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Ullrich schafft es in den Bundestag, Pechstein nicht

Der frühere Olympiasieger und Bundestrainer setzt sich gegen den CDU-Rechtsaußen Hans-Georg Maaßen durch. Nun will er die Sportförderung anpacken.

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Olympioniken mit unterschiedlichem Wahlergebnissen: Ex-Biathlet Frank Ullrich sitzt für die SPD im neuen Bundestag, Eisschnellläufern Claudia Pechstein verpasste für die CDU den Einzug ins Parlament.
Olympioniken mit unterschiedlichem Wahlergebnissen: Ex-Biathlet Frank Ullrich sitzt für die SPD im neuen Bundestag, Eisschnellläufern Claudia Pechstein verpasste für die CDU den Einzug ins Parlament. © dpa/Michael Schutt, Archiv: Robert Michael

Von Jörg Soldwisch

Suhl/Berlin. Nach einer kurzen Nacht voller Glücksgefühle fuhr Frank Ullrich am Montag leicht nervös in seine neue berufliche Heimat Berlin. „Wir treffen uns zu ersten Fraktionssitzungen“, berichtete der frisch in den Bundestag gewählte SPD-Politiker während der Autofahrt: „Da freue ich mich wahnsinnig drauf, aber es ist auch eine neue Situation, mit der ich mich erstmal auseinander setzen muss.“

Ullrich, 1980 Biathlon-Olympiasieger und später langjähriger Bundestrainer bei den Skijägern und im Skilanglauf, hat mit dem Sieg am Wahlsonntag seiner noch jungen Politik-Karriere einen riesengroßen Schub verliehen. Der 63-Jährige holte sich im Wahlkreis 196 in Südthüringen entsprechend des vorläufigen Endergebnisses mit 33,6 Prozent der Stimmen das Direktmandat. Das sorgte für bundesweites Aufsehen, denn sein CDU-Gegenkandidat war der umstrittene Hans-Georg Maaßen.

"Mit ein, zwei Stunden Schulsport ist es nicht getan"

Den Rechtsaußen der Union distanzierte Ullrich deutlich, dank einer „breiten Front“, die der Thüringer auch über die Parteigrenzen hinweg vernahm. Trotzdem hätte er mit diesem klaren Ergebnis „nicht gerechnet“, räumte Ullrich, der erst um drei Uhr morgens ein Auge zutat, ein: „Ich war total überrascht.“

Das öffentlichkeitswirksame Duellgegen Maaßen hatte Ullrich im Wahlkampf versucht, außen vor zu lassen. „Ich habe mich damit gar nicht so sehr beschäftigt“, sagte er, „sondern eher damit, was wir wollen.“

Und eines will der Bundestags-Abgeordnete Ullrich in jedem Fall: den Sport fördern. „Da haben wir ganz dicke Bretter zu bohren“, sagte der neunmalige Weltmeister: „Die Wertschätzung für den Sport ist aus meiner Sicht extrem verloren gegangen, da müssen wir Akzente setzen. Da habe ich viel vor.“

Die Corona-Pandemie habe die aktuelle Situation noch mal verschlechtert, „da müssen wir auch vom Bund aus Akzente setzen und können nicht alles auf die Länder abwälzen“, meinte Ullrich: „Mit ein, zwei Stunden Schulsport in der Woche ist es perspektivisch nicht getan.“ Man müsse in einer gesamtgesellschaftliche Aufgabe „den Bogen vom Schul- und Nachwuchssport hin zum Breiten- und Leistungssport schlagen“, nur so könne Sport-Deutschland „auch international wieder erfolgreicher“ sein.

Künftig zwei Olympiasieger im Bundestag

Der Sportausschuss scheint also wie geschaffen für Ullrich, doch die genauen Aufgaben und Arbeitsgruppen werden erst in den kommenden Tagen besprochen und festgelegt. Klar ist, dass Ullrich auch auf politischer Ebene auf die Fähigkeiten zurückgreifen will, die er im Sport erlernen durfte. „Der Ehrgeiz, die Durchhaltefähigkeit, der Teamgedanke – das nehme ich alles mit aus dem Sport“, sagte Ullrich.

Ullrich wird erstmals im Parlament vertreten sein, er ist einer von zwei Olympiasiegern im gesetzgebenden Organ der Bundesrepublik Deutschland. Ex-Bahnradprofi Jens Lehmann (CDU) holte wie schon 2017 sein Direktmandat. Der 53 Jahre alte Olympiasieger im Mannschaftszeitfahren von 1992 und 2000 setzte sich in Leipzig (Wahlkreis 152) mit 20,5 Prozent hauchdünn vor SPD-Kandidat Holger Mann (20,2) durch.

Die erfolgreichste deutsche Winter-Olympionikin Claudia Pechstein (49), die am Sonntag für die CDU erstmals zur Wahl gestanden hatte, musste sich im Wahlkreis 84 in Berlin Treptow-Köpenick mit 13,5 Prozent der Stimmen hingegen dem langjährigen Abgeordneten Gregor Gysi (Die Linke/35,4) geschlagen geben. (sid)