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Der Mann, der Dynamos Publikumsliebling fit machte

Frank Friedl ist Sportphysiotherapeut und Personal-Trainer. Der Dresdner hat großen Anteil am starken Comeback von Niklas Kreuzer - so hat er mit ihm gearbeitet.

Von Sven Geisler
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Frank Friedl hat den Master als Sportphysiotherapeut und sich in Dresden in einer Privatpraxis mit Bewegungslabor selbstständig gemacht.
Frank Friedl hat den Master als Sportphysiotherapeut und sich in Dresden in einer Privatpraxis mit Bewegungslabor selbstständig gemacht. © Foto: Ronald Bonß

Dresden. Es war eine verdammt lange Zeit, eine, die Niklas Kreuzer mit dem bösen Sch-Wort beschreibt. Deshalb will er sie jetzt aus dem Kopf kriegen, schließlich hat er sie überstanden, wobei es das nicht ganz trifft. Also besser: gemeistert. Als der 27 Jahre alte Fußball-Profi im Herbst immer noch keinen neuen Verein gefunden hatte, wurde ihm bewusst, „dass es nichts bringt, weiterhin die Laufschuhe zu schnüren und im Wald rennen zu gehen“, wie er sagt.

Kreuzer brauchte jemanden, der ihm hilft, die fußballspezifischen Abläufe mindestens zu simulieren. Einen Tipp bekam er von Benjamin Kirsten. Der Torwart, mit dem er einst bei Dynamo zusammengespielt hatte, kämpft nach einer Meniskus-Transplantation um eine Chance auf ein Comeback, arbeitet dabei mit Frank Friedl zusammen. Der Name ist in Dresden und bei den Schwarz-Gelben ein Begriff. Vater Horst hat die Mannschaft von 1973 bis Ende der 1990er-Jahre als Physiotherapeut betreut, Mutter Kerstin kam 1992 dazu. Sie gründete 1997 im Stadion eine eigene Praxis, die Friedls an anderer Stelle weiterhin betreiben und in der ihr Sohn in den Beruf eingestiegen ist.

Basketball bei den Titans gespielt

„Ich bin ein Kind der Physiotherapie“, meint Friedl junior. Bis zur B-Jugend hat er bei Dynamo gespielt, die bessere sportliche Perspektive aber dann beim Basketball und den Dresden Titans gesehen. Doch die Karriere endete mit heftigen Knieproblemen, er hatte zu intensiv trainiert und sich ein Patellaspitzensyndrom eingehandelt, eine Entzündung der Sehne an der Kniescheibe. „Ich konnte vor Schmerzen zeitweise im Auto oder Kino nicht mehr sitzen.“

Niklas Kreuzer hat bei Dynamos 3:1-Sieg gegen Lübeck ein erstaunliches Comeback gegeben.
Niklas Kreuzer hat bei Dynamos 3:1-Sieg gegen Lübeck ein erstaunliches Comeback gegeben. ©  Foto: dpa/Robert Michael

Diese Erfahrung ist ein Ansatz für seine Arbeit. „Viele denken, Training müsse hart sein“, sagt Friedl – und er hält dagegen: „Nein, es muss zielorientiert sein.“ Er achtet deshalb als Personal-Trainer auf die sportartspezifischen Anforderungen, um konkret an den entscheidenden Faktoren arbeiten zu können. In seinem Bewegungslabor hat er Kreuzer zunächst daraufhin durchgecheckt.

Das Ergebnis: Ausdauer passt, aber an Maximal- und Schnellkraft kann er zulegen. „Niklas ist sehr schnell, trotzdem haben wir festgestellt, dass er sich im Antritt auf den ersten fünf Metern verbessern und das Tempo in der Bewegung effektiver nutzen kann“, erklärt Friedl einen Schwerpunkt der Zusammenarbeit, die knapp drei Monate dauerte. Sein Beispiel: „Es ist gut und schön, höher springen zu können, aber ich muss es im Kopfballduell auch umsetzen.“ Es geht um Abläufe, um Agilität, um Explosivität.

An fünf Tagen in der Woche haben sie zwei bis zweieinhalb Stunden trainiert, was nach großer Anstrengung klingt – und das auch ist. „Wir haben aber auch überprüft, wie er die Belastung verkraftet, wie er nachts regeneriert“, betont Friedl. „Wir wissen viel darüber, wie wir die Athleten belasten, aber jeder reagiert darauf individuell. Der Heilige Gral ist die Regeneration und – damit verbunden – die langfristige und strukturierte Steuerung.“

Master für Sportphysiotherapie in Salzburg abgeschlossen

Kreuzer war nicht nur in dieser Hinsicht ein angenehmer Kunde. „Wer seinen Körper jeden Tag stählt, entwickelt ein Gespür dafür, was ihm guttut und welche Fortschritte er erreicht“, meint Friedl, der ein Fernstudium an der Universität in Salzburg 2016 mit dem Master in Sportphysiotherapie abgeschlossen hat. Der 34 Jahre alte Dresdner betreut Leichtathleten, Bobfahrer, Skeletonis, Motorsportler, Eishockey-, Volleyball- und eben Fußballprofis. „Wenn du als Athlet von Woche zu Woche siehst, dass auch etwas passiert, ist die Motivation automatisch gegeben“, sagt er.

Was für ein Einstand nach seiner Rückkehr zu Dynamo: Niklas Kreuzer (l.) jubelt nach seinem Tor zum zwischenzeitlichen 3:0 für die Schwarz-Gelben beim Heimsieg gegen Lübeck. VfB-Torwart Lukas Raeder ärgert sich, könnte aber gegen den Schuss nichts ausrich
Was für ein Einstand nach seiner Rückkehr zu Dynamo: Niklas Kreuzer (l.) jubelt nach seinem Tor zum zwischenzeitlichen 3:0 für die Schwarz-Gelben beim Heimsieg gegen Lübeck. VfB-Torwart Lukas Raeder ärgert sich, könnte aber gegen den Schuss nichts ausrich © dpa/Robert Michael

Oft geht es darum, sie nach einer Verletzung wieder fit zu bekommen, damit hat es sich für ihn aber nicht erledigt. „Nach der Reha beginnt die Prävention.“ Bei Kreuzer war es eine gezielte Vorbereitung auf seinen Wiedereinstieg ins Fußballtraining, von dem beide nicht wussten, wann es soweit sein würde. Nach dem Abstieg aus der zweiten Liga war der Vertrag mit einem der damals dienstältesten Spieler bei Dynamo nicht verlängert worden. Einige vermeintlich lukrative Angebote erwiesen sich als leere Versprechungen, Kreuzer räumte ein, die Situation unterschätzt zu haben. „In meinem Kopf war die 3. Liga einfach nicht präsent“, sagte er kürzlich im Interview.

Umso demütiger kehrte er Ende Januar zur SGD zurück. Was dabei erstaunt: Nur 13 Tage nach dem Einstieg ins Mannschaftstraining und 231 Tage nach seinem bis dato letzten Spiel stand Kreuzer beim 3:1-Sieg am vorigen Sonntag gegen Lübeck in der Startelf, erzielte ein Tor und hielt 85 Minuten durch, obwohl „ab der 70. Minute die Beine schon schwer wurden“, wie er jetzt einräumt. „Ich war schon ein bisschen überrascht, dass es so schnell geht. Die Idee war eigentlich, dass es noch ein paar Wochen dauert“, berichtet Kreuzer.

Über die vielen Glückwünsche hat er sich gefreut, der Rummel um seine Person aber ist ihm unangenehm, erst recht, wenn der Trainer neben ihm sitzt wie bei der Pressekonferenz am Donnerstag. Markus Kauczinski mahnt jedenfalls, der Prozess, fit zu werden und anzukommen, sei bei Kreuzer nicht abgeschlossen. Wie Friedl achtet auch Dynamos Chefcoach darauf, die Belastung zu steuern, um das Verletzungsrisiko zu minimieren. „Wir sind immer noch in der Aufbauphase. Das zeigen auch die Blutwerte“, betont der 50-Jährige.

Königsdörffer nach Sperre wieder dabei

Deshalb könnte es passieren, dass Kreuzer am Samstag beim Spiel in Zwickau, das für Dynamo zum Festtag werden soll, trotz seines guten Einstandes erst einmal draußen bleibt. Sein Blitzstart war notwendig geworden, weil Ransford-Yeboah Königsdörffer nach der fünften Gelben Karte fehlte. Die Sperre hat der 19-Jährige abgesessen und Kauczinski wieder das, was er für die Aufstellung am liebsten mag: die Qual der Wahl. Für wen er sich entscheidet, lässt er wie immer offen. „Ich weiß auch, dass ich schon noch etwas brauche, um an die 100 Prozent zu kommen“, sagt Kreuzer.

Endlich wieder mittendrin und vor allem dabei: Nach seinem Treffer genießt Niklas Kreuzer (5. v. l.) die Glückwünsche der Mitspieler.
Endlich wieder mittendrin und vor allem dabei: Nach seinem Treffer genießt Niklas Kreuzer (5. v. l.) die Glückwünsche der Mitspieler. © dpa/Robert Michael

Aber ein gutes Fundament hat er gelegt mit Frank Friedl, der seinerseits darauf verweist: „Die Fitness fürs Fußballspielen prägst du am besten aus, wenn du Fußball spielst.“ Das kann Kreuzer nun wieder. Aus der schwierigen Zeit ist er gestärkt hervorgegangen. Dafür dankt er außer seiner Familie auch dem Personal-Trainer.

Die Partie in Zwickau beginnt am Samstag im 14 Uhr, Sächsische.de berichtet wie immer ausführlich im Liveticker.

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