Sport
Merken

Fußballverband zur Corona-Pause: "Niemanden gedrängt"

Auf Landes- und Kreisebene ruht der Ball. Über einen Abbruch will der Chef des Spielausschusses nicht spekulieren. Im Interview wehrt er sich auch gegen Kritik.

 5 Min.
Teilen
Folgen
Corona-Pause für Sachsens Amateurfußballer. Der Verband hat den Spielbetrieb bis auf Weiteres unterbrochen.
Corona-Pause für Sachsens Amateurfußballer. Der Verband hat den Spielbetrieb bis auf Weiteres unterbrochen. © dpa-Zentralbild

Leipzig. Mit dem Erreichen der Überlastungsstufe hat der Sächsische Fußball-Verband (SFV) den Spielbetrieb am Mittwoch in allen Altersklassen vorläufig für gestoppt erklärt. Volkmar Beier arbeitet seit 2011 im SFV-Spielausschuss und ist seit 2018 der Vorsitzende. Der 46-Jährige verteidigt im Gespräch mit Sächsische.de die viel kritisierte Zwischenlösung, die Vereine über die Austragung von Punkt- und Pokalspielen entscheiden zu lassen. Und Beier sagt, wie es jetzt weitergehen soll.

Herr Beier, die Kritik am Vorstandsbeschluss, die Vereine entscheiden zu lassen, ob sie spielen wollen beziehungsweise können, hat für viel Kritik gesorgt. Hat der SFV damit ein Eigentor geschossen?

Nein. Vor einem Jahr fast zur selben Zeit begann eine siebenmonatige Zwangspause im Sport – kein Training, keine Spiele. Da ging gar nichts. An den beiden vergangenen Wochenenden hatten die Vereine die Möglichkeit mitzubestimmen. Die Staffelleiter hatten nahezu mit jedem Verein vor den Partien Kontakt und haben die Situation zusammen betrachtet. Niemand wurde zu einer Entscheidung gedrängt und niemand musste allein entscheiden. Der Vorstandsbeschluss enthält einen klaren Leitfaden zur Entscheidung und gewährleistet eine maximale Flexibilität. Stellen Sie sich vor, wir hätten komplett abgesagt. Was meinen Sie, wie viele dann hinterher dagegen Sturm gelaufen wären. Dass ein Beschluss kritisch betrachtet wird, gehört dazu. Es gibt Gott sei Dank keine Einheitsmeinung. In den direkten Vereinskontakten habe ich auch sehr viel Zuspruch erfahren.

Im Landespokal wurden fünf von neun Partien am Wochenende bzw. Mittwoch ausgetragen. Wieso diese Unterschiede?

Die Meinung, dass Sport im Freien, also auch ein Fußballspiel, als private Zusammenkunft definiert wird, dürfte das Sozialministerium exklusiv haben. Daran können wir leider nichts ändern, aber wir haben versucht, trotzdem Fußballspiele zu organisieren. Unter Einhaltung von Paragraf 8 Absatz 2 der Verordnung war das möglich, wenn dabei maximal zehn Personen ohne 2G zusammenkommen. Für Publikum galt insofern durchgängig 2G. Einige Vereine konnten das erfüllen, andere nicht. So erklären sich auch die Unterschiede. Ein Argument der spielenden Teams: Jetzt stehen wir voll im Training, haben alles bereits vorbereitet und wer weiß, wie lange die Spielpause andauern wird.

Wie stehen Sie zum Vorstandsbeschluss in Neusalza-Spremberg, nicht mehr anzutreten, weil der Verein es ablehnt, Spieler aufgrund ihres Geimpft- oder Genesenen-Status auszuschließen?

Da sprechen Sie einen meiner wesentlichsten Kritikpunkte zur Verordnung an. Viele Begriffe sind darin völlig unklar definiert. Darf der Verein den Impfstatus überhaupt abfragen, wenn dies selbst der Arbeitgeber für seine Mitarbeiter nicht kann? Welche Nachweise darf er einsehen und dokumentieren? Der Verein ist darauf angewiesen, dass die Spieler zu den persönlichen Angaben bereit sind. Neusalza hat hier eine Festlegung für die Dauer der aktuellen Verordnung getroffen. Hier muss der Verordnungsgeber klarer regeln, damit der Verein rechtssicher handeln kann. Unsere Vereine haben seit über anderthalb Jahren mehrfach unter Beweis gestellt, dass sie bestehende Regelungen verantwortungsvoll umsetzen können.

Die 10-Ungeimpfte-Regel gilt nicht für Profi-Mannschaften wie Drittligist FSV Zwickau. Warum wurde die für Mittwoch in Kamenz angesetzte Pokalpartie trotzdem abgesetzt?

In Zwickau wäre das Spiel als Großveranstaltung durchgegangen mit speziellem Hygienekonzept. In Kamenz ist es aber eine private Zusammenkunft. Selbst als die Vertragsspieler des FSV Zwickau aus der 10er Grenze rausgerechnet wurden, blieb ja noch die 2G-Regelung für die Zuschauer. Die Kamenzer schätzten ein, dass sie das Gesamtpaket nicht stemmen können. Das muss man respektieren. Damit ist dann auch widerlegt, dass der SFV die Spiele unbedingt durchdrücken wollte.

Ohne ins Detail zu gehen, wissen Sie, wie viel Prozent der Schiedsrichter auf Landesebene aktuell geimpft sind?

Eine solche Zahl gibt es nicht. Ich kann das auch nicht schätzen. Wegen einem fehlenden Impfschutz des Schiedsrichters ist allerdings zuletzt keines der Spiele im Landesmaßstab abgesagt worden.

Die Unterbrechung der Saison ist beschlossen. Laut Spielordnung könnte in der Landesliga nach 15 Spieltagen gewertet werden. Ist das nicht zu wenig angesichts der Tatsache, dass es normalerweise 28 Partien in der Saison 2021/22 sind?

Danke, dass Sie richtigerweise von einer Unterbrechung sprechen und nicht von einem Abbruch. Zwar enthält die Spielordnung eine Regelung zu einem etwaigen Saisonabbruch, doch davon sind wir noch weit entfernt. Wir peilen nicht die 15 an, sondern die 28. Solange nur der Spielbetrieb aussetzen muss, nicht aber das Training, ist ein rascher Restart möglich.

Im ungünstigsten Fall drohen der Landesliga bis zu acht Absteiger. Könnte es sein, dass der SFV über die Abstiegsregelung nachdenkt, sollte die Saison nicht komplett gespielt werden können?

Wird die Saison gewertet, dann greift auch die Auf- und Abstiegsregelung. An Spekulationen möchte ich mich nicht beteiligen. Der SFV hat in den letzten zwei Spielzeiten grundsätzliche Beschlüsse zur Saisonwertung fassen müssen – spielklassenübergreifend und richtungsführend für die Kreise. Bis Saisonende sind es noch knapp acht Monate. Da wäre es jetzt nicht gut, in Panik zu verfallen.

Wie geht es jetzt weiter, wie plant und koordiniert der SFV die kommenden Wochen?

Ab 22. November gilt eine neue Verordnung. Ich hoffe, dass das Sozialministerium den Außensport spezieller und vor allem klarer regelt als bislang. Inhaltliche Vorschläge haben SFV und Landessportbund jedenfalls gemacht. Kurzer Rückblick: Die aktuelle Verordnung wurde am 5. November, einem Freitag, beschlossen, am Samstagabend veröffentlicht und war ab Montag gültig. Am Dienstag stand ein Beschlusstext mit klaren Leitlinien für den gesamten SFV-Spielbetrieb Herren, Frauen/Mädchen und Jugend. Am Mittwoch hat der SFV-Vorstand den Beschluss diskutiert und darüber abgestimmt.

Das klingt alles noch grundhaften Überlegungen. Wieso gibt es trotzdem immer wieder Kritik?

Keine Entscheidung und kein Funktionär sind so absolut, dass sie über Kritik erhaben sind. Eine kritische Betrachtung gehört dazu. Ziel ist nicht öffentliches Lob, was für einen Verband auch die Ausnahme sein dürfte, sondern solide und rechtssichere Entscheidungen. Wichtiger ist mir, dass die Zusammenarbeit zwischen Verband und Vereinen funktioniert. Ein früherer Lehrmeister von mir sagte mal, nicht getadelt ist schon genug gelobt.

Das Gespräch führte Jürgen Schwarz.