Von Sven Geisler und Jens Maßlich, Halle
Was zu beweisen war: Dynamo kann auch ohne Marco Hartmann gewinnen. Natürlich hat daran niemand grundsätzlich gezweifelt, aber es war schon auffällig, dass die Dresdner eine Siegesserie starteten, als er wieder in der Startelf stand. Nun fehlt der Ex-Kapitän erneut, dazu mit Sebastian Mai der aktuelle Spielführer. „Die beiden haben unsere Abwehr zusammengehalten, sind mit ihrer Ausstrahlung, ihrer Physis unheimlich wichtig für uns“, sagt Markus Kauczinski.
Also ist der Trainer nach dem 3:1-Sieg im Ostduell beim Halleschen FC besonders glücklich, wie er sagt, „weil wir gezeigt haben, dass wir mehr sind als die zwei, dass wir mit einer mannschaftlich geschlossenen Leistung solche Rückschläge verkraften“. Allerdings braucht es dazu den entscheidenden Impuls von außen – vom Chefcoach. „Die Mannschaft stellt nicht einfach so mal das System um“, sagt Robin Becker, der wie Kevin Ehlers in die neu formierte letzte Reihe rückte.
Beim Gegentor angestellt "wie die Osterhasen"
Kauczinski hatte zunächst an der Dreierkette festgehalten, weil man sich damit gut gefühlt habe. „Wir waren aber darauf eingestellt, dass wir das System eventuell wechseln müssen“, erklärt er hinterher seinen Eingriff nach 20 Minuten. Dynamo liegt früh zurück nach dem Gegentreffer durch Julian Derstroff, bei dem sich die schwarz-gelbe Defensive anstellt „wie die Osterhasen“, meint Becker als einer der unglücklich Beteiligten. „Wir hatten Probleme in der Zuordnung und von der Aggressivität“, erklärt Kauczinski die Defizite.

Deshalb ordnet er nun die Viererkette an, davor im zentralen Mittelfeld zwei defensive und ein offensiver Spieler. „Das hat uns sehr gutgetan“, sagt Yannick Stark, als Kapitän der Mai-Stellvertreter. „Wir haben wieder mehr Sicherheit gespürt, hatten mehr Zugriff. Das hat sich in den Toren widergespiegelt.“ Dynamo zeigt – ähnlich wie bereits im Ostduell bei Hansa Rostock – eine erstaunliche Effizienz in der Offensive, denn bis zum Ausgleichstreffer ist ein Schuss von Christoph Daferner, der das Tor weit verfehlt, der einzige Abschluss.
Ehlers im Glück - kein Elfmeter
Dann setzt sich Jonathan Meier auf links durch, bringt die Flanke zu Becker, dessen Versuch geblockt wird – und Stark haut die Kugel humorlos rein. „Auf solche Situationen lauere ich, schön, dass ich der Mannschaft helfen konnte.“ Mit dem 1:1 ist Dynamo endgültig drin in diesem intensiv geführten Spiel, hat aber Glück, als Schiedsrichter Florian Heft ein Handspiel von Ehlers nicht mit Strafstoß ahndet. Es ist einer der Aufreger im Ost-Duell. „Wir wissen aber auch, dass Kevin Broll schon einige Elfmeter gehalten hat“, meint HFC-Coach Schnorrenberg. „Den muss man erst mal reinmachen.“

Das gelingt Becker, wobei er hinterher nicht genau sagen kann, aus wie vielen Metern er getroffen hat. „Ich habe mich selbst erschrocken, dass er da oben eingeschlagen ist“, meint der 23-Jährige. Wieder ist es ein abgeprallter Ball, den er am Strafraumeck volley nimmt – es sind gut 14 Meter. Dabei hatte er bei der Pressekonferenz vorher gesagt, er sei technisch „sehr eingeschränkt“, jetzt muss er darüber schmunzeln. „Den habe ich ganz gut getroffen.“
Dynamo führt mit 2:1 und ist in Überzahl. Halles Laurenz Dehl hat sich kurz vor dem Treffer binnen drei Minuten zwei Gelbe Karten abgeholt, die zweite für Spielverzögerung, eine bittere Erfahrung für den 19-Jährigen. Mit der Entscheidung hadert jedoch auch Schnorrenberg. „Wenn ich mir etwas wünschen könnte, wäre die 45. Minute etwas anders gelaufen. Ich hätte es gerne zu elft zu Ende gespielt.“
So aber machen es die Dresdner clever, gestatten Halle bis auf ein, zwei halbwegs gefährliche Fernschüsse keine echte Torchance und erzielen durch den eingewechselten Patrick Weihrauch in der Nachspielzeit das 3:1. Die Serie hält also, seit sechs Spielen ist Dynamo ungeschlagen, hat davon fünf gewonnen. Tabellenführung untermauert. „Das gibt Selbstvertrauen und mit jedem Spiel, das dazukommt, können wir mit noch breiterer Brust auftreten“, sagt Becker.
Sein Beispiel zeigt, dass die Mannschaft tatsächlich nicht nur breit aufgestellt, sondern auch in der Breite gut besetzt ist. „Die beiden Jungs mit ihrer Erfahrung, ihrer Mentalität, ihrem Auftreten fehlen uns natürlich“, sagt Stark über Mai und Hartmann. „Trotzdem vertrauen wir auf unseren Kader. Es ist schön zu sehen, wenn Türchen aufgehen wie im Fall von Becks (Becker/d. Red) und Ehle (Ehlers/d. Red), die sich lange Zeit ohne Mosern hintenan gestellt, hart trainiert und die anderen unterstützt haben“, betont der Vizekapitän.
Sohm mit starker Leistung an alter Wirkungsstätte
Kauczinski hatte noch zwei personelle Wechsel vorgenommen: Marvin Stefaniak und Pascal Sohm kamen für Weihrauch und Philipp Hosiner. „Ich hatte nach dem Spiel gegen Uerdingen das Gefühl: Wir brauchen frische Kräfte, frische Energie, frische Emotionen.“ Und selbst wenn man die Wirkung bei den zwei Neuen unterschiedlich bewerten kann und muss, war auch dieser Impuls richtig - das zeigt auch die Einzelkritik.
Dynamo ist personell wie taktisch flexibel, aber die vielleicht wichtigste Erkenntnis im Vergleich zu den vergangenen Jahren ist die Reaktion nach dem 0:1 und der schwächeren Anfangsphase. „Es ist ein schönes Zeichen, dass wir uns davon nicht aus der Bahn werfen lassen haben“, sagt Stark. Und diese Mentalität im Team ist – auch in Bezug auf den erneuten Ausfall von Hartmann – ein gutes Zeichen.
Hier gibt es den Liveticker vom Spiel zum Nachlesen.
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