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Ukrainer, Kriegsflüchtling und nun Profi bei Dynamo

Kyrylo Melichenko musste vor dem Krieg in seinem Heimatland fliehen. Dynamo holte den 23-Jährigen nach Dresden. Nun erhält er einen Vertrag beim Fußball-Drittligisten.

Von Timotheus Eimert
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Für die Zukunft habe Dynamos 13. Neuzugang nur einen großen Wunsch. „Frieden in der Ukraine“, erklärt Kyrylo Melichenko.
Für die Zukunft habe Dynamos 13. Neuzugang nur einen großen Wunsch. „Frieden in der Ukraine“, erklärt Kyrylo Melichenko. © SG Dynamo Dresden/Markus Zeumer

Dresden. Seine Geschichte ist besonders: Vor fünf Monaten ist der Ukrainer Kyrylo Melichenko wie viele seiner Landsleute vor dem Krieg in seinem Heimatland geflohen. Seit März hält sich der Fußballprofi bei Dynamo fit und darf sich nun über einen Vertrag beim Fußball-Drittligisten freuen. Wie der Verein mitteilt, wechselt Melichenko vom ukrainischen Erstligisten FK Mariupol nach Dresden und erhält einen Vertrag bis zum 30. Juni 2024.

Ob Dynamo eine Ablöse für seinen 13. Neuzugang, der noch bis zum 31. Dezember 2023 in Mariupol unter Vertrag stand, bezahlen musste und wie hoch diese ausgefallen ist, kommunizierte der Verein nicht. „Ich weiß, dass ich großes Glück hatte und möchte – als Mensch und als Fußballer – ganz viel zurückgeben und bin stolz, das Dynamo-Trikot tragen zu dürfen. Für die Zukunft habe ich nur einen großen Wunsch: Frieden in der Ukraine“, erklärt Melichenko.

Trainer Markus Anfang hätte den Rechtsverteidiger schon länger fest verpflichtet. Ein Transfer war jedoch nicht so einfach. Hintergrund waren verschiedene Regeln zur Aufenthaltsgenehmigung und Arbeitserlaubnis. Diese hat er nun durch die jeweiligen Behörden erhalten, teilt Dynamo mit. „Es waren bewegende Momente, wie offenherzig und hilfsbereit die Mannschaft und die ‚Dynamofamilie‘ Kyrylo Melichenko in einer absoluten Notsituation vom ersten Tag an aufgenommen haben. Schnell war zu spüren, dass eine besondere Beziehung entsteht und er auch sportlich riesig Lust darauf hat, sich bei Dynamo durchzusetzen“, erklärt Sportchef Ralf Becker.

Melichenko erhält bei Dynamo die Rückennummer 17

Im März hatte er noch betont, dass der humanitäre Gedanke ganz klar im Vordergrund stünde. „Der Spieler hat einen gültigen Vertrag mit dem FK Mariupol, und es geht zunächst schlichtweg darum, in dieser Notsituation zu helfen. Wir möchten ihn dabei unterstützen, sich fit zu halten, damit er nach dem hoffentlich baldigen Ende des Krieges seine gerade erst so richtig begonnene Karriere fortsetzen kann“, sagte er damals.

Von einer Verpflichtung war damals nicht die Rede. Das hat sich nun geändert. In seinem Heimatland ist an Fußball derzeit nicht zu denken, auch wenn am 23. August der Spielbetrieb in der erste ukrainische Liga wieder aufgenommen werden soll. Spielstätte und das Trainingsgelände des FK Mariupols seien nahezu vollständig zerstört worden.

Er ist Dynamos 13. Neuzugang: Kyrylo Melichenko, der als Kriegsflüchtling nach Dresden kam und nun fest verpflichtet wurde.
Er ist Dynamos 13. Neuzugang: Kyrylo Melichenko, der als Kriegsflüchtling nach Dresden kam und nun fest verpflichtet wurde. © SG Dynamo Dresden/Dennis Hetzschold

Im Trainingslager konnte sich Melichenko, der bei Dynamo die Rückennummer 17 tragen wird, für einen Vertrag empfehlen. Am Wochenende stand er gegen FK Teplice bei der Generalprobe vor dem Ligastart am Samstag auch in der Startelf. „Daher sind wir sehr glücklich, mit Kyrylo nicht nur unsere Defensive zu verstärken, sondern auch einem jungen Menschen mit einem großen Herz eine Perspektive geben zu können. Wir sind überzeugt, dass er mit seiner Zweikampfstärke, seiner Mentalität und seiner defensiven Flexibilität eine sehr gute Rolle in unserer Mannschaft spielen wird“, meint Becker.

Melichenkos Freundin vermittelte den Kontakt zu Dynamo

Dass Melichenko überhaupt in Dresden bei Dynamo gelandet ist, hat er seiner Freundin Anya, die im Juni Dynamos Heimtrikot präsentierte, zu verdanken. Sie hat ein Jahr in Potsdam als Krankenschwester gearbeitet und beherrscht deshalb die deutsche Sprache. Nach dem Ausbruch des Krieges habe sie mehrere Vereine in Deutschland angeschrieben. „Dynamo hat innerhalb von zwei Stunden geantwortet und Hilfe angeboten. Zwei Tage später waren wir in Dresden“, berichtete Shevschuk im April.

Sie weilte zum Zeitpunkt des Kriegsausbruches in ihrer Heimatstadt Kiew bei ihren Eltern, während ihr Freund mit dem FK Mariupol in einem Trainingslager in der Türkei war. Am 24. Februar saß das Team bereits im Flugzeug und sollte über den Flughafen in Odessa wieder nach Hause fliegen.

„Doch da war der Luftraum in der Ukraine bereits gesperrt. Wir sind dann wieder zurück ins Hotel gefahren“, erzählte Melichenko nach seinen ersten Trainingseinheiten bei Dynamo. Der Klub habe den Spielern dann mitgeteilt, dass sie sich Vereine suchen sollten, bei denen sie sich fit halten können.

Bei Melichenko, der am 7. Juni 1999 im ukrainischen Svitlovodsk geboren ist, wurde die Trainingsmöglichkeit bei Dynamo nun zur neuen sportlichen Heimat. Er durchlief sämtliche Nachwuchsmannschaften bei Shakhtar Donetsk, ehe er zum FK Minaj und anschließend zum FK Mariupol wechselte. Er lief 32-mal in der ersten Liga der Ukraine auf und erzielte dabei einen Treffer. Für die ukrainische U20-Nationalmannschaft absolvierte er zwei Länderspiele.