Minge im Exklusiv-Interview: „Die Euphorie ist zurück“

Herr Minge, wie fühlt es sich nach der einjährigen Pause an, wieder eine Aufgabe zu haben?
Eigentlich waren es ja nur zehn Monate, die ich dann auch entsprechend genutzt habe, um Dinge anzugehen, die zuvor vielleicht etwas zu kurz gekommen sind. Auf der anderen Seite ist es natürlich nach so einer Auszeit auch schön und gut, wieder dem nachgehen zu können, was man das ganze Leben gemacht hat. Insofern ist die Euphorie zurück.
Sie sind als Sportdirektor zum Halleschen FC gewechselt. Wieso gerade dieser Schritt?
Das war ursprünglich nicht der Plan. Aber wie es manchmal so ist im Leben, hat mich der HFC-Präsident Anfang Mai 2021 kontaktiert und dann ging alles ganz schnell. Entscheidend war eigentlich mein Bauchgefühl nach den Gesprächen. Der Verein in Halle ist ja für mich ein beschriebenes Blatt und ich sehe dort große Potenziale.
Was haben Sie in Halle vorgefunden, wie gut ist der Verein aufgestellt?
Entscheidend sind ja oft die handelnden Personen und dort hatte ich ein sehr gutes Gefühl, dass das Ganze auch im zwischenmenschlichen Bereich passt. Der HFC geht in seine zehnte Saison dritte Liga. Das können nur wenige Vereine vorweisen. Es wird ganz seriös gearbeitet, sprich sie geben nur das Geld aus, was sie auch haben. Auch das macht den Klub sympathisch.
Sie waren in derselben Funktion jahrelang bei Ihrem Heimatverein Dynamo Dresden tätig? Was nehmen Sie aus dieser Zeit mit?
Ich würde das Ganze nicht auf meine Zeit in Dresden reduzieren. Ich bin jetzt 30 Jahre lang im Trainer- und Funktionsbereich bei verschiedenen Vereinen unterwegs. Da nimmt man von jeder Station etwas mit. Das kommt einem dann auch in der täglichen Arbeit zu Gute.

Was trauen Sie Dynamo jetzt in der zweiten Liga zu?
Viele Jahre wurde stets von der stärksten zweiten Liga gesprochen. In der neuen Saison trifft das, so glaube ich, auch tatsächlich so zu. Insofern ist es wichtig, dass sich Dynamo in der zweiten Liga stabilisiert und den Klassenerhalt sichert. Und man sollte in Dresden die wirtschaftlichen Möglichkeiten nicht überstrapazieren. Eine andere Zielstellung kann es aus meiner Sicht im Moment nicht geben.
Zu Ihrem 60. Geburtstag im Oktober 2020 waren Sie in Ihrem Heimatort Gröditz. War das eine Herzensangelegenheit, bei dem Verein, bei dem Sie groß geworden sind, vorbeigeschaut und alte Weggefährten getroffen zu haben?
Ich habe das als extrem großzügige Geste empfunden und auch der Rahmen, in dem das passiert ist, war toll. Unabhängig davon denke ich natürlich sehr gern zurück an die Zeit bei der TSG – an meine Jugendzeit und die ersten Männerjahre. Das war damals ein riesengroßer Entwicklungsschritt in meiner Karriere, ehe ich 1980 zu Dynamo gewechselt bin. Man hat das bei den Leuten auch gespürt - man ist gern gesehen und das hat mich schon berührt.
Ihr Sohn Stefan ist inzwischen Cheftrainer beim FV Gröditz 1911. Was trauen Sie ihm in dieser Funktion zu?
Ich bin natürlich gespannt, was Stefan bei seiner ersten Cheftrainer-Station erreichen wird. Ich bin mir sicher, dass er mit vollem Engagement dabei ist. Es ist auch so eine Lebensaufgabe, seine Kinder wachsen zu sehen, auch unsere Tochter Nadja. Da sind wir extrem stolz auf sie, die uns auch Enkel geschenkt haben und ihren Weg gehen. Für Stefan ist das nun eine Tätigkeit neben seinem Beruf, die er aber mit großer Ernsthaftigkeit durchführen wird.
Was geben Sie ihm für seine erste Saison an der Seitenlinie mit?
Ich glaube, dass Stefan bereits genügend Erfahrung gesammelt hat in seiner Fußball-Karriere und in seinem gesamten Werdegang. Ich werde auf jeden Fall nicht der Schlaumeier sein, der ihm sagt, du musst das so oder so machen.
Das Interview führte Michael Peter.