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Die ersten deutschen Goldmedaillen bei den European Championships

Besser geht es nicht: Mit Frauen-Power haben die deutschen Bahnrad-Sportler zweimal Gold gewonnen. Vor dem Sprint-Team sorgt der Erfolgsgarant Vierer für einen Höhepunkt - und eine BMX-Fahrerin überrascht. Auch im Triathlon gibt es eine Medaille.

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Mit dem Goldhelm zu Gold: das deutsche Frauen-Sprintteam
Mit dem Goldhelm zu Gold: das deutsche Frauen-Sprintteam © dpa/Soeren Stache

Von Martin Kloth und Felix Neubauer

München. Erst setzte der Gold-Vierer der Frauen seine Siegesserie fort, dann rasten die Sprinterinnen ebenfalls zum Titel: Die deutschen Bahnrad-Sportler haben bei den Europameisterschaften in München einen glänzenden Einstand gefeiert. Zum Abschied von Lisa Brennauer verteidigte das Olympiasieger- und Weltmeister-Quartett mit Franziska Brauße (Öschelbronn), Lisa Klein (Erfurt) und Mieke Kröger (Bielefeld) über 4000 Meter am Freitag seinen Titel. Anschließend jagten auch die Sprinterinnen Emma Hinze (Cottbus), Pauline Grabosch (Chemnitz) und Lea Sophie Friedrich (Cottbus) auf der 200-Meter Bahn im Team zu Gold.

In einem mitreißenden Endlauf gewann der deutsche Erfolgsvierer gegen Italien in 4:10,872 Minuten mit einem Vorsprung von 0,699 Sekunden, nachdem sie zwischenzeitlich schon mit mehr als einer Sekunde zurückgelegen hatten. "Unser Bundestrainer wurde immer lauter und lauter, hat nicht mehr die Rundenzeiten gerufen wie wir es eigentlich gewohnt sind, sondern hat nur noch geschrien, da wussten wir, wir sind hinten und müssen mal einen Zahn zulegen, um das Ding hier zu gewinnen", berichtete Brauße.

Präsentieren das erste deutsche Gold der Münchner Mega-EM: Lisa Klein (l-r), Lisa Brennauer, Mieke Kröger und Franziska Brausse, die im Bahnvierer ihrer Favoritenrolle gerecht wurden.
Präsentieren das erste deutsche Gold der Münchner Mega-EM: Lisa Klein (l-r), Lisa Brennauer, Mieke Kröger und Franziska Brausse, die im Bahnvierer ihrer Favoritenrolle gerecht wurden. © dpa/Soeren Strache

Angetrieben vom begeisterten Publikum auf den voll besetzten Rängen fuhren die Olympiasiegerinnen einen unwiderstehlichen Schlusskilometer und setzten so die Siegesserie fort. "Es macht einfach Spaß zu gewinnen. Man genießt den Sieg, und es war hart erkämpft auf einer superschweren Bahn. Vor Heimpublikum ist das immer sehr besonders", sagte Klein.

Für Lisa Brennauer, die nach der EM ihre Karriere beendet, hatte der Titel einen besonders hohen Stellenwert. "Es ist für mich der letzte Wettkampf in der Konstellation. Ein lachendes und ein weinendes Auge, dass wir das heute nochmal so abrufen konnten als Mannschaft. Für mich war es ein ganz besonderer Abschluss", sagte die 34-Jährige.
Im Halbfinale hatten sich die Weltmeisterinnen und Weltrekordlerinnen gegen Großbritannien durchgesetzt. Die Britinnen verloren das kleine Finale gegen Frankreich.

Nur rund 45 Minuten später waren auch die Sprinterinnen des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR) nicht zu schlagen. Die Olympia-Zweiten von Tokio und Weltmeisterinnen bezwangen das Trio aus den Niederlanden in 38,061 Sekunden. Platz drei sicherten sich die Polinnen durch einen Erfolg im kleinen Finale gegen Frankreich. "Es war dreimal Vollgas", sagte Emma Hinze zur Taktik im Finale und in den Vorrunden. "Wir haben mit unseren Fähigkeiten das Optimale herausgeholt. Jetzt haben wir nicht nur die Regenbogen-Streifen, sondern auch die Sterne auf der Brust und ich denke, darauf können wir sehr stolz sein", befand Pauline Grabosch.

Favoritensterben im BMX-Freestyle

Zuvor bekam Kim Lea Müller das Strahlen gar nicht mehr aus dem Gesicht. Unter dem tosenden Applaus des vollbepackten Olympiabergs stellte sich die BMX-Freestylerin aus Oldenburg auf das Siegertreppchen und nahm überglücklich ihre Silbermedaille entgegen. "Ich habe nicht damit gerechnet", sagte Müller, "hätten die anderen den Run gemacht, den sie sich vorgenommen hatten, wäre es wahrscheinlich anders gelaufen."

Die erste deutsche Medaille der European Championships 2022: BMX-Freestylerin Kim Lea Müller jubelt über ihre Silbermedaille.
Die erste deutsche Medaille der European Championships 2022: BMX-Freestylerin Kim Lea Müller jubelt über ihre Silbermedaille. © dpa/Angelika Warmuth

So aber sicherte sich die 20-Jährige in einem wilden Finale mit einem unerwartet klaren Favoritensterben überraschend das erste deutsche Edelmetall bei den European Championships. Gold ging an die Tschechin Iveta Micolycova, Bronze holte Laury Perez aus Frankreich.

Sowohl die britische Olympiasiegerin Charlotte Worthington als auch die amtierende Europameisterin Nikita Ducarraz waren in ihren Läufen hohes Risiko gegangen und gestürzt. Der deutschen Vorzeige-Freesytlerin Lara Lessmann blieb nur der undankbare vierte Platz. "Lara zählt zu den Besten, der Druck war enorm", erklärte Bundestrainer Tobias Wicke: "Vor heimischen Publikum will man einfach abliefern, für sie ist es eine große Enttäuschung".

Dass es nun ausgerechnet Müller war, die die ersehnte Medaille holte, überraschte selbst den "bisschen sprachlosen" Wicke: "Bei Kim habe ich absolut nicht damit gerechnet." Aber: "Viele Leute wissen einfach noch nicht, was sie kann, das war heute ein großer Vorteil", sagte der BDR-Coach.

Kim Lea Müller bei ihrem Finallauf - mit den Türmen der Münchner Frauenkirche im Hintergrund.
Kim Lea Müller bei ihrem Finallauf - mit den Türmen der Münchner Frauenkirche im Hintergrund. © dpa/Angelika Warmuth

2021 hatte Müller bei den Europameisterschaften in Moskau mit einem fünften Platz schon einmal ihr Können durchblitzen lassen, eine Medaille war jedoch auch in München nie eingeplant. "Ich hatte nur das Ziel, Spaß zu haben und meinen Run zu machen, mein Ziel war es nicht, unter die ersten Drei zu kommen", gab die Sport-Studentin zu, ergänzte aber lachend: "Ist natürlich cool, dass es passiert ist."

Auch Triathletin Lindemann holt Silber

Triathletin Laura Lindemann hat bei den Europameisterschaften den erhofften Titel über die Kurzdistanz verpasst. Die 26-Jährige sicherte sich am Freitag in München nach 1.500 Metern Schwimmen, 40 Kilometern Radfahren und zehn Kilometern Laufen immerhin Silber. Neun Sekunden nach der neuen Titelträgerin Non Stanford aus Großbritannien setzte sich die Potsdamerin im Schlussspurt gegen die Französin Emma Lombardi durch. Lindemanns Clubkollegin Nina Eim kam nach einem starken Rennen auf den vierten Platz vor der favorisierten Französin Cassandra Beaugrande.

Lindemann war spätestens auf dem Rad ständig in der Spitzengruppe unterwegs. Auch auf der Laufstrecke gehörte die zweimalige Junioren-Weltmeisterin lange zu einem Führungsquartett. Doch etwa vier Kilometer vor dem Ziel setzte sich Stanford mit einem Zwischenspurt ab und legte die entscheidenden Meter zwischen der Deutschen und Lombardi. (dpa, sid)