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Verbale Entgleisung mit Folgen

Der Fall Heiko Vogel beschäftigt inzwischen den DFB-Chef und die Bundestrainerin. Es geht um mehr als einen verbalen Patzer.

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Gladbachs U23-Fußballtrainer Heiko Vogel hat mit einer Bemerkung gegenüber einer Schiedsrichterin eine Debatte über Diskriminierung von Frauen im von Männern dominierten Sport ausgelöst.
Gladbachs U23-Fußballtrainer Heiko Vogel hat mit einer Bemerkung gegenüber einer Schiedsrichterin eine Debatte über Diskriminierung von Frauen im von Männern dominierten Sport ausgelöst. © Tobias Hase/dpa

Frankfurt/Main. Erst beschäftigte Heiko Vogels verbaler Aussetzer nur den Westdeutschen Fußballverband, inzwischen spricht ganz Fußball-Deutschland darüber. Der Satz "Frauen haben auf dem Fußballplatz einfach absolut nichts zu suchen" an Schiedsrichterin Vanessa Arlt, die diesen Wortlaut den "Westfälischen Nachrichten" explizit nannte, ist inzwischen nicht mehr nur Thema für Landesverbände und Sportgerichte, sondern auch für den DFB-Präsidenten Fritz Keller, Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg und die deutschen Nationalspielerinnen.

Der Fehltritt von Gladbachs U23-Trainer Vogel, der als Auflage eines Gerichts die Leitung von sechs Frauen-Trainingseinheiten zur Folge hat, entwickelte sich zu einer Initialzündung für eine Debatte über die Rolle der Frauen im Fußball. "Dass das heute noch passiert, zeigt tatsächlich, wie wenig akzeptiert Frauen zum Teil in der männerdominierten Fußball-Welt immer noch sind", sagte Voss-Tecklenburg am späten Montagabend im "Bayerischen Rundfunk". Ihre Spielerinnen um Kapitänin Alexandra Popp hatten sich schon am Wochenende zu Wort gemeldet und Vogels Aussagen als "beleidigend und diskriminierend" bezeichnet.

"Dass das heute noch passiert, zeigt tatsächlich, wie wenig akzeptiert Frauen zum Teil in der männerdominierten Fußball-Welt immer noch sind:" Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg
"Dass das heute noch passiert, zeigt tatsächlich, wie wenig akzeptiert Frauen zum Teil in der männerdominierten Fußball-Welt immer noch sind:" Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg © Matthias Balk/dpa

Der Offene Brief zeigte schnell Wirkung. Reagierte der Deutsche Fußball-Bund zunächst mit einem Statement von Vizepräsidentin Hannelore Ratzeburg, saß am Montagabend plötzlich Verbandschef Keller in einer Schalte mit Popp und Torhüterin Almuth Schult. "Es war ein wertvoller und offener Austausch, in dem es darum ging, welche Steine unseren Fußballerinnen in den Weg gelegt werden. Sie werden teilweise immer noch massiv strukturell benachteiligt", stellte Keller fest. Dies sei "nicht akzeptabel".

Es ist die Kombination aus der Verbalattacke und der folgenden fragwürdigen Auflage, die die Nationalspielerinnen so erzürnte. "Wir haben uns als Frauen die Frage gestellt: Für wen ist es eigentlich die größere Strafe?", sagte Voss-Tecklenburg. Die 53-Jährige hofft auf eine Diskussion, die "hilfreich" und "zugleich erschreckend ist, dass wir sie immer noch führen müssen".

Popp und Co. hatten sich noch deutlicher gefasst: "Dieses Urteil diskriminiert alle Frauen im Sport und speziell im Fußball." Auch Werder-Präsident Hubertus Hess-Grunewald äußerte großes Unverständnis über die Sanktion. "Dass in diesem Urteil als eine Art Wiedergutmachung tatsächlich die Auflage auftaucht, die Frauen- oder Mädchenmannschaften zu trainieren - darüber war ich erst erstaunt und dann fassungslos", sagte Hess-Grunewald dem "Weser-Kurier" (Dienstag). Für ihn sei "absehbar" gewesen, dass "der Fall so eine Außenwirkung haben könnte".

"Viel zu weit verbreitete Denkmuster"

Das Präsidium des WDFV hat am Wochenende bereits "eine Überprüfung des Urteils" angeordnet. Die Anordnung der Auflage von sechs Einheiten mit Frauen-Teams sehe das Präsidium kritisch. Vizepräsident Gundolf Walaschewski forderte eine "lückenlose Aufarbeitung und Prüfung" der Geschehnisse bei dem Regionalliga-Spiel, das bereits Ende Januar stattfand. Doch ganz unabhängig von einem möglicherweise neuen oder modifizierten Urteil: Die Diskussion über Frauen und ihre Rolle im Fußball ist nun in der Welt.

"Die unmögliche Aussage und die darauffolgende unbegreifliche "Strafe", das Training einer Frauenmannschaft zu leiten, sind nur Ausdruck im Fußball leider auch heute noch viel zu weit verbreiteter Denkmuster", sagte DFB-Boss Keller. Er sicherte den Spielerinnen um Popp dabei seine "volle Unterstützung" zu. (dpa)