Dynamos Alltag zwischen Ostduell und Negativ-Serie

Dresden. Krise? Welche Krise? Nach den beiden Auftaktniederlagen in der 3. Liga sowie im DFB-Pokal ist Dynamo Dresdens Sieglos-Serie mittlerweile auf 21 Partien angewachsen. Und am Samstag beim Ostduell in Halle könnte nun der wenig rühmliche Vereinsrekord von 1994/95 übertroffen werden, als Dresden in der bislang letzten Bundesliga-Saison 21 Mal hintereinander nicht gewonnen hatte. Bei Dynamo geben sie sich indes unverändert tiefenentspannt.
Tatsächlich ist es wohl zu früh, von einem Fehlstart zu sprechen. Sowohl gegen 1860 München, den anderen großen Aufstiegsfavoriten in der Liga, kann man verlieren (3:4) als auch im Pokal gegen Erstligist Stuttgart (0:1) – zumal die Leistungen jeweils vielversprechend waren, phasenweise jedenfalls. Doch was ist, wenn es gegen den Halleschen FC wieder nicht mit einem Sieg klappt? „Damit befasse ich mich nicht. Ich befasse mich nur damit, wie wir Spiele gewinnen können“, sagt Markus Anfang, und Dynamos Cheftrainer lässt gar nicht erst so etwas wie Krisengerede aufkommen. „Ich mache mir jetzt keine Gedanken darüber, wie es nach dem Spiel in Halle sein wird“, betont Anfang. Sein Ansatz: „Wir wollen nichts vermeiden oder verhindern, wir wollen etwas gewinnen.“
Die drohende Rekord-Negativserie beschäftige weder ihn noch die Mannschaft („Was letzte Saison war, ist überhaupt kein Thema. Wir nehmen keine Altlasten mit“). Und dass Halle nach der Auftaktniederlage in Zwickau mehr denn je als Abstiegskandidat gehandelt wird, interessiert Anfang gleich gar nicht. „Solche Aussagen werden von außen gemacht, durch Umfragen. Ich glaube nicht, dass Halle der absolute Abstiegskandidat ist“, sagt der 48-Jährige.Anfang ist ohnehin ganz bei sich und seiner Mannschaft. „Wenn du guten Fußball spielst, wenig Chancen zulässt und deine Chancen nutzt“, meint er, „wird zwangsläufig auch das Ergebnis irgendwann passen.“ Dennoch ist ihm klar: „Wir brauchen ein Erfolgserlebnis, wir brauchen Punkte und Siege, gerade nach den ersten zwei Spielen.“
Eine gewisse Brisanz ist schließlich vorhanden, personell wie auch sportlich. Zum einen stehen inzwischen auf der Liste der Langzeitverletzten mit Luca Herrmann, Panagiotis Vlachodimos, Jongmin Seo und Robin Becker vier Namen, Michael Akoto wird mit einer Sprunggelenksblessur nach Aussage des Trainers zumindest ein paar Wochen ausfallen. Und Kevin Ehlers ist zwar diese Woche ins Mannschaftstraining eingestiegen, fest planen kann Anfang mit ihm aufgrund offenbar regelmäßig wiederkehrender muskulärer Probleme derzeit aber ebenso wenig wie mit Yannick Stark und Paul Will, die ihre langwierigen Verletzungen gerade erst überwunden haben.
Macht in Summe acht Spieler, die bestenfalls eingeschränkt zur Verfügung stehen. Vor der ersten dieser sogenannten englischen Wochen mit drei Partien binnen acht Tagen, in denen Trainer gern personell rotieren, um die Belastung einigermaßen gleichmäßig zu verteilen, sind das nicht die besten Voraussetzungen.
Erschwerend hinzu kommt, und das ist die sportliche Komponente, der Spielplan: Halle, Verl, Viktoria Köln – die nächsten drei wenig namhaften Gegner lassen die nie geringe Erwartungshaltung in Fußball-Dresden erfahrungsgemäß in die Höhe schnellen, und beim Ostduell zu Beginn sind noch zusätzliche Emotionen im Spiel. Anfang weiß auch das, und doch versucht er, den Blick auf das sportlich Wesentliche zu lenken. „Für die Fans ist es etwas ganz Besonderes, für uns ein Meisterschaftsspiel. Wir wollen einfach mal als Sieger vom Feld gehen – was uns in den ersten beiden Spielen nicht geglückt ist. Deshalb konzentrieren wir uns auf uns. Das ist die Aufgabe: Bei aller Emotion die Klarheit zu haben und diesen unbedingten Willen, diese Partie für uns zu entscheiden.“
Intern hat sich Anfang mit Sportchef Ralf Becker und Kaderplaner Kristian Walter darauf verständigt, die Lage nach der englischen Woche noch mal grundsätzlich zu bewerten. Dabei geht es aus Sicht des Trainers aber nicht darum, kurzfristige Probleme auf einzelnen Positionen zu lösen, sondern bei Bedarf Verstärkungen für die gesamte Saison zu finden. „Wir sind uns schon bewusst, dass wir in eine Situation kommen können, in der wir noch einmal handeln müssen“, sagt Anfang.