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Wie diesem Lausitzer Fuchs die Rückkehr aufs Eis gelang

Eigentlich hatte Marius Stüber vor drei Jahren seine Eishockey- Profikarriere beendet. Seine Rückkehr ist wie ein Märchen.

Von Frank Thümmler
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Dass ihm die „Marius Stöber!“-Gesänge der Füchse-Fans nach dem Comeback gegen Kaufbeuren unter die Haut gingen, ist hier deutlich zu sehen.
Dass ihm die „Marius Stöber!“-Gesänge der Füchse-Fans nach dem Comeback gegen Kaufbeuren unter die Haut gingen, ist hier deutlich zu sehen. © Thomas Heide

Weißwasser. Noch einmal da unten auf dem Eis stehen. Noch einmal die Fans mit einem Tor zur Jubelexplosion bringen. Noch einmal hören, wie die Anhänger den eigenen Namen skandieren. Das alles war für Marius Stöber, inzwischen 26 Jahre alt, längst nur noch ein Traum. Einst als großes Talent gehandelt, hörte er vor drei Jahren enttäuscht mit dem professionellen Eishockey auf, begann eine Berufsausbildung in Kodersdorf bei Borbet, spielte noch hobbymäßig in Niesky und jetzt bei der U23 in Weißwasser – in der vierten Liga. Aber plötzlich, am 11. Februar, wurde das, was nur noch für die Träume bestimmt war, plötzlich Wirklichkeit.

Marius Stöber kann sein Glück immer noch nicht fassen. Er hatte 2019 seine Profi-Eishockey-Karriere beendet, sich Berufsausbildung und Familie (verheiratet und ein knapp einjähriger Sohn) gewidmet. Dabei hatten ihm viele eine Karriere vielleicht in der DEL, sicher aber in der DEL 2 zugetraut. Durch die Weißwasseraner Eishockeyschule gegangen, schaffte es Marius Stöber bis in die Notizblöcke der Nachwuchs-Bundestrainer, schnupperte schon mit 16 Jahren „Eishockey-Männer-Luft“ bei den Jonsdorfer Falken, wo damals sein Opa Sportmanager war.

2013, als er in Weißwasser keine Nachwuchsmannschaft mehr fand, wechselte er nach Regensburg in die Deutsche Nachwuchsliga, kam auch zu Einsätzen bei den Männern in der 3. Liga. „Das war perfekt für mich. Ich konnte jedes Wochenende dreimal spielen. Ich habe da viel gelernt“, sagt Stöber. Den Schritt nach Bayern bereut er nicht, schon weil er in Regensburg seine Frau kennenlernte – die Tochter der tschechischen Eishockey-Legende Jiri Lala.

Nach der Station Regensburg schien es weiter bergauf zu gehen. Stöber spielte eine Saison DEL 2 in Heilbronn und wurde 2017 nach einem Zufall (er machte beim Try-out-Trainig im Sommer in Weißwasser mit, um die Reihen aufzufüllen) von den Lausitzer Füchsen verpflichtet. Die folgende Saison aber verlief für ihn nicht gut. Nach einem Beinbruch spielte er weiter, die Leistungen waren entsprechend. Nach einer längeren Pause kam er zurück, wurde kurz nach Selb verliehen und war bei den Play-downs zurück bei den Füchsen – endlich wieder fit.

Neuer Trainer sorgt für Schock

Dann der Schock im Sommer: Der neue Trainer Corey Neilson teilte dem Weißwasseraner trotz noch ein Jahr laufendem Vertrag unmissverständlich mit, dass er zwar ein guter Spieler sei, aber in sein System nicht passe und deshalb nicht spielen werde – ein Rausschmiss quasi. „Das hat mich tief getroffen, weil es immer mein Traum war, in Weißwasser zu spielen. Ich wollte sofort ganz aufhören. Kai Schmitz hat mich dann überzeugt, noch ein Jahr bei den Saalebulls in Halle dranzuhängen, aber danach habe ich wirklich aufgehört.“ Mit 23 Jahren – der Schlusspunkt?

Als die Nieskyer Tornados davon erfuhren, überredeten sie den Stürmer, hobbymäßig weiter in Niesky zu spielen, halfen ihm auch bei der Suche nach einer Lehrstelle, die er bei Borbet in Kodersdorf fand. Als der ES Weißwasser dann eine U23-Mannschaft eröffnete und ihn ansprach, als erfahrener Spieler mitzuwirken, sagte er zu. Zudem engagiert sich Stöber darüber hinaus als Nachwuchstrainer.

Profi-Eishockey aber war ganz weit weg – bis Ende Januar/Anfang Februar. Da zeichnete sich bei den Lausitzer Füchsen langsam ab, dass es personell eng werden könnte: Wegen verletzter Spieler und insbesondere, falls es im Team zu Corona-Infektionen kommen sollte. Co-Trainer André Mücke sprach Marius Stöber dann an, ob er zur Not mal einspringen würde, und dass er auch mal mit dem Profiteam mittrainieren könne. Stöber trainierte mit, aber noch blieb alles vage.

Training, Unterschrift, Tor

Bis es am 11. Februar soweit war: Nach einer kurzen Trainingseinheit war Marius Stöber schon dabei, die Halle zu verlassen, wollte für seine Frau und sich etwas schönes zu Essen besorgen. Da wurde er noch einmal zurückgerufen: Lizenzierung, Einsatz am Abend gegen Kaufbeuren. „Als ich dann tatsächlich auflaufen durfte, das war so surreal“, sagt er.

Geflachst, dass er jetzt dem Gegner Kaufbeuren „einen reinhaue“, wurde auch. Aber auch das bewahrheitete sich: Nach zwölf Minuten hielt Marius Stöber seinen Schläger in einen Distanzschuss von Moritz Raab, der Puck landete zum umjubelten 1:0 im Tor – der „Brustlöser“ für den späteren 7:1-Sieg.

Der Comebacker wurde auch nach dem Spiel noch von den Fans gefeiert. Seitdem hat der Stürmer bereist sieben Spiele für die Füchse absolviert, hinterlässt mit seiner klugen, cleveren Spielweise und seinem Einsatz einen guten Eindruck. Und er hat ein weiteres Mal die Füchse-Fans eskalieren lassen, als er kurz vor Schluss den 3:3-Ausgleich gegen die Kassel Huskies erzielte. „Das alles fühlt sich unglaublich an, ist eine verrückte Geschichte, die ich sicher nie vergessen werde“, sagt er.

Wie es weitergeht? Klar ist erstmal, dass Stöber in dieser Saison im Füchse-Kader bleibt, weil er für die U23 nicht mehr spielberechtigt ist. Und ob es danach doch noch weitergeht, darüber will er jetzt noch nicht reden, zumal auch von den Füchsen noch niemand darüber gesprochen hat. Bereitschaft spürt man schon. „Im Sommer beende ich ja meine Ausbildung. Eine Arbeitsstelle habe ich eigentlich schon. Wenn ein Angebot käme: Mein Herz sagt Eishockey, mein Kopf sagt aber auch sicherer Job.“ Seine Frau steht voll hinter ihm – freut sich mit Stöber, wenn er die Tore im Eisstadion statt im Traum schießt.