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Trainerfrage: Dynamos Sportchef spielt auf Zeit

Tabellenführer ist Dynamo in der 3. Liga noch immer, die Zukunft des Trainers aber auch weiter ungeklärt. Ralf Becker weicht Fragen dazu aus. Was steckt dahinter?

Von Tino Meyer
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Dynamos Sportchef Ralf Becker (vorn) hat den Vertrag von Trainer Markus Kauczinski noch nicht verlängert. Einen konkreten Grund dafür nannte er bislang nicht.
Dynamos Sportchef Ralf Becker (vorn) hat den Vertrag von Trainer Markus Kauczinski noch nicht verlängert. Einen konkreten Grund dafür nannte er bislang nicht. © Lutz Hentschel

Dresden. Ein einfacher Satz hätte genügt: "Ja, Markus Kauczinski ist auch nächste Saison noch hier Trainer." So oder ähnlich hätte Ralf Becker schon öfters antworten können, Fragen an Dynamos Sportgeschäftsführer zum auslaufenden Vertrag des Cheftrainers gab es zuletzt immer wieder. Doch offenbar ist die Sache nicht so einfach, obwohl - oder gerade weil? - Dynamo seit Dezember die Tabelle in der 3. Fußball-Liga anführt.

Eine klare Antwort hat Becker bislang jedenfalls immer vermieden, auch am Sonntag in Unterhaching wieder, als ihn der Reporter von Magenta Sport noch vor der 0:2-Niederlage beim Tabellenletzten nach Kauczinski befragte. Seine Antwort: "Grundsätzlich haben wir uns dazu bekannt, dass wir alle gemeinsam den Anspruch und das Ziel haben, am Ende des Jahres aufzusteigen. Darauf konzentrieren wir uns jetzt auch." Nach einem klaren Bekenntnis zu Kauczinski klingt das nicht. Eher ließe sich Beckers Antwort auch so interpretieren, dass es nur mit dem Aufstieg eine Vertragsverlängerung gibt.

Als beim VfB Stuttgart vorige Saison in der zweiten Liga das große Ziel Bundesliga-Aufstieg in Gefahr geriet, die Schwaben vier Spiele hintereinander nicht gewinnen konnten (davon drei Niederlagen) und auf Platz drei in der Tabelle abrutschten, verlängerte der Verein den Vertrag mit Cheftrainer Pellegrino Matarazzo vorzeitig. "Unabhängig von kurzfristigen Resultaten", wie es vor gut einem Jahr hieß. Tags darauf gewann der VfB das Spitzenspiel gegen den Hamburger SV mit 3:2, anschließend 2:0 bei Dynamo - und schaffte am Ende den angestrebten Aufstieg.

Impuls für die Mannschaft? Nicht nötig, sagt Becker

Von der Idee, mit einer Vertragsverlängerung gerade jetzt in dieser entscheidenden Saisonphase der Mannschaft noch mal einen Impuls zu geben, hält Dynamos Sportchef jedoch nichts. "Ach, ich glaube, wir haben alle ein wahnsinnig gutes Arbeitsklima, alle gemeinsam. Wir haben nicht das Problem, dass wir da irgendwo irgendwelche Themen setzen müssen", entgegnet Becker. Alle seien ehrgeizig, alle wüssten, worum es im Leistungssport geht. "Dynamo Dresden möchte eine gute Zukunft haben. Wir alle wissen, dass wir dafür am besten Spiele gewinnen, alle gemeinsam. Und dafür sind wir da. Ich glaube nicht, dass wir da einen zusätzlichen Impuls brauchen."

Bereits im Januar haben er und Kauczinski sich grundsätzlich zum Thema Vertragsverlängerung unterhalten und darauf geeinigt, sich vorerst nicht auf eine Weiterbeschäftigung zu einigen. Ein paar Wochen später erklärte Becker dann, dass der neue Vertrag nicht vom Aufstieg abhängig ist. "So würde ich das nicht sagen. Wir sind sehr zufrieden mit der Arbeit des Trainers", meinte Becker, rückte aber einmal mehr das große Vorhaben in den Fokus: "Unser Ziel zu erreichen." Gemeint war der Aufstieg, und Dynamo hatte damals als Tabellenführer bis zu sechs Punkte Vorsprung auf den dritten Platz, der Relegationsspiele gegen den Drittletzten der 2. Bundesliga bedeutet.

Inzwischen ist der Abstand zu den Verfolgern Rostock und Ingolstadt auf einen Zähler zusammengeschmolzen, nur vier Punkte trennen den Spitzenreiter noch vom Tabellenvierten 1860 München. Und Becker spielt mehr denn je auf Zeit, inzwischen sogar aus nachvollziehbarem Grund.

Vielleicht wartet auch Kauczinski bewusst ab

Sollte Dynamo in den verbleibenden sieben Partien den fast sicher geglaubten Aufstieg doch noch verspielen, würden nicht nur mögliche Fehler und Versäumnisse der vergangenen zwei, drei Monate intern aufgearbeitet, sondern sehr wahrscheinlich auch eine weitere Zusammenarbeit mit Kauczinski ernsthaft hinterfragt werden. Käme man zu dem Schluss, besser getrennte Wege zu gehen, müsste der Trainer nicht mal entlassen werden. Sein Vertrag läuft am Saisonende einfach aus - aufgrund der finanziell angespannten Corona-Lage kein allzu abwegiges Szenario.

Denkbar ebenfalls: Auch Kauczinski wartet bewusst ab, weil er womöglich auch andere Angebote vorliegen hat. "Um meine Person mache ich mir gar keinen Kopf", hat er vor fünf, sechs Wochen schon gesagt. Der 51-Jährige ist lange im Geschäft, kennt die Mechanismen. Bei Zweitligist St. Pauli haben sie ihn beispielsweise im April 2019 entlassen bei vier Punkten Rückstand auf den Aufstiegsrelegationsplatz. "Da bist du als Trainer zweitrangig. Das finde ich jetzt auch gar nicht schlimm. Es ist wichtig, dass die Mannschaft im Fokus bleibt und dass wir unsere Ziele erreichen. Alles andere wird sich fügen", betont Kauczinski.

Selbst sein Abschied noch vor dem Saisonende wird derzeit diskutiert, zumindest in Fanforen und nach dem 0:2 in Unterhaching besonders intensiv. Parallelen gibt es auch dafür, sogar im eigenen Verein. Im April 2011 entließ Dynamo nach einer 0:1-Niederlage in Rostock seinen Cheftrainer Matthias Maucksch. Mit Nachfolger Ralf Loose gelang dann doch noch der Zweitliga-Aufstieg durch eine kaum für möglich gehaltene Aufholjagd und den Erfolg in der Relegation gegen Osnabrück.

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