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Testroet wundert sich über seinen Ex-Verein Dynamo

Das Duell zwischen Sandhausen und Dresden ist brisant genug. Stürmer Pascal Testroet könnte für weiteren Zündstoff sorgen, wenn er wieder gegen seinen Ex-Verein trifft. Den Abstieg wünscht er Dynamo nicht.

Von Daniel Klein
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Pascal Testroet trifft in dieser Saison regelmäßig für Sandhausen. Auch am Sonntag gegen Dynamo?
Pascal Testroet trifft in dieser Saison regelmäßig für Sandhausen. Auch am Sonntag gegen Dynamo? © dpa/Picture Alliance/Robert Michael

Es gäbe noch andere geeignete Gesprächspartner. Alexander Esswein zum Beispiel. Oder Dario Dumic. Oder Erich Berko. Oder Tim Kister. Alle mit Dynamo-Vergangenheit und nun beim SV Sandhausen. Doch keiner kann Brisanz und Bedeutung des Duells am Sonntag so gut einordnen und beschreiben wie Pascal Testroet. Es trafen derart viele Interviewwünsche für ihn ein, dass der Pressesprecher des SVS kurzerhand alle Fragen sammelte, das Gespräch selbst führte und dann an die Redaktionen verteilte.

Drei Spielzeiten war Testroet in Dresden, hatte mit 18 Toren maßgeblichen Anteil am Zweitliga-Aufstieg 2016, wurde von den Fans als Fußballgott gefeiert. Zwei Jahre und einen Kreuzbandriss später passte Testroet plötzlich nicht mehr ins System, ging nach Aue. Dort wurde er erneut ausgemustert, wieder nach drei Jahren und aus dem gleichen Grund. Seit dem Sommer spielt er nun in der Provinz, das Image haftet Sandhausen hartnäckig an – selbst nach einem Jahrzehnt in der 2. Bundesliga.

In den zehn Jahren kämpfte die Mannschaft meist um den Klassenerhalt, das ist auch diesmal so. Viertletzter ist Sandhausen und drei Punkte besser als Sonntagsgast Dynamo, der nun schon einige Wochen auf dem Abstiegs-Relegationsplatz steht. Sechs Spieltage vorm Saisonende ist das eine heikle Konstellation. Oder ein „wegweisendes Spiel“, wie es Testroet formuliert. Und er ahnt, wie es auf dem Rasen zugehen wird: „Kampf, Kampf, Kampf. Es wird eng und intensiv, sehr wahrscheinlich nicht schön.“ Abstiegskampf eben.

Die Ausgangslage kennt der 31-Jährige und weiß, bei welcher Mannschaft der Druck größer ist: „Sollten wir gewinnen, hätten wir sechs Punkte Vorsprung bei fünf noch ausstehenden Spielen. Das wäre eine gute Basis.“ Bei einer Niederlage würde Dynamo aufgrund des Torverhältnisses vorbeiziehen. Testroet wundert sich noch immer, wie sein Ex-Verein „da unten reinrutschen konnte. Damit habe ich nicht gerechnet, ich kann es mir auch nicht erklären“, sagt er, „nach der überzeugenden Hinrunde und vor allem dem Saisonstart. Ich dachte, die Basis reicht bis zum Ende. Manchmal ist es jedoch verrückt im Fußball, es geht ganz schnell in die eine oder in die andere Richtung.“

Noch immer wartet Dynamo auf den ersten Sieg der Rückrunde, daran hat auch der Trainerwechsel von Alexander Schmidt zu Guerino Capretti bisher nichts ändern können. Der bekam es seit Amtsantritt in den vier Spielen ausschließlich mit Teams aus dem oberen Tabellendrittel zu tun. Das ist am Sonntag anders. Ob es damit einfacher wird? Testroet fasst schon mal zusammen, was Dynamo erwartet. „Unsere Devise ist: Hinten gut stehen, die Null halten und vorne die wenigen Chancen nutzen.“ Das hat vor allem nach dem Jahreswechsel ganz gut funktioniert. Sandhausen ist der ungekrönte Effektivitätsmeister der zweiten Liga. „Da sind wir verdammt gut.“

Ein Beispiel dafür ist das Hinspiel Ende Oktober. Nach einem Eckball fiel Testroet der Ball eher zufällig vor die Füße, volley versenkte er ihn unhaltbar im Dynamo-Tor. Es blieb der einzige Treffer des Nachmittags. Jubeln wollte er damals nicht und sprach hinterher von einem „mulmigen Gefühl“. Gegen eine Duplizität der Ereignisse am Sonntag hätte der gebürtige Bocholter trotzdem nichts einzuwenden. „Es wäre schön, wenn ich wieder meinen Beitrag leisten könnte, damit wir das Spiel gewinnen“, sagt er, fügt aber gleich an: „Ich wünsche Dresden mit Sicherheit nicht die Relegation oder gar den Abstieg. Doch am Sonntag denke ich ganz klar an meinen Klub und an meine Mannschaft.“

Die drei Jahre bei Dynamo bezeichnet er mit einigem Abstand immer noch als „eine ganz besondere Station. Ich hatte eine tolle Zeit dort.“ Die Kontakte werden allerdings von Jahr zu Jahr weniger, „die meisten sind nicht mehr im Verein“. Mit Physiotherapeut Tobias Lange, der ihm damals geholfen hatte, nach dem Kreuzbandriss wieder fit zu werden, tauscht sich Testroet aber weiter regelmäßig aus.

Es könnte im Stadion am Hardtwald nicht nur das Duell von zwei Abstiegskandidaten werden, sondern auch das von zwei Torjägern. Testroet erzielte bei 19 Startelf-Einsätzen in dieser Saison neun Treffer, bei Christoph Daferner ist das Verhältnis ähnlich: 26:12. Der Dynamo-Angreifer ist rechtzeitig nach seiner Corona-Auszeit wieder zurück. In der Saison 2019/20 spielten beide zusammen in Aue, Daferner kam aber fast nur zu Kurzeinsätzen. „Seine Laufbereitschaft war damals schon top“, erinnert sich Testroet. „Was ihm da noch fehlte, war das Näschen, das man braucht, um Tore zu schießen. In Dresden hat er sich gut entwickelt, spielt mit viel Einsatz, Leidenschaft, ist zweikampfstark – und noch jung.“ Sieben Jahre trennen beide.

Bei Testroet biegt die Karriere allmählich auf die Schlussgerade, wie lange sein Vertrag in Sandhausen noch läuft, wurde nie kommuniziert. Doch er wird wohl bleiben – falls Sandhausen auch im elften Jahr in Folge die Klasse hält. „Ich fühle mich hier wohl, darf immer spielen, was sehr wichtig ist. Ich sehe keinen Grund, warum sich was ändern sollte“, sagt er.

Er selbst kann helfen, seine Zukunft am Sonntag entscheidend mitzugestalten.