zusammen mit dem Papa möchte ich gern weitermachen. Ich sehe das aber schon mit dem Ansporn, auch da mein Bestes zu geben. Gleichzeitig möchte ich damit Menschen mit ähnlichen Schicksalen zeigen, dass man sich eine gewisse Lebensfreude erhalten soll. Ich möchte da als Beispiel gelten, dass man nicht sofort aufgeben muss und noch Dinge machen sollte, die einem Spaß machen.“

Vater und Tochter Centner in Rennaktion.
Vater und Tochter Centner in Rennaktion. © Thorsten Horn

Dass sie zum Motorsport gekommen ist, hat sie natürlich ihrem Vater zu verdanken, der von Kindesbeinen an etliche Rennsport-Disziplinen ausprobiert hat. Mit acht Jahren saß Wolfram Centner erstmals in einem K-Wagen, wie die heutigen Karts zu DDR-Zeiten hießen, und wurde in allen Klassen DDR-Meister. Sein international größter Erfolg war Rang drei in der Kart-Europameisterschaft. Kurz nach der Wende ist er „in den Formel-Sport gerutscht“.

In der Formel Euro gewann er ebenfalls nacheinander alle drei Klassen und erhielt zwischendurch im tschechischen Most als Ersatzfahrer die Chance, einen Gruppe-C-Prototyp aus der Sportwagen-Weltmeisterschaft zu fahren. „Dabei war ich gar nicht so schlecht. Nach meinem fünften Platz durfte ich mir 30.000 D-Mark Preisgeld abholen“, erinnert er sich. Und weiter: „Eigentlich wollte ich in die Formel 3, aber das war trotz guter Testfahrten finanziell nicht machbar. Dadurch kam ich Mitte der 1990er-Jahre auf die Idee, mal einen Seitenwagen auszuprobieren und habe daran gleich Gefallen gefunden.“ Mit zwei nationalen Vize-Titeln und zwei dritten Rängen war er auch hierbei sehr erfolgreich.

Was die 30-Jährige antreibt

Aufgrund des latenten Mangels an Beifahrern wechselte Wolfram Centner dann fast nahtlos in den Rallye-Sport, doch nach dem tödlichen Unfall eines befreundeten Damen-Teams erlosch diese Freude. Dafür entdeckte er die Liebe zum Seitenwagen für sich und auch seine Tochter wieder neu. Schon mit 14 war Nanett mal ein paar halblegale Runden mitgefahren. Als der Vater Rallye fuhr, kam auch sie mit dieser Szene in Kontakt. Von 2013 bis 2019 war sie bis hin zur Deutschen Rallye Meisterschaft aktiv und nennt den fünften Gesamtrang im ADAC Rallye Masters 2015 auf dem „heißen Sitz“ des Thüringers Raphael Ramonat als ihr Karriere-Highlight.

Wegen ihrer Erkrankung musste sie den Sport aufgeben, sodass Vater und Tochter 2020 den Entschluss fassten, gemeinsam Seitenwagen zu fahren. Wenngleich das nur sporadisch möglich ist, haben beide sowie das stets mitreisende Team ihre Freude daran. „Es soll in erster Linie Spaß machen, aber ich will mich als Beiwagen-Fahrerin sehr wohl noch weiterentwickeln, gute Leistungen bringen und gute Ergebnisse einfahren. Am Ende des Tages will ich mit mir zufrieden sein“, sagt Nanett Centner dazu.