Update Sport
Merken

Aogo: "Jeder Mensch macht Fehler"

Jens Lehmann entschuldigt sich mehrmals bei Dennis Aogo für seine rassistische Äußerung. Beide wollen sich nun treffen, um den Streit "aus dem Weg zu räumen".

 5 Min.
Teilen
Folgen
Ex-Nationaltorhüter Jens Lehmann hat sich bei Dennis Aogo entschuldigt. Allerdings bleibt er weiterhin von der Fußballwelt ausgeschlossen.
Ex-Nationaltorhüter Jens Lehmann hat sich bei Dennis Aogo entschuldigt. Allerdings bleibt er weiterhin von der Fußballwelt ausgeschlossen. © Archivfoto: Sven Hoppe/dpa

Berlin. Der frühere Fußball-Nationaltorhüter Jens Lehmann hat noch einmal für seine rassistische Nachricht an Dennis Aogo um Entschuldigung gebeten. "Wer mich kennt, weiß, dass diese Formulierung eine nicht ernst gemeinte, unüberlegte Dummheit war, die nicht das Geringste mit meiner persönlichen Einstellung zu tun hat. Man darf solche Sprüche nicht machen, sonst werden sie gesellschaftsfähig", schrieb Lehmann am Donnerstag bei Twitter.

Es sei ihm "sehr wichtig", dies klarzustellen. "Ich möchte mich dafür noch einmal von ganzem Herzen entschuldigen, ich bedauere meine Äußerung zutiefst und bitte jeden um Verzeihung, der sich dadurch verletzt gefühlt hat", so der 51-Jährige.

Aogo hatte schon am Mittwoch eine erste Entschuldigung Lehmanns angenommen. "Ich habe mit ihm zweimal telefoniert. Ich habe ihm abgenommen, dass es ihm leid tut. Ich fand nicht gut, was er geschrieben hat, auch die Formulierung nicht, und finde das ein Stück weit respektlos", sagte der Sky-Experte in einer Instagram-Story.

Allerdings wolle er auch betonen: "Jeder Mensch macht Fehler, jeder Mensch hat eine zweite Chance verdient. Und ich finde es auch nicht richtig, wie sich alle jetzt auf ihn stürzen. Für mich ist das Thema erledigt." Aogo kündigte ein baldiges Treffen mit Lehmann an, um die Kontroverse "aus dem Weg zu räumen".

Lehmann nach Rassismus-Eklat im Abseits

Jens Lehmann hat mit einer rassistischen Nachricht an den ehemaligen Fußball-Profi Dennis Aogo für große Empörung gesorgt und sich selbst ins Abseits manövriert. Der ehemalige Nationaltorwart verlor am Mittwoch seinen Posten als Aufsichtsrat beim Berliner Bundesligisten Hertha BSC, Investor Lars Windhorst kappte umgehend die Verbindungen. Zudem gaben sowohl Sky als auch Sport1 bekannt, dass Lehmann bei diesen beiden Sendern - wie früher öfters - nicht mehr eingeladen werde.

Lehmann hatte in einer Nachricht per WhatsApp an den ebenfalls ehemaligen Nationalspieler Aogo geschrieben: "Ist Dennis eigentlich euer quotenschwarzer?" Versehen war der Satz mit einem Lach-Smiley vor dem Fragezeichen. Aogo, der für den Sender Sky am Dienstagabend als Experte beim Halbfinal-Rückspiel der Champions League von Manchester City gegen Paris Saint-Germain im Einsatz gewesen war, hatte einen Screenshot der Nachricht bei Instagram Story veröffentlicht. Dazu veröffentlichte der 34-Jährige den Kommentar: "WOW dein Ernst? @jenslehmannofficial Die Nachricht war wohl nicht an mich gedacht!!!"

Screenshot Insta-Story von Dennis Aogo
Screenshot Insta-Story von Dennis Aogo © SZ

Nicht lange, nachdem Lehmann per Twitter veröffentlichte, sich bei Aogo entschuldigt zu haben, beendeten die Verantwortlichen bei Hertha BSC bereits die Zusammenarbeit mit dem 51-Jährigen, um weiteren Schaden für den Bundesligisten mitten im entscheidenden Kampf gegen den Abstieg abzuwenden.

Lehmann erhält Kritik von allen Seiten

"Die neue Führung von Hertha ist sehr konsequent, und das ist sehr positiv", lobte Trainer Pal Dardai bei einer Pressekonferenz zum Nachholspiel am Donnerstag (18.30 Uhr/DAZN) im Berliner Olympiastadion gegen den SC Freiburg. Er habe aber auch nicht gespürt, dass Lehmann eng bei der Mannschaft gewesen sei, betonte der Ungar.

Lehmann war im Mai vergangenen Jahres als Vertreter von Windhorst in den Aufsichtsrat als Nachfolger des ehemaligen Bundestrainers Jürgen Klinsmann eingezogen. Mit Aussagen zur Zielsetzung des Clubs vor dieser Saison und auch zum Coronavirus hatte Lehmann bereits für Irritationen gesorgt.

"Mir ist es unverständlich, dass ein überragender Torwart wie Jens Lehmann von 'Quotenschwarzen' spricht", schrieb DFB-Botschafter und Ex-Profi Jimmy Hartwig: "Nicht nur die Sprache ist das Erschreckende, sondern auch das Denken, das dahinter steckt. Der DFB und die Vereine leisten viel gegen Rassismus. Aber es ist leider immer noch ein weiter Weg in die Köpfe einiger Menschen."

In einer privaten Nachricht "von meinem Handy" an Aogo sei ein Eindruck entstanden, "für den ich mich im Gespräch mit Dennis entschuldigt habe", schrieb Lehmann am Mittwochvormittag bei Twitter. Als ehemaliger Nationalspieler sei Aogo "sehr fachkundig und hat eine tolle Präsenz und bringt bei Sky Quote".

Für diesen Beitrag erntete Lehmann bei Twitter weitere scharfe Kritik. "Du warst schon damals ein Vollidiot", twitterte sogar sein ehemaliger BVB-Mitspieler Karsten Baumann. Erst Anfang April hatten sich die Bosse des Berliner Bundesligisten nach umstrittenen Aussagen zum Handeln gezwungen gesehen. Damals trennte sich die Hertha von ihrem ungarischen Torwarttrainer Zsolt Petry.

Hertha BSC, Sky, Sport1 distanzieren sich von Lehmann

Zu Lehmanns Entgleisung bezogen die Verantwortlichen auch klar Stellung. "Solche Einlassungen entsprechen in keiner Weise den Werten, für die Hertha BSC steht und sich aktiv einsetzt. Hertha BSC distanziert sich von jeglicher Form von Rassismus", sagte Präsident Werner Gegenbauer.

"Jens Lehmann ist nicht mehr Berater", bestätigte Windhorst-Sprecher Andreas Fritzenkötter. Damit einher ging auch die letztlich überschaubare Lehmann-Ära im Aufsichtsrat der Profiabteilung Hertha BSC GmbH & Co. KGaA zu Ende.

Sportchef Charly Classen von Sky zeigte sich ebenfalls "sehr enttäuscht" über Lehmanns Verhalten. Der Sender plane, ihn nicht mehr als Gast einzuladen. "Wir bei Sky verurteilen jegliche Form von Rassismus und geben Rassismus keinen Raum und keine Plattform", betonte Classen. Auch Sport1 hatte sich zuvor entschieden, Lehmann nicht mehr in den "Doppelpass" einzuladen.

Aogo war für eine Reaktion auf das Ende des Lehmann-Engagements bei der Hertha zunächst nicht zu erreichen. Der Bild-Zeitung hatte Lehmann zuvor gesagt: "Ich habe bereits mit Dennis telefoniert und ihn um Verzeihung gebeten, wenn meine Äußerung despektierlich rübergekommen ist. Sie war überhaupt nicht so gemeint, sondern positiv. Da er als Sky-Experte fachkundig ist und in seinem Auftreten sehr stark. Und deshalb auch die Quote erhöht. Das wollte ich damit sagen, aber war von mir unglücklich ausgedrückt." An wen die Nachricht, die offensichtlich nicht an Aogo gehen sollte, eigentlich gerichtet war, erklärte Lehmann nicht. (dpa)