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Public Viewing: Wo man in Dresden und dem Rödertal die Fußball-WM schauen kann

Kurz bevor die ersten Weihnachtsmärkte öffnen, scheinen die wenigsten in WM-Stimmung zu sein. Wo man die Spiele trotzdem gemeinsam sehen kann und warum die meisten Wirte auf das Event verzichten.

Von Dominique Bielmeier & Andreas Weller
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Szenen, die man in diesem Jahr wohl eher nicht sehen wird: Zur Fußball-Weltmeisterschaft 2018 schauten Tausende Menschen gemeinsam die Spiele.
Szenen, die man in diesem Jahr wohl eher nicht sehen wird: Zur Fußball-Weltmeisterschaft 2018 schauten Tausende Menschen gemeinsam die Spiele. © Bernd von Jutrczenka/dpa (Archiv)

Dresden. Die Fußballweltmeisterschaft dürfte die bisher wohl umstrittenste sein. Die prekäre menschenrechtliche Lage in dem arabischen Land und der Tod von Tausenden Arbeitern beim Bau der Super-Stadien haben dazu geführt, dass mittlerweile viele Fans zum Boykott der Spiele aufrufen.

Hinzu kommt, dass die WM dieses Mal im Winter stattfindet, wenn die Gedanken vieler Menschen eher bei Glühwein und Striezel sein dürften, als bei einem möglichen fußballerischen "Wintermärchen". Wie ist die Stimmung in Dresden? Kann man hier überhaupt gemeinsam beim Public Viewing ins Fußballfieber verfallen, wenn am Mittwoch um 14 Uhr die deutsche Nationalmannschaft gegen Japan spielt? Ein Überblick.

Fußball trifft Weihnachten: Public Viewing auf dem Augustusmarkt

Dass Fußball und Adventszeit sehr wohl zusammengehen, will jedoch der Augustusmarkt am Goldenen Reiter beweisen, der am 23. November um 16 Uhr öffnet: Dort soll es mehrere kleine Public Viewings geben. Der große Monitor im Bereich vor der Dreikönisgkirche, wo sonst die Kinderbetreuung des Marktes ist, wird bei Spielen dann nach vorne gerückt.

Außerdem gibt es eine Miet-Pagode mit Platz für 20 bis 25 Personen und einem Fernseher. Diese kann für 50 Euro pro Stunde gemietet werden. Einige Gastronomen prüfen derzeit, ob sie an ihren Ständen auch die WM zeigen. Das müsse laut Holger Zastrow, der den Markt im Auftrag der Stadt durchführt, wegen der Kosten und Rechte noch geklärt werden.

Gezeigt werden sollen auf jeden Fall die Deutschland-Spiele, bis auf das erste gegen Japan, weil das zwei Stunden vor der Eröffnung des Marktes stattfindet. Wenn das Angebot angenommen wird, könnten auch andere Spiele gezeigt werden."Falls Deutschland das Finale erreichen sollte, lasse ich mir noch etwas einfallen", so Zastrow.

Alle Spiele - zumindest die unter der Woche ab 14 Uhr - will das Camps Bay an der Wasserskianlage Leuben übertragen. Auf der Facebookseite ist von einer "zusätzlich überdachten und beheizten Fläche in rustikaler natürlicher Atmosphäre" die Rede.

Nobel die WM-Spiele verfolgen kann man bei Kastenmeiers im Taschenbergpalais: Von Dienstag bis Samstag wird die Sushi-Bar bereits 16 Uhr geöffnet "für eine zusätzliche Stunde gefüllt mit Champagner, TV und familiärer Atmosphäre". Platz ist für 30 Gäste, die ohne Reservierung vorbeikommen können.

Dresdner Biergärten und Soccerarena verzichten auf Public Viewing

Bei Public Viewing denkt man üblicherweise an Biergärten und große Leinwände. Dafür ist es inzwischen aber schon deutlich zu kalt. Viele Dresdner Biergärten haben aber auch Restaurants beziehungsweise beheizte Innenbereiche. Nur: WM-Feeling wird wohl auch dort nicht aufkommen. Eine Mitarbeiterin vom Brauhaus Watzke berichtet, dass kein Public Viewing geplant sei. Sowohl aus Überzeugung, als auch, weil es einfach keine Nachfrage der Kunden gebe.

Gleiches berichtet Andreas Wünsche vom Elbegarten am Blauen Wunder. "Bis jetzt haben wir keine Nachfrage, den Leuten ist es egal", sagt der Wirt. "Es wird keine Euphorie sein." Die Leute hätten gerade eher mit Weihnachtsmärkten zu tun. Falls Gäste Deutschlandspiele sehen wollten, sei man zwar vorbereitet. "Aber wir preisen es nirgendwo an." Auch die Torwirtschaft im Großen Garten und der Fährgarten Johannstadt haben bisher keine Übertragung der Spiele geplant.

Die Radelbar in Kleinzschachwitz hat in der kalten Jahreszeit nur noch am Wochenende geöffnet. "Somit macht es für uns keinen Sinn Public Viewing anzubieten, zumal unsere Gäste eher die Ruhe und Abgeschiedenheit der Location lieben", erklärt Thomas Kimmel.

Selbst in der Soccerarena in Niedersedlitz ist kein Event geplant, erklärt Heiko Grothe. "Es gibt keine Nachfrage mehr, schon lange nicht mehr."

Kein städtisches Public Viewing in Dresden

Dass es zu dieser WM mit Public Viewing in Dresden nicht weit her ist, zeigt auch die Antwort auf eine Anfrage dazu bei der Stadtverwaltung. Sprecherin Anke Hoffmann teilt mit, dass der Stadt keine Anmeldungen vorlägen. "Für die Durchführung größerer Public-Viewing-Veranstaltungen dürfte in diesem Winter auch in der Innenstadt der Platz fehlen, da die Weihnachtsmärkte aufgebaut sind."

Auch von privaten Veranstaltungen in Versammlungsstätten oder Gastronomie-Einrichtungen weiß die Stadt nichts. Selbst organisiert die Verwaltung kein Public Viewing "und hat dies auch in der Vergangenheit nicht getan", so Hoffmann.

Wenige Public-Viewing-Angebote im Rödertal

Auch im Rödertal ist die Fußball-Stimmung bei den Wirten insgesamt mehr als verhalten. Mike Hirsch, Inhaber der Radeberger Pension "Zum Schillergarten", hatte schon Mitte Oktober auf Nachfrage erklärt, dass sich die WM für ihn nicht lohne. Der Aufbau eines beheizten Zeltes im Biergarten sei schon wegen der hohen Energiekosten ausgeschlossen.

Auch Holger Zastrow, Wirt der Hofewiese in der Dresdner Heide, hatte - anders als beim Augustusmarkt - schon vor einem Monat ausgeschlossen, die Spiele in seinem Landgasthof zu übertragen. Bereits in den vergangenen Jahren habe man mit der Resonanz auf diese Veranstaltungen gehadert. "Wir hatten uns da oft mehr Besucher vorgestellt."

Glück haben Public-Viewing-Fans dagegen im Radeberger Hotel "Kaiserhof". "Wir wollen in unserer Restaurant-Lounge ein paar Spiele zeigen", sagte Kaiserhof-Geschäftsführer Jens Richter Mitte Oktober. Dazu werde es "spezielle Fußball-Gerichte" geben. Ob es eine Live-Übertragung auch im Sportlerheim des SV Radeberg geben wird, werde kurzfristig entschieden.

Schauen oder boykottieren? Fans sind zwiegespalten

Auch unter Facebook-Followern von Sächsische.de kommt kein wirkliches WM-Feeling auf, wie die Antworten auf eine kurze Umfrage zeigen. In den gut 80 Kommentaren auf die Frage "Schaut ihr zu oder schaltet ihr ab" erklären rund 50 User, die WM nicht zu schauen, weil sie Fußball entweder ohnehin nicht interessiert, weil sie gerade eher in Weihnachtsstimmung sind und besonders häufig, weil sie die Spiele bewusst boykottieren. Ein gutes Dutzend der Kommentatoren will sich die Spiele aber anschauen, zumindest die der deutschen Mannschaft.

Das erste findet am Mittwoch, 23. November, statt. Um 14 Uhr spielt Deutschland gegen Japan. Nicht zuletzt die Spielzeiten könnten manchen Fan vom Schauen abhalten: Wegen der Zeitverschiebung beginnen die spätesten Spiele um 20 Uhr deutscher Zeit, viele finden am Nachmittag gegen 16 Uhr statt, manche sogar schon 11 Uhr morgens. (mit SZ/noa, rk)