Diese fünf Dinge muss Dynamos Trainer jetzt ändern

Dresden. Die Trainerfrage stellt sich in Dresden bislang nicht, zumindest nicht öffentlich. Diskutiert wird Dynamos Krise und damit die Arbeit von Cheftrainer Alexander Schmidt dafür umso mehr – nicht nur in Fanforen und an Stimmtischen, auch intern. Dazu passt die Aussage vom stellvertretenden Kapitän Yannick Stark, der erst betont, es sei nicht nötig, „etwas komplett über den Haufen zu werfen. Unsere Basis passt“, um dann ansatzlos nachzuschieben: „Ich weiß aber auch nicht ganz genau, wie es jetzt weiterläuft.“
So viel steht fest: Der Fehler von vor zwei Jahren, als man auf den Abwärtstrend unter Cheftrainer Cristian Fiel zu spät reagierte und am Ende, nicht zuletzt coronabedingt, aus der zweiten Liga abgestiegen ist, soll sich nicht wiederholen.
Schmidt steht also gehörig unter Druck und ist nun ähnlich gefordert wie bei seinem Amtsantritt im April – als er mit sechs ungeschlagenen Spielen in Serie den in Gefahr geratenen Zweitliga-Aufstieg perfekt gemacht hatte. Das Beschwören von Teamgeist und Zusammenhalt verbunden mit einem klaren Spielsystem dürfte diesmal jedoch nicht genügen. Auch den Reiz des Neuen hat der 53-Jährige nicht mehr auf seiner Seite. Vielmehr sind es fünf Dinge, die er anpacken muss.
Erstens: Taktik ändern
Dynamo braucht einen neuen Impuls, der zu Saisonbeginn erfolgreiche Spielstil mit aggressivem Anlaufen des Gegners weit in dessen Hälfte hat sich abgenutzt. Die Gegner haben a) sich darauf eingestellt und b) die Qualität, sich mit spielerischen Mitteln vom Dynamo-Druck zu befreien. Zudem geht mit jedem verlorenen Spiel ein Stück Glauben an dieses Spielsystem verloren.
Nun kann aus dieser Mannschaft keine Abwehrmaschine werden, dafür fehlen die Spielertypen. Doch allein schon etwas später anzugreifen und damit abwartender aufzutreten, würde zum einen die defensive Grundstabilität erhöhen und zum anderen die Konterchance, was bei schnellen Offensivkräften wie Königsdörffer, Seo und Schröter ein probates Mittel ist.
Zweitens: Personal wechseln
Dynamo fehlt Durchschlagskraft in der Offensive oder, um es auf den Punkt zu bringen: ein Spielmacher. Diese Rolle ist nicht die ureigene von Stürmer Philipp Hosiner, ausgefüllt hat er die Position aber dennoch im erfolgreichen Aufstiegsendspurt in der 3. Liga. Bisher kommt der bundesligaerfahrene Österreicher über Kurzeinsätze nicht hinaus, der Trainer wird dafür seine Gründe haben. Einer ist Hosiners läuferisches Potenzial. Mit der Taktikänderung wäre zumindest das Argument vom Tisch.
Drittens: Standards üben
Dynamo kassiert nach Eckbällen und Freistößen inzwischen reihenweise Gegentore (und damit die jüngsten drei Niederlagen gegen Schalke, St. Pauli und Sandhausen), bleibt bei den eigenen Standards jedoch erschreckend ungefährlich. Allein zehn Eckbälle gab es gegen Sandhausen.
Nun ist die Trainingswoche bis zum Freitagspiel in Kiel eine kurze, das Thema aber nicht neu und inhaltlich übersichtlich. Defensiv muss es darum gehen, bei Standards von der Raum- zu einer konsequenten Manndeckung zurückzukehren. Offensiv gilt es, Varianten zu finden, die zumindest Torgefahr garantieren.
Zu Saisonbeginn klappte das eine wie das andere so lange richtig gut, bis sich Abwehrchef Tim Knipping am Kreuzband verletzte. Er fällt damit bis Saisonende aus.
Viertens: Authentisch bleiben
Dynamo ist trotz der Negativserie ein unangenehmer, schwer zu bespielender Gegner. Wirklich unterlegen war die Mannschaft lediglich beim 0:3 beim FC St. Pauli, der nicht zufällig die Tabelle anführt. Ansonsten haben oft Kleinigkeiten entschieden, zuletzt meist zuungunsten Dresdens. Schmidt muss jetzt also einen Spagat schaffen, denn es sind, wie er selbst sagt, „Nuancen, die uns fehlen“.
Der Aufsteiger muss sich nicht neu erfinden, sondern eigentlich nur aus Fehlern lernen. Und schließlich ...
Fünftens: Geduld haben
Dynamo hat einen sehr breit aufgestellten Kader ohne wirklich herausragende Akteure, aber mit vielen jungen, talentierten Spielern. An guten Tagen lassen sich so Siege wie das 3:0 gegen Erstliga-Absteiger Bremen erklären. Schlechte Phasen gehören im Entwicklungsprozess nur ebenso dazu – und sind explizit eingeplant. Nicht jedoch eine so lange Verletztenliste mit bis zu fünf als Stammkräfte eingeplanten Spielern.
Mindestens eine Chance bleibt Schmidt noch, nach zuletzt acht Niederlagen in neun Spielen, davon vier Ligaspielen in Folge ohne eigenen Treffer, die Trendwende zu schaffen. Ob dafür am Freitag im Spiel beim Drittletzten Holstein Kiel eine ansprechende Leistung ausreicht oder zumindest ein Unentschieden Pflicht ist, entscheidet letztlich Dynamos Sportchef Ralf Becker.