Dresden. Erst dieses ärgerliche 0:1 und dann diese Frage. Ob die Münchner Löwen durch den Sieg gegen Dynamo jetzt noch mal Blut geleckt hätten im Aufstiegskampf, will ein TV-Reporter von Markus Kauczinski wissen. „Ist mir doch egal“, antwortet Dynamos Trainer hörbar gereizt, um dann doch noch nachzuschieben, was er seit Wochen und Monaten sagt: Dass es an der Spitze bis zum Ende eng zugehen wird.
Sein Kollege Michael Köllner wird sinngemäß das Gleiche gefragt, er verweist auf den beachtlichen Zehn-Punkte-Rückstand seiner Mannschaft zum Spitzenreiter aus Dresden und schlussfolgert: „Das ist mir im Moment zu viel Konjunktiv.“ Also könnte 1860 doch noch mal rankommen, hakt der Reporter nach. „Vielleicht, man wird sehen“, sagt Köllner und grinst.
Nach Dynamos Niederlage im Montagabendspiel hat das große Rechnen begonnen. Dass die Münchner als Tabellenvierter tatsächlich noch mal das Spitzentrio, dem noch Rostock und Ingolstadt angehören, angreifen können, ist jedoch weiterhin unwahrscheinlich. Geändert hat sich die Situation vor allem für die Schwarz-Gelben. Der einst so komfortable Vorsprung auf den dritten Platz ist geschmolzen.
Der Dritte der 3. Liga muss für den Aufstieg den Umweg über die Relegation gehen. Diese zwei Zitterspiele würde sich Dynamo gerne ersparen. Lange schien es, als bestünde da kaum Gefahr. Seit dem 12. Dezember sind die Dresdner ununterbrochen Spitzenreiter, zwischenzeitlich wuchs der Abstand auf den Relegationsrang auf acht Punkte an, selbst Ende Februar waren es noch beruhigende sechs Zähler. Übrig geblieben ist seit Montag ein einziger auf die beiden punktgleichen Verfolger Rostock und Ingolstadt.
Am Ostersonntag könnte Dynamo auf diesen dritten Platz abrutschen, wenn das Spitzenspiel gegen Rostock verloren geht und Ingolstadt in Magdeburg gewinnen sollte. Auch das ist zwar viel Konjunktiv, das Szenario aber nicht unwahrscheinlich. Rostock eilt seit Monaten von Sieg zu Sieg, hat von den vergangenen 13 Spielen nur eines verloren, einmal spielte man unentschieden und sammelte dabei 34 Punkte. An Selbstvertrauen mangelt es der Mannschaft von Jens Härtel ganz sicher nicht.
Dynamo geht dagegen mit der Niederlage in München in die Länderspielpause – und mit dem Gefühl, eine große Chance verpasst zu haben. „Wir haben jetzt mehr Wut als jemals zuvor“, erklärte Kapitän Sebastian Mai und kündigte bereits unmittelbar nach dem Abpfiff an: „Wir werden Rostock alles abverlangen.“ Tim Knipping, sein Nebenmann in der Abwehrkette und an diesem Abend Dynamos Bester, bemerkte fast schon trotzig, dass „wir immer noch Spitzenreiter und noch einen Punkt vorne sind. Das wollen wir bis zum Ende bleiben. Und wenn wir das nächste Spitzenspiel gewinnen, sieht die Welt schon wieder besser aus.“ Falls nicht, blieben immer noch acht Möglichkeiten, die Ausrutscher zu korrigieren.
Klappt auch das nicht, müsste Dynamo in die Relegation gegen den Drittletzten der 2. Bundesliga. Auf diesem Platz steht derzeit der VfL Osnabrück. Das ist nicht nur der Ex-Klub von Neu-Geschäftsführer Jürgen Wehlend, sondern in Sachen Relegation ein altbekannter wie beliebter Gegner. 2011 setzten sich die Dresdner durch und stiegen in die 2. Bundesliga auf, zwei Jahre später hielten sie die Klasse – erneut nach zwei engen Spielen gegen den VfL.
Der Aufstieg wäre vor allem finanziell wichtig – oder wie es Wehlend formuliert, ein „enormer Befreiungsschlag“. Allein an TV-Geldern würden 6,3 Millionen Euro mehr fließen als in der 3. Liga – mindestens. In Zeiten von Mindereinnahmen durch die Corona-Pandemie ist das ein ganz wichtiger Faktor.
Doch eine mögliche Relegation Ende Mai ist noch weit weg. Sorgen macht sich Kauczinski zunächst über die aktuellen Baustellen. Das Spiel gegen 1860 mit dem späten Gegentor habe gezeigt, dass seine Mannschaft noch nicht reif genug sei, ein 0:0 über die Runden zu bringen. „Wir hätten da abgezockter sein müssen“, fand er.
Zudem droht gegen Rostock der Ausfall von Christoph Daferner. Der Stürmer, mit zehn Toren und sieben Vorlagen bisher Dynamos gefährlichster Spieler, musste in München wegen einer Verletzung am Sprunggelenk vorzeitig runter. Eine Diagnose gab es am Dienstag noch nicht.
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