Dresden/Paris. Karl Bebendorf hatte darauf gehofft, eines dieser märchenhaften Olympia-Geschichten zu schreiben. Für sich. Und für seinen Trainer. "Du hast mich zu dem Athleten gemacht, der ich immer sein wollte. Jetzt bin ich an der Reihe, Dir zurückzugeben, was du mir so viele Jahre geschenkt hast. Jetzt oder nie", schreibt Bebendorf zwei Tage vor seinem Vorlauf bei Olympia.
Und jetzt oder nie - heißt es dann am Montagabend, 19.04 Uhr. In den Vereinsräumen der DSC-Halle haben sich Trainer Dietmar Jarosch, DSC-Präsidentin Birke Tröger, Sportbürgermeister Jan Donhauser sowie rund 40 "Karli"- Fans versammelt, um Dresdens schnellsten Läufer beim Public Viewing anzufeuern.
Vom unermüdlichen Arbeiter, der im Training fast alles im Alleingang mit seinem Trainer macht - direkt ins olympische Finale über 3.000 Meter Hindernis. Es sollte ein besonderer Abschluss einer besonderen Beziehung werden – allerdings lagen dazwischen ein paar zu viele Afrikaner - und ein fieberhafter Infekt.
"Es ist extrem enttäuschend"
Karl Bebendorf scheidet in seinem Vorlauf als Siebter aus und verpasst wie in Tokio 2021 den Medaillenlauf. "Er hätte im Bereich seiner Bestleistung laufen müssen", analysiert Jarosch wenige Minuten nach dem Rennen. "Das Rennen ging gut los, aber nach der Hälfte wurde das Tempo ordentlich gesteigert, das hat Karl den Zahn gezogen. Es hat einfach nicht gelangt."
In 8:20,46 Minuten läuft der 28-Jährige zwar seine drittbeste Zeit, aber für den Finaleinzug hätte er Fünfter und damit rund zwei Sekunden schneller sein müssen. "Wenn ihr wüsstet, wie scheiße es mir heute ging, dass ich mich fast übergeben musste vor dem Lauf und ich wahrscheinlich nur mit 80 Prozent Leistungsfähigkeit gelaufen bin", sagt er in seinem ersten Statement auf Instagram: "Ich will keinen Ausreden suchen. Ich habe es einfach nicht auf die Bahn gebracht. Es ist extrem enttäuschend, dass ich wieder im Vorlauf gescheitert bin."
Doch offenbar hatte Bebendorf ein Infekt einige Körner gekostet. Nach Informationen von Sächsische.de hatte er in der Nacht von Samstag auf Sonntag etwas Fieber und Gliederschmerzen. Auch die beiden anderen deutschen Hindernisläufer, Frederik Ruppert und Velten Schneider, verpassten das Finale.
Nach seinem EM-Coup mit Bronze im Juni in Rom und mit seiner neuen Bestzeit von 8:14,41 Minuten war Bebendorf selbstbewusst nach Paris gereist. "Die Abschlusseinheit am Donnerstag lief super", meinte Jarosch, der die vergangenen zwei Wochen mit im Vorbereitungscamp in Kienbaum war. Am Freitag hatte Bebendorf auch noch mal ein Gespräch mit seinem Mentaltrainer, am Samstag flog er von Berlin nach Paris.
Nun geht es am 9. August zurück nach Dresden. Und noch ist die Saison nicht vorbei. Bebendorf wird Mitte August noch bei einem Meeting in Polen und dann eine Woche bei der Stadioneröffnung (30. August) in Dresden, der Wiederbelebung des Goldenen Oval starten. Es wird der Abschluss für Jarosch als Trainer sein.
"In 27 Tagen ist Schluss", sagt der 71-Jährige. "Ich habe das Karl und auch Abteilungsleiter Micha Gröscho vor den Spielen gesagt - unabhängig vom Ergebnis. Jetzt freue ich mich auf das Goldene Oval."