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Wieder Besuch vom Kanzler bei den DFB-Frauen

Gut eine Woche nach dem EM-Finale trifft sich Olaf Scholz mit der Verbandsspitze. Das setzt nun auch den DFB unter Druck, mehr zu tun für den Mädchen- und Frauenfußball.

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Nach dem Kurzbesuch in der Kabine der DFB-Frauen trifft sich Bundeskanzler Olaf Scholz – neben ihm steht Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg – jetzt mit der Verbandsspitze.
Nach dem Kurzbesuch in der Kabine der DFB-Frauen trifft sich Bundeskanzler Olaf Scholz – neben ihm steht Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg – jetzt mit der Verbandsspitze. © Maja Hitij/Getty Images/DFB/dpa

Von Ulrike John und Thomas Wolfer

Vor dem Besuch von Olaf Scholz beim DFB will sich Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg der Forderung des Bundeskanzlers nach gleicher Bezahlung von Frauen und Männern im Fußball nicht anschließen. „Da muss ich dem Bundeskanzler widersprechen. Wir haben gesagt, wir wollen erst mal „Equal Play“ haben, dass wir bessere Strukturen haben, dass wir Talent-Gerechtigkeit haben, dass alle Mädchen Fußball spielen können“, sagte die 54-Jährige am Samstag dem Radiosender Bayern 1.

Bei den Prämien vertritt Voss-Tecklenburg jedoch weiterhin eine klare Meinung und plädiert für eine Angleichung von Frauen- und Männer-Nationalmannschaften. „Es spricht prinzipiell nichts dagegen. Ich würde mir wünschen, dass es vielleicht auch der Gedanke im DFB ist, für die drei Top-Teams für den Titel das Gleiche auszuschütten“, sagte sie dann am Samstagabend in der ZDF-Sendung „Das aktuelle Sportstudio“. Dies wäre „ein klares Signal“.

Allerdings verlange sie keineswegs, die Prämien der Frauen auf das Niveau der Männer anzuheben, sondern „bei den Männern ein bisschen weniger, bei den Frauen ein bisschen mehr. Aber wir werden nie in die Dimension kommen wie der Männer-Fußball. Und das wäre auch nicht gut“, sagte die Bundestrainerin. Ihre Mannschaft verlor am vergangenen Sonntag das EM-Finale in London gegen Gastgeber England mit 1:2 nach Verlängerung. Durchschnittlich 17,9 Millionen Menschen verfolgten das Spiel in der ARD.

Am Rande des EM-Endspiels hatte Bundeskanzler Scholz ein baldiges Treffen mit DFB-Präsident Bernd Neuendorf und Direktor Oliver Bierhoff angekündigt, in dem es auch um das Thema Equal Pay gehen soll. Dieses ist nun für Dienstag in Frankfurt/Main angesetzt.

Einladung ins Kanzleramt?

Voss-Tecklenburg wird da ihren Urlaub auf Mallorca angetreten haben. Sie und ihr Team dürfen aber nach dem Kabinenbesuch von Scholz nach dem verlorenen EM-Finale mit einer Einladung ins Kanzleramt rechnen. „Ich habe tatsächlich das Gefühl, dass es nicht nur Lippenbekenntnisse und Symbolpolitik sind“, sagte Voss-Tecklenburg, und sie betonte: „Es ist toll, dass es das erste Treffen gibt. Dann müssen wir aber auch etwas daraus machen. Nicht nur reden, sondern auch Taten folgen lassen.“

Scholz hatte während der Europameisterschaft in England im Juli unter anderem unter dem Hashtag #equalpay (gleiche Bezahlung) getwittert: „Wir haben 2022. Frauen und Männer sollten gleich bezahlt werden. Das gilt auch für den Sport, besonders für Nationalmannschaften (...).“ Für den Titel hätten die DFB-Frauen jeweils 60.000 Euro bekommen. Die Männer hätten im Vorjahr 400.000 Euro erhalten.

„Es ist wichtig, dass sich bekannte Persönlichkeiten für uns einsetzen“, sagte Nationaltorhüterin Merle Frohms beim gemeinsamen TV-Auftritt mit der Bundestrainerin. Auf die Frage, was sie sich für den Frauenfußball wünschen, schrieb die 27-Jährige auf ein Flipchart: „Sichtbarkeit. Chancengleichheit. Akzeptanz.“ Voss-Tecklenburg nannte – jeweils mit einem fetten Ausrufezeichen versehen – „Grundgehälter in der Liga. Talentgerechtigkeit = NLZ. Anstoßzeiten zur Primetime.“

Die Talente aus dem Mädchenbereich müssten in die Nachwuchsleistungszentren (NLZ) der großen Klubs aufgenommen werden, was bisher die Ausnahme ist. Ihr erster Ansatz wäre, „dass wir alle Bundesligaspielerinnen zu Profis machen können, heißt Grundgehälter in der Liga“, sagte Voss-Tecklenburg. Nach ihrer Erkenntnis müssen „bestimmt 50 Prozent“ der Bundesliga-Spielerinnen einem Beruf nachkommen, um ihre Existenz zu sichern.

Das erste Heim-Länderspiel nach der EM am 7. Oktober in Dresden gegen Frankreich wird um 20.30 Uhr schon mal von der ARD übertragen. Mit der Unterstützung von Scholz können die Vize-Europameisterinnen wohl ebenfalls rechnen. Und die der Ex-Kanzlerin hatten sie schon während der EM: „Am meisten haben mich gefreut die intensiven, charismatischen, intelligenten Nachrichten von Angela Merkel. Sie hat jedes Spiel geschaut und sie hat uns supportet, und das war großartig“, erzählte Voss-Tecklenburg. (dpa, mit sid)