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Leonie Kullmann: "Notfalls mit einer Schmerztablette"

Die Schwimmerin aus Dresden schneidet bei ihren zweiten Olympischen Spielen besser ab als vor fünf Jahren - und verrät, warum sie dennoch nicht zufrieden ist.

Von Daniel Klein
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In der Vorbereitung hatte Leonie Kullmann mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen.
In der Vorbereitung hatte Leonie Kullmann mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. © dpa/Friso Gentsch

Im Kampf um die Medaillen konnten die deutschen Frauen nicht eingreifen, das war auch nicht zu erwarten. Zur Weltspitze fehlt einiges. Über 4x200 Meter Freistil verbesserte die chinesische Staffel mit 7:40,33 Minuten den Weltrekord um mehr als eine Sekunde. Das deutsche Quartett mit Isabel Gose, Leonie Kullmann, Marie Pietruschka und Annika Bruhn schlug nach 7:52,06 Minuten auf Platz sechs an. Es ist das beste Ergebnis auf dieser Strecke seit den Spielen von Athen, also 17 Jahren. Im Interview mit Sächsisch.de erzählt die Dresdnerin Leonie Kullmann, warum es bei ihr nicht wie gewünscht lief, wie sie die Atmosphäre in Tokio erlebt und warum der Urlaub in diesem Jahr ausfällt.

Leonie, vor fünf Jahren sind Sie als jüngste deutsche Schwimmerin mit der Freistilstaffel im Vorlauf ausgeschieden, wurden Zwölfte. Nun landete das Quartett auf Platz sechs - rundum zufrieden?

Mit der Platzierung ja. Meine Einzelzeit (1:59,19 min und damit gut anderthalb Sekunden über der persönlichen Bestzeit/Anm. d. A.) war mäßig, aber den Umständen entsprechend.

Was waren denn die besonderen Umstände?

Ich hatte unmittelbar nach unserem Höhentrainingslager in der Sierra Nevada eine Darmschleimhaut-Entzündung bekommen, das war mit Magenkrämpfen, Durchfall und Gewichtsverlust verbunden. Und ich konnte natürlich nicht ins Wasser - in einer Phase, in der ein wichtiger Trainingsblock anstand. Ich bin zwar seit zwei Wochen beschwerdefrei, aber hier in Tokio bekam ich noch eine Gehörgangsentzündung.

Haben Sie über einen Startverzicht nachgedacht?

Nein, ich wollte unbedingt starten, notfalls mit einer Schmerztablette. Jetzt bin ich froh, dass es keine Vollblamage wurde - aber auch, dass es zu Ende ist und ich nach Hause kann.

Wie hat sich die Vorgeschichte in den Rennen bemerkbar gemacht?

Sowohl über die 400 Meter Freistil (Platz 18 im Vorlauf/Anm. d. A.) als auch in der Staffel war ich in der ersten Hälfte der Strecke im Bereich meiner Bestzeit, aber dann kam jeweils der Einbruch, da hatte ich keine Körner mehr. Die habe ich halt durch die Trainingspause verloren. Das ist extrem ärgerlich.

Leonie Kullmann (l.) mit ihren Staffel-Kolleginnen Marie Pietruschka (M.) und Isabel Gose .
Leonie Kullmann (l.) mit ihren Staffel-Kolleginnen Marie Pietruschka (M.) und Isabel Gose . © dpa/Friso Gensch

Wie gefällt es Ihnen abseits des Beckens in Tokio?

Mega gut. Ich habe das Gefühl, dass ich nun alles viel mehr aufsaugen kann als vor fünf Jahren in Rio de Janeiro. Da war ich total überfordert und schon froh, wenn ich nach vier Tagen den Weg zur Mensa gefunden habe. Von der Negativstimmung gegenüber den Spielen merken wir überhaupt nichts. Im Gegenteil: Die Japaner sind sehr freundlich, stehen an den Fenstern, winken uns zu und freuen sich.

Und wie fühlen sich Olympiarennen ohne Zuschauer an?

Das ist schon gewöhnungsbedürftig. Zum Teil kommt es mir vor wie beim Training in Berlin, nur dass die Halle hier größer ist. Es werden auch keine Klatschgeräusche eingespielt. Aber Einfluss auf die Leistungen hat es nicht.

Wie groß ist die Erleichterung im deutschen Schwimmteam über die erste Olympiamedaille nach 13 Jahren?

Die ist natürlich groß. Es ist auch Stolz dabei, Teil des Teams zu sein. Ich war nicht in der Halle, als Sarah Köhler Bronze gewonnen hatte, weil ich am Abend den Staffel-Vorlauf hatte. Aber wir haben sie dann im Olympischen Dorf empfangen und gefeiert.

Sachenpacken nach dem letzten Einsatz. Am Samstag fliegt Leonie Kullmann zurück nach Deutschland. Wettkämpfe in anderen Sportarten anschauen geht nicht wegen Corona.
Sachenpacken nach dem letzten Einsatz. Am Samstag fliegt Leonie Kullmann zurück nach Deutschland. Wettkämpfe in anderen Sportarten anschauen geht nicht wegen Corona. © dpa/Friso Gensch

Wann fliegen Sie zurück nach Deutschland?

Am Samstag hiesiger Zeit. Es gilt die Regel, dass man spätestens 48 Stunden nach dem letzten Start abreisen muss.

Und wohin geht es in den Urlaub?

Gar nicht weg, ich besuche nur meine Familie in Dresden. Ich habe auch nur zweieinhalb Wochen Pause, dann beginnt schon die Vorbereitung auf die International Swimming League (ISL), einer Einladungs-Wettkampfserie auf der Kurzbahn. Die Vorrunde wird Ende August in Neapel ausgetragen. Ich starte erstmals in der ISL und für das Team Cali Condors aus Kalifornien. Die sind Titelverteidiger, da will ich mich natürlich nicht blamieren.