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Mit „Hansi“ Kreische auf der Wiese gebolzt

Christian Helm bejubelte mit Dynamo vier Meistertitel. Am Donnerstag feierte er in Heidenau seinen 70. Geburtstag.

Von Jürgen Schwarz
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Christian Helm mit einer Grätsche im Oberliga-Punktspiel am 13. Oktober 1973 gegen Sachsenring Zwickau – Teamkollege Hartmut Schade (r.) beobachtet die Szene.
Christian Helm mit einer Grätsche im Oberliga-Punktspiel am 13. Oktober 1973 gegen Sachsenring Zwickau – Teamkollege Hartmut Schade (r.) beobachtet die Szene. © Archiv: Frank Kruczynski

Heidenau. Er spricht es mit einem Schmunzeln aus: „Von elf Spielern auf dem Platz war ich manchmal der Einzige, der kein Länderspiel bestritten hatte.“ Christian Helm spielte bis 1983 für Dynamo, wurde mit den Dresdnern viermal Meister und zweimal Pokalsieger. Am Donnerstag feierte er seinen 70. Geburtstag.

„Keine besonderen Vorkommnisse“, antwortet Helm, der in Heidenau lebt, auf die Frage, wie es ihm gesundheitlich geht. Sein spitzbübisches Lächeln hat er sich bewahrt – und auf eine große Geburtstagssause verzichtet. „Wir haben im kleinen Familienkreis gefeiert. Mehr ist zurzeit ja kaum möglich.“ Auch auf seinen fast schon traditionellen Skiurlaub verzichtet der Ex-Dynamo. „Man muss da nichts erzwingen, zumal solche Reisen während der Corona-Pandemie auch mit viel Ungewissheit und Stress verbunden sind. Das muss ich mir nicht antun.“

Christian Helm bestritt 188 Punkt- und 33 Europapokalspiele. Am 15. September 1976 stand er erstmals bei einem EC-Spiel der Dresdner in der Startelf. Peter Kotte und Dieter Riedel sorgten vor 33.000 Zuschauern für einen 2:0-Heimsieg über Benfica Lissabon. Im Rückspiel reichte ein torloses Remis in der portugiesischen Hauptstadt zum Weiterkommen.

Absolut bitter war dagegen Helms Abschied von der europäischen Bühne. Am 4. November 1981 empfing Dynamo im Uefa-Cup Feyenoord Rotterdam zum Rückspiel. Nach der 1:2-Hinspielniederlage sorgte Frank Lippmann in der 85. Minute mit dem 1:0 für Partystimmung unter den 33.000 Zuschauern im Rudolf-Harbig-Stadion. Doch praktisch mit dem Schlusspfiff glichen die Niederländer durch Luuk Balkestein aus.

Dazwischen lagen legendäre EC-Duelle gegen Juventus Turin, Bayern München, Atletico Madrid oder den FC Liverpool. „Bei der Auslosung der Europapokalpartien saß ich immer am Radio und hoffte, dass es wieder in den Westen geht“, sagt Helm. „Besonders hart war daher ein Erlebnis 1976. Wir bekamen den FC Liverpool zugelost, aber mein Visum lag nicht rechtzeitig vor und ich musste in Dresden bleiben.“ Schon eineinhalb Jahr später ging es wieder gegen Liverpool. Dynamo gewann im Rückspiel mit 2:1, war aber im Hinspiel auf der Insel mit 1:5 untergegangen.

Als Zehnjähriger zu den Schwarz-Gelben

Zu Dynamo war Christan Helm als Zehnjähriger gekommen. „Ich habe damals immer mit Hansi Kreische auf einer Wiese in der Südvorstadt gebolzt und bin dann eines Tages einfach mal mit zum Training gegangen.“ Als Außenverteidiger war Helm über Jahre eine feste Größe bei den Dresdnern, „obwohl ich nicht unbedingt ein Dauerläufer war“. Den vermeintlichen Nachteil machte Helm mit seiner Grund- und Handlungsschnelligkeit sowie einem großen taktischen Verständnis wett.

Zu einem Länderspiel reichte es trotzdem nicht, obwohl er 1974 mit der Nachwuchsauswahl der DDR Vize-Europameister geworden war. „1979 war ich ganz dicht dran“, erklärt Helm. Auswahltrainer Georg Buschner hatte ihn für das Länderspiel gegen Polen (2:1) nachnominiert, weil sich der Rostocker Stammverteidiger Gerd Kische angeblich verletzt hatte. „Als ich in der Sportschule ankam, lief Kische dort allerdings putzmunter herum. Trotzdem durfte ich bleiben und saß zumindest auf der Ersatzbank.“

it 31 war Helms aktive Laufbahn beendet. Sprunggelenk, Innen- und Außenband sowie das Wadenbein hatte es erwischt. Im Gegensatz zu vielen seiner Mitspieler verließ Helm 1983 den Verein. „Dynamos ehemaliger Clubchef Horst Rohne war inzwischen Sektionsleiter in Zinnwald und bot mir den Job als Technikchef bei den Rodlern an. Für mich als gelernten Maschinenbauer passte das.“

Auch mit 70 kann Christian Helm noch spitzbübisch grinsen.
Auch mit 70 kann Christian Helm noch spitzbübisch grinsen. © Jürgen Schwarz

Zumal Helm mit den deutschen Rodel-Assen weiterhin ins nichtsozialistische Ausland reisen durfte. Während der politischen Wende musste sich der ehemalige Fußballer beruflich noch einmal neu orientieren. „Ich schrieb auf eine Zeitungsannonce und wurde Promotion-Leiter für Rothmanns Zigaretten GmbH. Auch da war ich zunächst ständig auf Achse.“

Im Juni 2006 kam das Angebot, in den Vorruhestand zu gehen. Helm griff zu und hatte nun wieder Zeit für den Fußballsport. Als Übungsleiter war er drei Jahre zusammen mit Frank Lippmann in Pirna tätig, 2012/13 betreute er die zweite Mannschaft des Heidenauer SV. Auch sein Sohn Felix (28) machte sich in der Region einen Namen als Fußballer, spielte unter anderem für Heidenau, den SV Wesenitztal und den VfL Pirna-Copitz.

„Ich war dadurch auch immer unterwegs, habe mir etliche Spiele angeschaut. Schade, dass er seit 2019 nicht mehr spielt“, sagt der Vater. Und lässt wieder seinen Humor aufblitzen: „Felix war fertig mit dem Studium, da hat er das Geld vom Fußballspielen nicht mehr gebraucht.“