Altenberg. Der große Auftritt war ihr fast ein wenig peinlich. Noch vor der Siegerehrung des Einzelrennens der Frauen bei den deutschen Meisterschaften in Altenberg trug sich Alma Siegismund ins Goldene Buch der Stadt ein – mitten im Biathlon-Stadion vor etlichen Zuschauern. Der Bürgermeister war extra gekommen und zwei Männer in historischer Bergmannsuniform.
Wenige Minuten zuvor hatte die 19-Jährige das Rennen auf Platz 26 beendet – und war sichtlich unzufrieden. Das Ergebnis passte nicht so recht zum feierlichen Aufzug. Doch geehrt wurde Siegismund nicht für ihr Abschneiden bei der Sommer-Meisterschaft, sondern für ihre Goldmedaille bei der Junioren-WM vergangenen Winter im estnischen Otepää. Es war ein Erfolg, wie es ihn lange nicht mehr gab für ein sächsisches Biathlon-Talent.
Der WM-Sieg hat ihr nicht nur den Eintrag ins Goldene Buch eingebracht, sondern auch eine Beförderung in die Lehrgangsgruppe IIa des Deutschen Skiverbandes (DSV). „Das bedeutet, dass ich nun öfter bei Lehrgängen zusammen mit den Weltcup-Startern trainieren kann. Von denen kann ich mir einiges abschauen, das motiviert“, sagt Siegismund, die aus Schellerhau stammt und für den SSV Altenberg startet.
Abschauen könnte sie sich vor allem etwas beim Stehendanschlag, ihrer Schwachstelle. „Da bin ich zu unruhig, es ist zu viel Bewegung drin“, erklärt sie und möchte das mit verstärktem Training in der Schießhalle ändern. Arne Kluge, ihr Trainer am Altenberger Stützpunkt, findet, dass sie „für eine 19-Jährige sehr klare Bilder hat und sehr ehrgeizig ist. Nun muss sie den nächsten Schritt machen in Richtung Damen.“
Im bevorstehenden Winter wird sie aber vorerst weiter im IBU-Junior-Cup starten, der höchsten internationalen Nachwuchsliga im Biathlon. „Vielleicht bekomme ich auch mal eine Chance im IBU-Cup“, hofft Siegismund. Das ist die zweithöchste Liga bei den Erwachsenen hinter dem Weltcup. Höhepunkt soll erneut die Junioren-WM werden – und die Junioren-EM im heimischen Altenberg im Januar.
Nach der Saison lernt sie dann für ihr Abitur, seit der 5. Klasse besucht sie das Altenberger Sportgymnasium. Wie es nach den Prüfungen weitergeht, weiß Siegismund noch nicht genau. „Wahrscheinlich werde ich auch wegziehen“, sagt sie. Es ist der Weg, den alle großen Talente am sächsischen Bundesstützpunkt gehen müssen. „Wenn sie sich so weiterentwickelt, wird sie in zwei, drei Jahren viel besser sein als die anderen Athleten in Altenberg. Dann sollte sie sich täglich mit anderen messen – etwa mit Franziska Preuß“, erklärt DSV-Sportdirektor Felix Bitterling.
Der Abschied aus Altenberg dürfte ihr etwas leichter fallen, weil auch die nur wenige Monate ältere Johanna Lehnung dann wegzieht. Die Athletin des SV Grün-Weiß Pirna hat ihr Abitur bereits in der Tasche – mit einem Notenschnitt von 1,5. „Bis März trainiere ich noch hier, dann beginne ich meine Ausbildung bei der Sportfördergruppe der Bundespolizei in Bad Endorf“, erzählt sie. „Mein Trainingsschwerpunkt wird dann Ruhpolding sein.“ Bei den deutschen Meisterschaften auf ihrer Heimstrecke überzeugte sie mit zwei 14. Plätzen und möchte im Winter mit Siegismund zusammen im IBU-Junior-Cup starten.
Für die Jüngere aus der Trainingsgruppe hat die WM-Goldmedaille noch eine weitere angenehme Konsequenz. Bei der Premiere des City-Biathlons in Dresden am 15. September mit Stars wie Johannes Thingnes Boe und Lisa Vittozzi wird Siegismund im Rahmenprogramm bei der Youngster Team Challenge starten. Dann möchte sie auf alle Fälle besser Abschneiden als bei den Meisterschaften in Altenberg, dämpft aber zugleich allzu hohe Erwartungen: „Im Sommer sind meine Leistungen nie so gut.“ Das lässt hoffen - auf den Winter.