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185 verletzte Beamte nach Dynamo-Randale

Nach den Fußball-Ausschreitungen gerät Dynamo Dresden unter Druck. 185 Polizisten wurden verletzt - 30 sind nun dienstunfähig. Nun laufen Ermittlungen.

Von Maximilian Helm
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Szenen vom Rudolf-Harbig Stadion am Sonntag: Polizisten räumen Zäune vor dem Stadion zur Seite die von Dynamofans als Barrikade bei Randalen genutzt worden.
Szenen vom Rudolf-Harbig Stadion am Sonntag: Polizisten räumen Zäune vor dem Stadion zur Seite die von Dynamofans als Barrikade bei Randalen genutzt worden. © Robert Michael/dpa

Dresden. Am Tag nach den schweren Ausschreitungen beim Aufstiegsspiel von Dynamo Dresden herrscht Entsetzen im deutschen Fußball, der Druck auf den Verein nimmt zu. Am Sonntag hatte Dynamo Dresden 4:0 gegen Türkgücü München gewonnen und sich somit den Aufstieg gesichert. Am Rande des Spiels kam es zu schweren Ausschreitungen zwischen Polizei und gewaltbereiten Fans.

Wie die Polizei am Montagnachmittag mitteilte, wurden 185 Beamte verletzt, davon sind 30 dienstunfähig, 11 mussten oder müssen im Krankenhaus behandelt werden. 40 Männer im Alter von 18 bis 69 Jahren wurden vorübergehend festgenommen, insgesamt habe es 32 Straftaten und 103 Verstöße gegen die Corona-Schutzverordnung. Zur Nachbereitung will die Polizei eine Sonderkommission "Hauptallee" einsetzen. Insgesamt waren etwa 1.100 Polizisten im Einsatz.

Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) meldete sich am Montag zu Wort und verurteilte die Ereignisse scharf. "Die Gewaltausbrüche gegen Polizeibeamte und Medienschaffende nach dem gestrigen Fußballspiel haben den Aufstieg von Dynamo Dresden leider völlig ins Abseits gestellt. Friedliche Fankultur sieht anders aus", sagte Wöller am Montag der Deutschen Presse-Agentur in Dresden.

Die Polizei habe auf Deeskalation und Kommunikation gesetzt und sei dennoch immer wieder gezielt und massiv angegriffen worden.

"Viele Polizisten, aber auch friedliche Fans wurden verletzt. Diese rohe Gewalt hat mit Sport nichts mehr zu tun und ist nicht hinzunehmen. Ich habe Verständnis für Sportbegeisterte, die ihre Mannschaften emotional und lebhaft unterstützen und freue mich über den Aufstieg von Dynamo.

Doch wenn Fanaktivitäten derart eskalieren, erwarte ich von Fußballvereinen, dass sie Konsequenzen ziehen, um die vielen friedlichen Fans klar von gewaltbereiten Hooligans zu trennen", stellte Wöller klar. Personalisierte Tickets und Stadionverbote für Gewalttäter dürften kein Tabu mehr sein: "Als Innen- und Sportminister bin ich da auch gern mit von der Partie, wenn es heißt, gemeinsam Lösungen zu finden."

"Gewalt hat mit Sport nichts zu tun"

Auch Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert äußerte sich noch am Sonntag und forderte Dynamo zum Handeln auf. "Die Gewalt am Stadion gegenüber den Einsatzkräften ist nicht akzeptabel“, erklärt er gegenüber Sächsische.de und betont: "Wir mussten als Gesellschaft in den vergangenen Monaten auf eine Menge verzichten, und auch unsere Grundrechte wurden stark eingeschränkt. Umso geringer ist mein Verständnis, wenn sogenannte Fußballfans meinen, sie würden außerhalb dieser geltenden Regeln und Gesetze stehen. Die Gewalt und Aggressivität nach Spielende sind leider ein bitterer Beigeschmack für diesen sportlich so wichtigen Tag.“

Am Montag sagte Hilbert weiter: "Friedliche Fankultur sieht anders aus. Diese rohe Gewalt hat mit Sport nichts mehr zu tun und ist nicht hinzunehmen. Ich habe Verständnis für Sportbegeisterte, die ihre Mannschaften emotional und lebhaft unterstützen und freue mich über den Aufstieg von Dynamo. Doch wenn Fanaktivitäten derart eskalieren, erwarte ich von Fußballvereinen, dass sie Konsequenzen ziehen, um die vielen friedlichen Fans klar von gewaltbereiten Hooligans zu trennen."

Druck auf Dynamo wächst

Justizministerin Katja Meier (Grüne) schrieb auf Twitter, "Die Angriffe auf Polizei und Journalisten sind durch nichts zu rechtfertigen u bedürfen auch einer Aufarbeitung durch Dynamo." Sie kritisierte vor allem die Gewalt gegen Pressevertreter, diese dürfe "kein Normalzustand" sein.

Berichten von Augenzeugen und Polizei zufolge hatte es bei den Gewaltausbrüchen heftige Angriffe auch gegen Medienvertreter gegeben. Ein minderjähriger Fotograf wurde demnach mehrfach getreten und war zeitweise bewusstlos. Insgesamt mussten 44 Menschen medizinisch versorgt werden, ein Großteil wurde in umliegende Krankenhäuser gebracht.

Meiers Parteifreund Valentin Lippmann erwartet eine deutliche Reaktion des Vereins. Er habe die Lage am Sonntag teilweise vor Ort beobachtet, sagte Lippmann am Montag. "Es hat sich eine vollkommene Enthemmung gezeigt. Die Angriffe auf Journalisten und Einsatzkräfte sind ein widerlicher Gewaltexzess, der durch nichts zu rechtfertigen ist (...) Vom Verein Dynamo Dresden erwarte ich eine klare und unmissverständliche Positionierung."

"Bei der Vorbereitung geschludert"

Linke-Politikerin Kerstin Köditz schließt ein gezieltes Vorgehen von gewaltbereiten Anhängern bei den Krawallen am Rande des Fußballspiels von Dynamo Dresden am Sonntag nicht aus. "Die Bilder aus Dresden sind entsetzlich: Das war keine Feier von Fußballfans, die aus dem Ruder lief, sondern ein blanker und womöglich geplanter Gewaltexzess, den die Polizei lange nicht unter Kontrolle bekam", sagte Köditz am Montag der Deutschen Presse-Agentur in Dresden.

"Einmal mehr frage ich mich, ob bei der Vorbereitung des Einsatzes geschludert wurde. Die Leidtragenden sind nicht nur verletzte Einsatzkräfte, sondern auch mehrere Journalistinnen und Journalisten, die gezielt und brutal attackiert wurden", betonte die Extremismus- Expertin der Linken.

Dynamo: "Tag schwer beschädigt"

Der Verein Dynamo Dresden selbst brauchte über zwei Stunden, ehe er reagierte. "Dieser Moment des Aufstiegs gehört so vielen Menschen, die heute nicht im Stadion dabei sein durften", twitterte Dynamo. "Hier gibt es sehr viel aufzuarbeiten, wenn der Polizeieinsatz vor dem Stadion abgeschlossen sein wird. Es ist sehr schade, dass dieser Tag so schwer beschädigt wurde."

Ex-Kapitän Marco Hartmann forderte die Fans in einer Videobotschaft aus dem Stadionrund zur Vernunft auf: "Ich bitte euch einfach, geht bitte nach Hause. ... Wir können es auch nicht verantworten, rauszukommen, denn es würde nicht gut werden."

Im Verlauf des Tages wünschte der Verein via Twitter noch "allen Verletzten da draußen gute Besserung!" und schrieb, dass jeder betroffene Mensch auch an diesem Tag einer zu viel sei. Bei einer Verurteilung der Szenen und Kritik an den eigenen Fans, hielt sich der Verein bis dahin auffallend zurück. Auch Trainer Alexander Schmidt äußerte sich in der Pressekonferenz nach dem Spiel nicht zu den Ereignissen.

DFB-Vize-Präsident Hermann Winkler nutzte das Entsetzen über die Ausschreitungen, um für eine Öffnung der Fußballstadien zu werben. Der Präsident des Nordostdeutschen Fußballverbandes (NOFV) forderte vor solchen Spielen in Zukunft die Öffnung der Stadien für Zuschauer, um solche Szenen in Zukunft zu vermeiden. (mit dpa, sid)

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