Dresden. Die Vereinshymne durfte am Ende nicht fehlen. Doch nicht das Dynamo-Lied "Der 12. Mann" hallte am Sonntagabend durchs Rudolf-Harbig-Stadion, sondern "Stern des Südens" vom FC Bayern München. Dresden feierte die Fußball-Meisterinnen – und neuen Supercup-Gewinnerinnen. Im Duell gegen Pokalsieger VfL Wolfsburg setzten sich die Münchnerinnen am Ende verdient mit 1:0 durch und holten sich den ersten Titel der neuen Saison.
Nach dem verlorenen Pokalfinale vor drei Monaten gegen Wolfsburg war der FC Bayern auf Revanche aus. Und das sah man sofort. Die Münchnerinnen traten vor allem in der ersten Halbzeit dominant auf. Mehr als verdient war die Pausenführung für die technisch klar bessere Mannschaft, auch wenn der VfL beim Tor kräftig mithalf. Abwehrchefin Marina Hegering rutschte am eigenen Sechzehner weg, von dem Ballverlust profitierte prompt Klara Bühl, die den Ball wuchtig ins linke Eck schoss.
"Es hat unglaublich viel Spaß gemacht hier auf dem Platz zu stehen", lobte die Torschützin anschließend die Atmosphäre. "Dresden ist ein Super-Standort. In der Bundesliga spielen wir leider nicht hier. Man sieht dennoch, wie viele Menschen hier in der Umgebung, den Frauenfußball gern anschauen."
Bayern-Trainer Strauß: "Ich liebe dieses Stadion"
Insgesamt 16.690 Zuschauer sorgten für die einen würdigen Rahmen des ersten Supercups der Frauen seit 27 Jahren. "Das Stadion ist perfekt für den Frauenfußball", lobte Bayerns Vize-Kapitänin Sarah Zadrazil die Heimspielstätte von Dynamo Dresden und Bühl betonte: "Für uns Spielerinnen gibt es nichts Schöneres in so einem Stadion vor so vielen Zuschauern zu spielen."
Frauenfußball und Dresden – das passt einfach. Schon mehrmals hat sich die Stadt als Top-Standort für den Frauenfußball bewiesen. 2011 bei der Frauen-WM in Deutschland zeigte die Landeshauptstadt mit vollem Stadion und neugierigem sowie fachkundigem Publikum, wie sie sich für den Frauenfußball begeistern kann. Vor eineinhalb Jahren wurde dieser Eindruck bestätigt. Beim Länderspiel gegen Frankreich strömten knapp 27.000 Zuschauer ins Rudolf-Harbig-Stadion und sorgten beim 2:1-Sieg der deutschen Spielerinnen mit ihrer Stimmung für einen unvergesslichen Abend.
"Dresden hat mich schon damals umgehauen, weil es extrem laut war. Ich wusste, dass ich mich heute darauf wieder freuen kann – und genau so war es", meinte Wolfsburgs Trainer Tommy Stroot und Trainerkollege Alexander Strauß bestätigte: "Ich liebe dieses Stadion." Es sei perfekt für das erste Spiel der Saison. "Die Atmosphäre ist, wie würde man in Deutsch sagen, geil", meinte der gebürtige Norweger.
Frauenfußball boomt in Deutschland
Doch im nächsten Jahr wird der Supercup nicht wieder in Dresden stattfinden. Die Partie zwischen Meister und Pokalsieger soll nach Angaben des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) gezielt in unterschiedliche Regionen gebracht werden, "um die Bindung zu bestehenden Fans zu stärken, die Begeisterung rund um den Frauenfußball auch für neue Fans erlebbar zu machen."
Der Frauenfußball boomt in Deutschland. In den Vereinen des DFB sind insgesamt über 1,1 Millionen Frauen und Mädchen gemeldet. "Wir erleben eine solche Atmosphäre wie heute in Dresden durchaus häufiger als noch vor fünf oder zehn Jahren", betonte Stroot. "Mittlerweile wird es mehr und mehr zur Normalität auch vor diesen Kulissen zu spielen."
In Sachsen sind laut des Sächsischen Fußball-Verbandes inzwischen 6.000 Frauen und Mädchen Mitglied in einem Verein – Tendenz steigend. Selbst Dynamo Dresden hat in dieser Saison erstmals eine Frauenmannschaft am offiziellen Spielbetrieb angemeldet – trotz zahlreicher vereinsinterner Widerstände.
Ann-Katrin Berger erstmals Fußballerin des Jahres
"Dresden ist nicht zwingend als Frauenfußball-Hochburg bekannt", sagte Wolfsburgs Verteidigerin Hegering und meinte das gar nicht böse: "Es war nicht zu erwarten, dass so viele Zuschauer kommen. Die Stimmung war deshalb sehr gut." Laut wurde es vor allem in der 62. Minute, als die Wolfsburgerin Alexandra Popp das Spielfeld betritt. Mit der Nationalmannschaft gewann sie vor drei Wochen bei den Olympischen Spielen in Paris Bronze. Insgesamt waren in Dresden zwölf Spielerinnen des 20-köpfigen Olympia-Kaders zu sehen, sieben standen dabei in der Startformation.
Kapitän Popp hatte im Vorfeld des Supercups Kritik an der Terminierung geübt. Denn kurz vor dem Duell der Fußballerinnen trafen rund 300 Kilometer entfernt die Männerteams der beiden Vereine zum Bundesliga-Auftakt in der VW-Arena aufeinander. "Ich würde es mal ganz diplomatisch als maximal unpassend beschreiben", sagte die dreimalige Fußballerin des Jahres.
Bisher letztmals erhielt sie die Auszeichnung im vergangenen Jahr. Ihre Nachfolgerin ist Torhüterin Ann-Katrin Berger. Die 33-Jährige vom US-Club NJ/NY Gotham FC setzte sich erstmals bei der vom Kicker organisierten Wahl durch. "Ich hätte das nie erwartet und musste es auch erst mal verdauen. Es ist ein schönes Gefühl", sagte die Nummer eins der deutschen Nationalmannschaft. "Bei Torhütern ist es ganz selten, dass sie solche Titel gewinnen."