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Warum die Saison für Weißwassers Jungfüchse schon vorbei ist

Dass U17-Eishockey-Team der Lausitzer Füchse sollte in der 1. Liga antreten. Aber dann schmissen einige Spieler schon nach der ersten Saisonpartie hin. Was das für Folgen für den Zweitligisten hat.

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Der sportliche Leiter der Jungfüchse und Trainer des U17-Teams, Sebastian Wolsch (links), und der Mannschaftskapitän Elias Schenk stehen dem sportlichen Aus fassungslos gegenüber.
Der sportliche Leiter der Jungfüchse und Trainer des U17-Teams, Sebastian Wolsch (links), und der Mannschaftskapitän Elias Schenk stehen dem sportlichen Aus fassungslos gegenüber. © Steffen Bistrosch

Von Steffen Bistrosch

Weißwasser. Die Meldung, dass die eigene U17-Mannschaft mit sofortiger Wirkung vom Spielbetrieb der Ersten Division Nord im Nachwuchseishockey trotz sportlicher Qualifikation zurückgezogen wird, sorgte im Weißwasseraner Fuchsbau am vergangenen Wochenende für ein Beben. „Schockiert, fassungslos, enttäuscht“, so beschreibt Bernhard Stefan als Vorstandsvorsitzender des Eissportvereins Weißwasser seinen Gemütszustand.

Er ringt auch Tage nach der Auflösung des Teams nach Worten. Angedeutet hatte sich bereits in der Vorbereitung, dass die Mannschaft als Team nicht funktioniert. „Grüppchenbildung und Egoismus“, seien aufgetreten, so der Vorstand, „die Mannschaft hat nicht harmoniert“. Dabei sind zum Saisonstart, wenn ein neues Team „gebaut“ werden muss, unterschiedliche Interessen und Ausgangsbedingungen grundsätzlich nichts Ungewöhnliches. Viele Spieler deutscher oder ausländischer Vereine wechseln alters- oder leistungsbedingt den Verein. Idealerweise findet sich ein Team in der Vorbereitung, spätestens jedoch im Saisonverlauf.

0:15 im ersten - und einzigen - Spiel

Sichtbar wurden die Differenzen, als sich in der vergangenen Woche mehrere einheimische Leistungsträger beim Verein abmeldeten. Um den Ursachen auf den Grund zu gehen, wurde kurzfristig ein Gespräch zwischen den Spielern und den Vorständen des ESW, Bernhard Stefan und Jan Garreis, sowie dem Beiratsvorsitzenden und Chef des Männerteams, Dirk Rohrbach, vereinbart. Das fand am Dienstag in der Kabine der Profimannschaft statt. Das Ziel bestand in einem ehrlichen Gespräch mit allen Betroffenen, um den Ursachen für die Unzufriedenheit einiger Spieler auf den Grund zu gehen.

In Abwesenheit des Trainers Sebastian Wolsch sollten sich alle Beteiligten frei äußern können, ohne dass Interna nach außen dringen. Zum Teil wurden sportliche Gründe, etwa dass die Liga zu anspruchsvoll für die Lausitzer werden könnte, ins Feld geführt, zum anderen auch schulische beziehungsweise private Gründe. Die 0:15-Niederlage gegen die Berliner Eisbären im ersten Spiel wog schwer, sollte nach Ansicht der Verantwortlichen allerdings kein Maßstab sein. Andere Mannschaften in der Liga wurden auf Augenhöhe der Jungfüchse erwartet.

Symbolischer Handschlag nichts wert

Im Kabinengespräch wurde die Bedeutung des U17-Teams für die Nachwuchsentwicklung am Standort erläutert, der Trainer zur Disposition gestellt, und mindestens drei weitere Leistungsträger sollten kurzfristig verpflichtet werden. Am Ende des zweieinhalbstündigen Gesprächs stand die Zusage aller Spieler, trotz aller Differenzen das Projekt Erste Liga anzugehen und am darauffolgenden Wochenende in der heimischen Arena anzutreten. Mit einem symbolischen Handschlag gingen alle Beteiligten auseinander.

Einen Tag später erreichten erneut Abmeldungen einheimischer Spieler Trainer Wolsch, zum Teil per WhatsApp. Infolgedessen brach das Konstrukt der Mannschaft auseinander und die Spielfähigkeit konnte nicht mehr gewährleistet werden. Eine kurzfristig einberufene Elternversammlung am Donnerstag erbrachte kein anderes Resultat. Am Freitag vor einer Woche wurde das Team aufgelöst.

Die Spieler, die den Saisonabbruch initiiert hatten, meldeten sich vom Eissport ab, alle auswärtigen Spieler verließen umgehend den Verein, die verbleibenden einheimischen Aktiven stehen nun vor dem sportlichen Aus. Stefan bezeichnet das Ganze als „absolute Niederlage im 90. Jahr für den Eissport in Weißwasser und das gesamte Umfeld“.

"Vierter Stern" geht verloren

Dass Weißwasser den „Vierten Stern“ in der Nachwuchsarbeit des Deutschen Eishockeybundes verliert, wird zudem mit größeren finanziellen Verlusten für den Verein verbunden sein.

Dirk Rohrbach als Beiratsvorsitzender sieht neben dem sportlichen Absturz einen großen Imageschaden für den Standort. Den Zeitpunkt des Aufgebens hält er für denkbar ungünstig. Probleme Einzelner mit dem Team, der Ligazugehörigkeit oder dem Trainer hätten frühzeitig und ehrlich kommuniziert werden müssen. Den Spielern gegenüber, die ihre Schule oder das Zuhause aufgegeben haben, um hier Eishockey zu spielen, sei das Verhalten äußerst unkollegial gewesen. „Die Situation ist sehr bitter“, fügt Rohrbach hinzu. Der Kapitän der Mannschaft, Elias Schenk, steht seit elf Jahren in Weißwasser auf dem Eis. Er bezeichnet den fehlenden Zusammenhalt im Team als ausschlaggebenden Grund. „Egoismus, Unaufrichtigkeit und zum Teil Uneinigkeit bei den Eltern“ seien hinzugekommen.

Er ist überzeugt, dass in der Mannschaft genügend Potenzial gesteckt hätte, um im unteren Mittelfeld der Liga zu bestehen. „Dazu hätten wir aber alle Spieler gebraucht“. Für Schenk war es „eine Ehre, in der 1. Division spielen zu dürfen“. Die Entscheidung, dort anzutreten, ist allen seit Mai klar gewesen. Umso unverständlicher war die Entscheidung einiger, jetzt das Handtuch zu werfen. „Ich stehe vor dem Nichts, meine ganze Zukunft ist verbaut“.

"Das Tischtuch ist zerschnitten"

Für den Sport hat er das Abitur hingeschmissen und alles auf die Karte Eishockey gesetzt, einen Praktikumsplatz in der Geschäftsstelle angetreten und nun einen absoluten Tiefschlag erhalten. „Ich wollte nie für einen anderen Verein als Weißwasser spielen, ich habe hier alles, was ich brauche“. Zu seinen ehemaligen Mitspielern und Freunden, die aufgegeben haben, hat er keinen Kontakt mehr. „Das Tischtuch ist zerschnitten“.

Bernhard Stefan als Vorstand des Vereins hat allen verbliebenen Spielern des Teams Unterstützung zugesichert. Ersetzen lassen sich weder die fehlende sportliche Herausforderung noch der Bruch in der schulischen oder beruflichen Entwicklung. „Aufgeben ist keine Option“, sagt Stefan. Nächstes Jahr wird ein neues U17-Team auf dem Eis stehen. Mit Spielern, die können und wollen.