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Dresdnerin skeptisch wegen Olympia

Kugelstoßerin Christina Schwanitz holt bei der Meisterschaft in der Halle den Titel. An die Spiele in Tokio in diesem Sommer glaubt sie jedoch nicht.

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Christina Schwanitz gewinnt bei der deutschen Meisterschaft in der Halle zum sechsten Mal den Titel im Kugelstoßen.
Christina Schwanitz gewinnt bei der deutschen Meisterschaft in der Halle zum sechsten Mal den Titel im Kugelstoßen. © dpa

Von Ulrike John und Christoph Leuchtenberg

Dortmund. Erst hat sie zum sechsten Mal den Titel bei den deutschen Hallenmeisterschaften geholt, dann äußerte sich Kugelstoßerin Christina Schwanitz skeptisch zur Aussicht auf Olympische Spiele in diesem Sommer in Japan. "Ich glaube nicht, dass Tokio stattfindet", sagte die 35-Jährige vom LV 90 Erzgebirge, die in Dresden geboren wurde. "Ich glaube einfach, die Bevölkerung in Japan hat Angst und möchte nicht."

In Umfragen spricht sich die große Mehrheit der Bevölkerung dafür aus, das Spektakel erneut zu verschieben oder ganz abzusagen. Trotz der andauernden Corona-Pandemie sollen am 23. Juli die um ein Jahr verschobenen Spiele in Tokio mit 11.000 Athleten eröffnet werden. "Ich wäre dafür, wenn man sagt: Ihr Ausrichter bekommt das Geld, damit ihr wenigstens auf plus minus Null kommt und keinen Schaden dadurch habt", sagte Schwanitz. Falls die Wettkämpfe stattfinden, gelte für sie nur ein Motto: "So schnell wie möglich hin und so schnell wie möglich nach Hause!" Die Maßnahmen gegen das Virus nähmen "alles, was das olympische Dasein ausmacht: dieses Glamouröse, so viele Sportler, dass man sich mit der Welt austauschen kann."

Obwohl Schwanitz noch eine olympische Medaille fehlt und sie deshalb ihre Karriere nach der Geburt ihrer Zwillinge 2017 fortgesetzt hat, äußerte sie Zweifel am Sinn solcher Spiele: "Ich habe jetzt schon elf oder zwölf Corona-Tests und drei Doping-Kontrollen. Da denke ich mir: Wir haben schon wenig Dopingkontrollen. Was haben denn dann die anderen?" Außerdem hätten Spitzensportler sehr unterschiedliche Trainingsmöglichkeiten in der Pandemie.

"Oh Gott, ich habe übelst Angst vor Corona"

"Dann kommt noch dazu, dass der eine oder andere Sportler sagt: Oh Gott, ich habe übelst Angst vor Corona. Da geht die moralische Verantwortung bei jedem Sportler los: Kann ich das mit meinem Gewissen vereinbaren, da überhaupt hinzufahren? Wir sind ganz viele Sportler, die sich diese Frage stellen", sagte Schwanitz.

Auch die Veranstalter müssten sich nach Ansicht der zweimaligen Europameisterin diese Frage stellen: "Kann ich das den Sportlern zumuten, sie vor so eine Verantwortung zu stellen?"

Zuvor hatte sich Schwanitz im Wettkampf in sehr guter Form präsentiert und mit soliden 18,87 Metern in der Dortmunder Westfalenhalle triumphiert. "Ich finde es sehr schön", sagte die frühere Kugelstoß-Weltmeisterin, "mit zarten 35 Jahren und zwei Kindern daheim immer noch beständig die Nummer eins in Deutschland zu sein." Und dann ließ sie doch ein wenig wehmütig den Blick über die fast menschenleeren Tribünen wandern.
"Für deutsche Meisterschaften in dem Corona-Wahnsinn, den wir alle mehr oder weniger gut versuchen zu bewältigen, finde ich die Weite in Ordnung", sagte Schwanitz.

Storl gewinnt und bereitet sich auf Olympia vor

Ihr nächstes Ziel ist die Hallen-EM im polnischen Torun in zwei Wochen, bei der sie ihre dritte Medaille nach Gold 2013 und Silber 2019 angreift. "Ich hoffe, in Torun geht es noch ein bisschen weiter", sagte Schwanitz.

Daumen hoch: David Storl stößt in Dortmund die Kugel am weitesten - und bereitet sich jetzt auf Olympia vor.
Daumen hoch: David Storl stößt in Dortmund die Kugel am weitesten - und bereitet sich jetzt auf Olympia vor. © dpa

Der zweimalige Weltmeister David Storl, der mit guten 20,83 Metern vor Christian Zimmermann (20,09) siegte, verzichtet dagegen auf den EM-Start. "Der Wettkampf heute war ein guter Abschluss der Hallensaison. Statt zur EM werde ich ins Training gehen und mich gut auf Olympia vorbereiten", sagte Storl: "Technisch muss ich ein paar Fehler abstellen, die sich nach meiner Verletzung 2019 eingeschlichen haben."

In EM-Form zeigte sich Dreispringer Max Heß, der sich mit im letzten Versuch erzielten 17 Metern durchsetzte. "In Torun kann ich durchaus mit einer Medaille liebäugeln", sagte der Chemnitzer: "Die 17 Meter bin ich zum ersten Mal 2016 in Leipzig auch bei einer DM gesprungen und danach Vizeweltmeister geworden - das ist ein gutes Omen." (dpa, sid)