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Wie Dresden ohne Tennis-Star Petkovic abschneidet

Die Bundesliga ist ein Vabanque-Spiel zwischen Vereinswünschen und persönlichen Interessen der Stars. Auch Dresden ist betroffen - und doch erfolgreich.

Von Alexander Hiller
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Aus Belgrad angereist und am Ende ziemlich kraftlos: Die Tschechin Kristyna Pliskova schenkte ihre Einzel noch her - nach 6:0 im ersten Satz.
Aus Belgrad angereist und am Ende ziemlich kraftlos: Die Tschechin Kristyna Pliskova schenkte ihre Einzel noch her - nach 6:0 im ersten Satz. © Jürgen Lösel

Dresden. Es ist der größte Erfolg der Vereinsgeschichte. Der TC Blau-Weiß Blasewitz holt Bronze in der 1. Tennis-Bundesliga der Damen. Wie wichtig oder besser gesagt unwichtig die innerhalb des Deutschen Tennis-Bundes (DTB) tatsächlich ist, deutet sich an, wenn man weiß, dass die Dresdnerinnen dafür nicht einmal Bronzemedaillen ausgehändigt bekommen. "Der Meister bekommt einen Pokal, sonst gibt es nix", sagt Teammanager Sven Grosse.

Dabei verspielte Blasewitz mit einer 4:5-Niederlage gegen Stuttgart am Samstag die Vizemeisterschaft hinter dem neuen Champion TC Bredeney. Dafür gibt es auch für die auch Rang zwei vorgerückten Aachnerinnen auch kein Silber.

Blasewitz muss am letzten Spieltag einem Großteil der 300 Besucher im Waldpark ohnehin zunächst einmal erklären, weshalb die eine Spielerin dann doch wieder nicht da ist, mit der der größte ostdeutsche Tennisverein so offensiv wirbt: mit dem deutschen Star Andrea Petkovic.

Das ist ziemlich einfach erklärt. Die ehemalige Weltranglisten-Neunte spielte sich zeitgleich bei den Belgrad Open ins Halbfinale, scheiterte da an der Holländerin Arantxa Rus. Ihre Klubkollegin Kristyna Pliskova war in Belgrad im Viertelfinale rausgeflogen und machte sich eilig auf den Weg nach Dresden. Über Prag kam die 29-Jährige erst am Samstagvormittag im Waldpark an.

Teammanager Sven Grosse erklärt den geplatzten Deal mit Andrea Petkovic.
Teammanager Sven Grosse erklärt den geplatzten Deal mit Andrea Petkovic. © Jürgen Lösel
Andrea Petkovic spielte am Freitag in Belgrad und reiste ins rumänische Cluj weiter. Dort spielt sie ab Montag.
Andrea Petkovic spielte am Freitag in Belgrad und reiste ins rumänische Cluj weiter. Dort spielt sie ab Montag. © dpa

"Die Besetzung der Mannschaft am Spieltag ist halt immer auch mit Glück verbunden", sagt Sven Grosse und erinnert damit an den zweiten Heimspieltag, an dem er das Erscheinen des Publikumslieblings fest verkündet hatte. "Sie ist da in Hamburg bis ins Halbfinale vorgestoßen, spielt dort im Grunde das beste Turnier seit langer Zeit. Dann ist sie eben nicht hier. Das ist einfach so", stellt Grosse fest. Soll heißen, die Profis verdienen auf den Turnieren den Großteil ihres Jahressalärs, die Bundesliga ist für die Spielerinnen der Top 100 der Weltrangliste allenfalls ein schönes Zubrot, das im besten Fall auch noch Spaß macht. "Wir hatten dennoch im Grund eine gute Mannschaft, was den Teamgeist betrifft", sagt der Teammanager. Die Bundesliga ist mitten in den internationalen Turnierkalender eingebettet - und das ist sportlich gesehen ein Fluch.

Dazu kommen noch unvorhergesehene Ereignisse. Die nominelle Nummer eins der Blasewitzerinnen, die Rumänin Patricia Maria Tig, ist seit Monaten von der Bildfläche verschwunden. "Sie wird im nächsten halben Jahr kein Turnier spielen, so weit ich weiß, ist es keine Sportverletzung, sondern eine Erkrankung", erklärt Grosse. Einen positiv erklärbaren Ausfall mussten die Dresdnerinnen ebenfalls hinnehmen. Die Tschechin Tereza Martincova, nominell nur die Nummer vier in Blasewitz, spielt eine derart überragende Turniersaison, dass sie derzeit auf Weltranglistenplatz 65 vorgerückt ist. So hoch wie keine andere Spielerin aus dem Waldpark. "Sie hat den Fokus voll auf ihre Turniere gerichtet, will so weit nach vorn kommen, wie es geht. Das muss man verstehen."

Petkovic soll auch nächste Saison für Dresden spielen

Mit Andrea Petkovic rechnet Grosse allerdings weiter - für die nächste Saison. "Sie hat angekündigt, im nächsten Jahr noch zu spielen. Und wir werden uns jetzt im Nachgang unterhalten, was wir vielleicht für 2022 besser machen können." Der Vertrag mit der 33-Jährigen sah einen Heimspieltag im Waldpark fest vor. "Wir haben dieses Heimspiel fest vereinbart, das stimmt. Wenn ein Grund dazwischenkommt, wie jetzt, dann haben wir einfach Pech gehabt. Der Vertrag wird dann eben nicht gelebt. Wir sprechen jetzt nach der Saison über die Spielzeit 2022", versichert der Teammanager, der hauptberuflich als Anwalt tätig ist.

"Fazit ist: Mit dem, was wir an Potenzial haben, haben wir eine Riesensaison gespielt, mit tollen neuen Spielerinnen", sagte Sven Grosse. Wie sich die Tennis-Bundesliga der Damen wertiger innerhalb des DTB positionieren lässt, dafür gibt es noch kein konkretes Konzept. Ein Livestream wird in der kommenden Saison wahrscheinlich verpflichtend eingeführt, ein Titelsponsor würde eventuell das finanzielle Knowhow und die Gewichtung der höchsten Spielklasse anheben. Wir werden die Saison sacken lassen und gucken, was man ändern kann", kündigt Grosse auch Gespräche mit den Konkurrenzvereinen an.

Blasewitz will trotz immenser finanzieller Anstrengung die Bundesliga weiter etablieren. Von einem Budget zwischen 50.000 und 80.000 Euro darf ausgegangen werden, exakte Zahlen lassen sich die Macher hinter den Kulissen nicht entlocken. "Ich gehe davon aus, dass wir 2022 wieder Tennis-Bundesliga im Waldpark sehen werden", sagt Grosse.