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Novum in der Oberlausitz: Ski fahren ohne Schnee

Auf dem Kottmar brauchen Langläufer jetzt keinen Schnee mehr, um zu trainieren. Eine Chemnitzer Firma hilft mit einer Weltneuheit - und hat noch größere Pläne.

Von Michaela Widder
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Skilanglauf mitten im Herbst? Das ist seit diesem Jahr auf dem Kottmar in der Oberlausitz auf einer 120 Meter langen Hightech-Gleitmatte möglich.
Skilanglauf mitten im Herbst? Das ist seit diesem Jahr auf dem Kottmar in der Oberlausitz auf einer 120 Meter langen Hightech-Gleitmatte möglich. ©  Thomas Kretschel

Kottmar. Ein wenig ungelenk sieht es aus, wie die jungen Sportler über das weiße Band rutschen. Aber das ist nicht verwunderlich, als sich herausstellt, dass es sich um die Nachwuchs-Gewichtheber aus Eibau handelt, die sich an diesem Vormittag im Skifahren ausprobieren. Wie, bitteschön, geht das denn mitten im Herbst?

Der Ski-Club Kottmar hat sich eine sogenannte Sommerloipe auf dem gleichnamigen Berg gebaut, die es in einer ähnlichen Art nur noch einmal in Sachsen gibt – an der Sportschule in Oberwiesenthal. „Wir sind eine Wintersporthochburg, die aber mit immer weniger Schnee zu kämpfen hat“, erklärt Heiko Krause, Mitglied im Ski-Club und Präsident vom Skiverband Sachsen. In den zunehmend schneearmen Zeiten wollten die Langläufer in der Oberlausitz zumindest für ihr Training etwas wetterunabhängiger werden und hatten von „Mr. Snow“ aus Chemnitz gehört.

Schon vor vier Jahren war die Idee entstanden, im vergangenen Corona-Winter wurde sie umgesetzt. Eine 120 Meter lange Hightech-Gleitmatte mit zwei klassischen Loipen entstand am Start-Ziel-Areal auf dem 583 Meter hohen Kottmar. Entwickelt und gebaut wurde die Loipe von der Firma Mr. Snow, die sich auf textile Skipisten spezialisiert hat. Geschäftsführer Jens Reindl, sozusagen der Mister Schnee, hat es mit seiner Erfindung sogar in die MDR-Sendung „Einfach genial“ geschafft. „Seit 2009 gibt es schon die Idee und wir haben sehr lange daran getüftelt. Wir haben jetzt ein Produkt aus einem speziellen Kunststoff, das sowohl fürs Gleiten als auch den Kantenhalt gemacht ist und mittlerweile auch so weich ist, dass sich niemand verletzt bei einem Sturz“, erklärt Reindl, der Innovationsmanagement studiert hat und mittlerweile zehn Mitarbeiter in seiner Firma beschäftigt.


Die textile Loipe, die ohne Kühlung, Wasser- und Energieverbrauch auskommt, soll Gleitverhalten und Abdruck wie im Echtschnee bieten, wirbt die Firma auf ihrer Homepage. „Es kommt dem Skilanglauf auf Schnee schon sehr nah im Vergleich zu Skiroller fahren“, meint Krause, der zu DDR-Zeiten selbst Leistungssportler in Klingenthal war. Ein Vorteil sei auch, man müsse nicht aufwendig wachsen. „Es geht ein bisschen schwerer als im Schnee. Nach einer halben Stunde ist man ganz schön kaputt. Aber das ist ja ein guter Nebeneffekt“, meint er. Für Ausdauereinheiten nutzen die Athleten eher die Skirollerstrecke, die in einem schneereichen Winter zur Loipe wird.

Kosten für das gesamte Projekt: 150.000 Euro

Das gesamte Projekt, zu dem auch noch der Bau eines Inliner-Parcours auf dem Areal gehört, kostet 150.000 Euro – die Hälfte hat der Freistaat gefördert. „Der Rest wurde durch Sponsoren und Eigenleistungen gedeckt. Der ganze Verein hat mitgeholfen, als Ende Mai in einem Arbeitseinsatz die Strecke verlegt wurde“, sagt Krause, der mit Stolz über seine kleine Wintersportanlage in der Oberlausitz spricht. Dazu gehören auch vier Schanzen, ein Skiheim, in dem übernachtet werden kann, eine Sporthalle und ein Spielplatz. Für einen Verein mit 120 Mitgliedern, von denen die Hälfte Kinder sind, ist es beachtlich, was sich auf dem Kottmar immer wieder bewegt.

Der SC Kottmar ist seit vielen Jahren Talentstützpunkt im Skilanglauf, im Skispringen und der Nordischen Kombination. Wer die besten Athleten sind, ist nicht zu übersehen. An der Holzhütte gegenüber des Skiheims hängen zwei große Plakate mit den Gesichtern von Julia Belger und Martin Hahn. Sie ist Langläuferin, er Kombinierer. Beide haben ihre ersten Runden auf dem Kottmar gedreht und gehören mittlerweile zum erweiterten Weltcupteam.

Regionaltrainer Ronny Schneider schätzt das Techniktraining auf Ski auf der neuen Hightech-Matte.
Regionaltrainer Ronny Schneider schätzt das Techniktraining auf Ski auf der neuen Hightech-Matte. © Thomas Kretschel

Mit der Sommerloipe kann nun der Nachwuchs in der Oberlausitz noch besser ausgebildet werden, denn es profitiert nicht nur der SC Kottmar von der innovativen Loipe. „Auch für andere Vereine in der Region ist die Strecke nutzbar. Für unser Techniktraining ist das einfach super, dass wir nun wetterunabhängig sind“, erklärt Regionaltrainer Ronny Schneider, der auch den Gewichthebern aus Eibau erste Bewegungen auf Ski zeigt.

Dank der Chemnitzer Firma gibt es auch dort Skiunterricht, wo es quasi noch nie Schnee gab. In Dänemark hat Meindls Firma Schulen mit seiner Sommerloipe ausgestattet. „Mittlerweile finden dort schon landesweite Wettbewerbe statt,“ sagt er. Auch Skischulen beliefert Meindl mit seinen Matten. „Diese können jetzt eine Skikursgarantie bieten, ohne aufwendig zu beschneien, ökologisch nachhaltig ist es außerdem“, erklärt der 41-Jährige.

Auch eine mobile Skiloipe hat er entwickelt, die bereits in Dresden bei einem Skiverein zum Einsatz kommt. „Das sind 80 Meter zum Ausrollen.“ Für ein erstes kleines Ski-Erlebnis lang genug. Noch ist es ein kleines Geheimnis: Auch in der Landeshauptstadt soll in Zukunft eine Sommerloipe wie auf dem Kottmar entstehen.