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Wenn Corona bei Olympia Glück bringt

Corona ist für Wasserspringerin Lena Hentschel nicht erst seit 2020 ein ständiger Begleiter. Noch ein Jahr will sie mindestens in Dresden bleiben.

Von Daniel Klein
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Stolz präsentieren Lena Corona Hentschel (l.) und Tina Punzel ihre Medaillen. Für Hentschel ist schon Schluss, Punzel hat noch zwei Starts.
Stolz präsentieren Lena Corona Hentschel (l.) und Tina Punzel ihre Medaillen. Für Hentschel ist schon Schluss, Punzel hat noch zwei Starts. © dpa/Michael Kappeler

Tokio/Dresden. Als Siegerehrung, Glückwunsch- und Interviewmarathon vorbei waren, hatten Tina Punzel und Lena Hentschel endlich Zeit, mal auf ihre Handys zu schauen – und den Flugzeugmodus auszuschalten. „Es ging nur noch pling, pling, pling“, beschreibt Hentschel den Moment, als die Nachrichten im Sekundenrhythmus eintrafen. „Es war überwältigend zu sehen, wie viele Leute da in Deutschland mitgefiebert haben.“

Das Interesse an ihrem Synchron-Wettkampf vom Dreimeter-Brett war gewaltig und auch deshalb so groß, weil die beiden am Sonntagmorgen die erste Medaille fürs deutsche Olympiateam geholt hatten. „Die ganzen Interviews, der Auftritt in der ARD-Sportschau – das war total cool und aufregend“, meint Hentschel. Für Wasserspringer ist es vor allem ungewohnt. Das öffentliche Interesse an ihrer Sportart hält sich gewöhnlich in sehr überschaubaren Grenzen. Dieser Moment ist deshalb umso mehr einer zum genießen.

Bei der Rückkehr ins Olympische Dorf wurde das Duo vom deutschen Team empfangen. „Das war schon eine Überraschung und richtig schön. Alle haben geklatscht“, berichtet Punzel. Hinter dieser Bronzemedaille steckt natürlich viel hartes Training, aber auch ein ganz kleines Erfolgsgeheimnis. Die Physiotherapeuten verschenkten vor dem Finale Glückskekse, Jacqueline Punzel, Tinas Mutter, hatte Kinderriegel in den Tokio-Koffer gesteckt.

Vollständiger Name und „kein schlechter Scherz“

Und Hentschel hat noch einen ganz speziellen Talisman – ihren Namen. „Im Grunde wusste ich ja ganz genau: Das wird mein Jahr“, sagt die 20-Jährige und grinst. Auf der Athleten-Akkreditierung, die um ihren Hals baumelt, steht Lena Corona Hentschel. Das ist ihr vollständiger Name und „kein schlechter Scherz“, wie sie betont. Was kann da also schiefgehen bei den ersten Corona-Spielen der Olympia-Geschichte? Ihr zweiter Vorname habe eine lange Tradition in ihrer Familie, erzählt sie.

Den Anfang machte ihr Ur-Ur-Großvater, der ein großer Fan von Corona Schröter war. Die lebte im 18. Jahrhundert, stammte aus der Niederlausitz, wohnte zeitweise in Leipzig und wurde am Weimarer Hof als Sängerin und Schauspielerin berühmt. Johann Wolfgang von Goethe war ein großer Verehrer ihrer Kunst.

„Der Name wird bei uns von Generation zu Generation weitergegeben. Ich bin auf ihn immer noch sehr stolz, und eigentlich hat er eine sehr schöne Bedeutung“, sagt Hentschel. Corona kann als Krone übersetzt werden. Früher hätte sie immer den Vergleich mit der Biermarke gehört, nach dem Ausbruch der Pandemie sei es ein Running Gag geworden. „Ich hoffe natürlich, dass der aktuelle Aspekt bald in den Hintergrund treten wird.“

Punzel schon am Dienstagmorgen wieder dran

Vor anderthalb Jahren war die Berlinerin nach Dresden gezogen, um öfter mit Tina Punzel trainieren zu können. Dafür musste sie sogar die elfte Klasse wiederholen. In einem Jahr will sie am Sportgymnasium ihr Abitur machen, bis dahin bleibt sie also auf jeden Fall hier – unabhängig davon, ob Punzel ihre Karriere nach den Tokio-Spielen beendet oder bis Paris 2024 weitermacht.

„Wo es mich nach dem Jahr hinzieht, weiß ich noch nicht, das hängt sicher auch von meinem Studium ab“, erklärt Hentschel. An Rücktritt denkt sie noch lange nicht, sondern stattdessen schon an Los Angeles 2028. „Das ist ein Ziel, das ich vor Augen habe.“

Für Punzel geht es bereits an diesem Dienstagmorgen ab 8 Uhr mit dem Synchronspringen vom Turm an der Seite der Berlinerin Christina Wassen weiter. Die Dresdnerin glaubt, dass die Bronzemedaille sie „beflügeln wird und mir hilft, den Wettkampf vom Kopf her ein bisschen entspannter anzugehen“.

Am Wochenende steht dann die Einzelentscheidung vom Brett an, da möchte die amtierende Europameisterin ins Finale einziehen. „Ich will zeigen, dass ich auch im Einzel zu den Besten der Welt gehöre“, erklärt sie kämpferisch. Vielleicht helfen dann ja wieder Glückskekse und Kinderriegel.