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Kanu-Olympiasieger holt das Tokio-Ticket

Der Dresdner Tom Liebscher paddelt mit dem deutschen Paradeboot als Weltcup-Zweiter zu den Sommerspielen – und ärgert sich über die Niederlage.

Von Alexander Hiller
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Tom Liebscher kann für Tokio planen.
Tom Liebscher kann für Tokio planen. © Robert Michael

Dresden. Erlösende Jubelschreie tönten über die Regattastrecke im ungarischen Szeged – aber es flossen auch Tränen. Die deutsche Kanu-Elite löste in Ungarn einige Quoten-Tickets für Olympia in Tokio, und sowohl etablierte als auch junge Athleten sicherten sich ihre Teilnahme bei den Corona-Spielen im August.

Für Olympiasieger Tom Liebscher sieht alles nach einem Happy End aus. Nach seiner im November erlittenen Rückenverletzung schaffte es der 28-Jährige vom KC Dresden trotz Trainingsrückstandes ins deutsche Weltcup-Aufgebot. Dort belegte Liebscher mit dem Olympia-Vierer von Rio de Janeiro hinter Spanien den zweiten Platz. Die erste Niederlage auf internationalem Terrain – mit Ausnahme der sportlich unbedeutenden Europameisterschaft – seit fünf Jahren für das Aushängeschild der deutschen Kanu-Flotte. Das Quartett mit Ronald Rauhe (Potsdam), Max Rendschmidt (Essen), Liebscher (Dresden) und Max Lemke (Essen) kam 0,65 Sekunden hinter den siegreichen Spaniern ins Ziel. Doch das sollte dem Deutschen Kanu-Verband (DKV) als erforderlicher Leistungsnachweis in der Weltklasse reichen, zumal der zweite deutsche Vierer im A-Finale Rang sieben belegte.

„Der zweite Platz macht uns erst mal glücklich, weil wir damit die Olympiaqualifikation geschafft haben“, sagte Liebscher und ergänzte. „Andererseits sind wir auch nicht so glücklich, weil wir bis jetzt im Weltcup ungeschlagen waren. Aber das gehört natürlich dazu. Die Spanier haben das heute einfach besser gemacht. Es hat uns unsere kleinen Schwächen gezeigt. Wir haben Bock drauf, die in den nächsten 70 Tagen zu bearbeiten. Das Wichtigste ist erledigt. Das war der Nachweis für Tokio.“

Stadt verlängert Stipendium bis Oktober 2022

Er sei wieder an einem Punkt, „an dem ich denke: Wir sind noch mal einen Schritt vorangekommen. Ich sehe uns noch nicht am Ende“, sagte Liebscher auch im Hinblick auf seine Rückenverletzung. Die hat der sechsfache Kanu-Weltmeister offenbar bestens auskuriert. Finanziellen Rückenwind auf seinem Weg zur möglichen Titelverteidigung in Tokio erhält Liebscher von der Stadt Dresden. Die hat das Sportstipendium für Liebscher – das mit einer monatlichen Vergütung von 1.000 Euro verknüpft ist – in der Woche vor dem Weltcup bereits bis Oktober 2022 verlängert. „Dass das Stipendium jetzt schon verlängert wird, hat mich sehr gefreut. Das hätte ich so nicht gedacht. Das gibt mir Sicherheit auf dem Weg nach Tokio“, sagte Liebscher. Peter Lames, Sportbürgermeister der Stadt, erklärt den Vertrauensvorschuss so: „Tom Liebscher ist ein herausragender Sportler und ein herausragender Botschafter unserer Stadt. Und da gilt es für eine Stadt, dass man zu so einem Menschen steht.“ Das Stipendium der Landeshauptstadt ist zwingend daran geknüpft, dass die jeweiligen Athleten für einen Dresdner Verein antreten.

Die deutschen Rennsport-Kanuten haben in ihren ersten internationalen Rennen seit mehr als anderthalb Jahren mit insgesamt sechs Siegen in den olympischen Bootsklassen ein deutliches Signal für Tokio gesendet. Das „Generationen-Boot“ mit Max Hoff (Essen/38) und Jacob Schopf (Potsdam/21) triumphierte im Kajak-Zweier über 1.000 Meter. Damit stachen die Weltmeister im Duell um den Olympiastart die viertplatzierten Jakob Kurschat/Jakob Thordsen (Dresden/Hannover) aus. In Bestform präsentierte sich zudem das siegreiche Flaggschiff der Frauen in der Neubesetzung Sabrina Hering-Pradler, Melanie Gebhardt, Jule Hake und Tina Dietze. Die Dresdnerin Steffi Kriegerstein hätte vermutlich unter normalen Bedingungen auch in diesem Boot gesessen. Doch die 28-jährige kämpft noch immer gegen die Nachwirkungen einer Corona-Erkrankung im Dezember 2020. (mit sid/dpa)