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Bob-Pilot Friedrich verpasst EM-Sieg wegen großer Geste

Francesco Friedrich wird Zweiter in St. Moritz, weil er einem lange verletzten Anschieber ein Abschiedsrennen geschenkt hat. Der ist zu Tränen gerührt.

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Saisonfinale an der Geburtsstätte des Bobsports. Francesco Friedrich, Martin Grothkopp, Alexander Rödiger und Alexander Schüller fahren am Ende auf den zweiten Platz - und sind dennoch zufrieden.
Saisonfinale an der Geburtsstätte des Bobsports. Francesco Friedrich, Martin Grothkopp, Alexander Rödiger und Alexander Schüller fahren am Ende auf den zweiten Platz - und sind dennoch zufrieden. © Eibner

St. Moritz. Ausgerechnet im letzten Rennen vor den Olympischen Winterspielen hat Francesco Friedrich die erste Niederlage im Viererbob hinnehmen müssen. Doch selten nahm der Pirnaer einen zweiten Platz so locker. Der widererstarkte Lette Oskars Kibermanis und sein Team waren am Sonntag auf der Natureisbahn in St. Moritz 0,16 Sekunden schneller und verhinderten zugleich in der parallel ausgetragenen Europameisterschaft die Titelverteidigung Friedrichs. EM- und Weltcup-Dritter wurde der Russe Rostislav Gaitjukevitch.

Dafür sicherte sich der Doppel-Olympiasieger vom BSC Sachsen Oberbärenburg einmal mehr den Gesamt-Weltcup in der Königsklasse, das war bereits nach dem Weltcup in der Vorwoche in Winterberg klar. Tags zuvor hatte Friedrich in St. Moritz das Zweierbob-Rennen mit seinem Olympia-Anschieber Thorsten Margis gewonnen - und damit zudem sowohl die EM als auch die Kristallkugel für den Gesamt-Weltcup im kleinen Schlitten.

Im Vierer fuhr Friedrich im Schweizer Engadin allerdings nicht mit seiner Olympia-Crew, damit sein zuletzt verletzter Anschieber Alexander Rödiger den geplanten Abschied bekam. So saßen statt Margis und Candy Bauer diesmal Rödiger und Martin Grothkopp zwischen Pilot Friedrich und dem vierten Mann Alexander Schüller im Bob. Rödiger hatte sich vor acht Wochen einen Bizepsmuskel abgerissen und nun das letzte Rennen seiner langen Karriere bestritten. "Danke Rödi" stand auf einem von Bundestrainer Gerd Leopold hoch gehaltenen Schild.

"Das ist einfach großartig, dass ich noch mal die Chance hatte, mit den Jungs an den Start zu gehen. Franz war nach meiner Verletzung der erste, der gesagt hat: Rödi, sieh zu, dass du fit wirst, ich will mit dir den letzten Wettkampf fahren. Da musste ich mich anstrengen", sagte Rödiger, der nach 17 Jahren im Eiskanal mit Tränen in den Augen und einer Laudatio von Bundestrainer René Spies (siehe Video) nun seine Karriere beendet. Und Friedrich, den sie alle Franz nennen, betonte: "Wir sind stolz darauf, dass wir Rödi dieses Geschenk noch mitgeben können."

Dass er damit quasi auch den Sieg verschenkte, störte den Bobdominator Friedrich nicht. Denn am Start, eigentlich die große Stärke seines Teams, standen diesmal lediglich die neunt- sowie viertbeste Zeit. Am schnellsten auf den ersten 50 Metern war zweimal das Team von Gaitjukevitch, den Friedrich auch für Olympia in Peking zu den größten Konkurrenten zählt.

Kein Grund für Sorgen mit Blick auf Olympia

Mit Blick auf den Saisonhöhepunkt, der am 4. Februar beginnt, bleibt der Pirnaer entspannt. "Wir müssen uns gar keine Sorgen machen, St. Moritz ist eine spezielle Bahn. Die Letten haben hier immer besonderes Material, da hat diesmal bei ihnen alles gut geklappt, auch mit der Startnummer", sagte Friedrich, und er stellte fest: "Wir konnten aber im zweiten Lauf zumindest so zurückschlagen, dass wir in dieser Saison hier die beste Zeit gefahren sind."

Das Selbstvertrauen des Rekordweltmeisters scheint fast grenzenlos. Friedrich, der am Samstag im Zweier seinen 14. Saisonsieg gefeiert und sein siebentes EM-Gold geholt hatte, ist heiß auf Olympia-Gold Nummer drei und vier im Yanqing National Sliding Center - und haushoher Favorit. "Wir haben nur noch zwei Wochen, und dann sind wir drüben", freute sich Friedrich, der in China den Olympia-Rekord von André Lange mit vier Goldmedaillen einstellen kann.

Christoph Hafer aus Bad Feilnbach landete auf Weltcup- und EM-Rang vier. Johannes Lochner vom Königssee kam zeitgleich mit dem Kanadier Justin Kripps auf Weltcup-Rang fünf und EM-Rang vier. Im kleinen Schlitten wurde er Weltcup-Dritter und EM-Zweiter.

Bei den Frauen holte sich Kim Kalicki zuvor den EM-Titel im Zweierbob. Beim deutschen Dreifacherfolg setzte sie sich mit Olympia-Anschieberin Lisa Buckwitz vor Mariama Jamanka durch. Die Zweierbob-Olympiasiegerin, die am Vortag den EM-Titel im Monobob gewann, fuhr mit Kira Lipperheide. EM-Dritte im parallel ausgetragenen Weltcup wurde Laura Nolte mit Deborah Levi. Zuvor hatte Jamanka für eine Überraschung gesorgt. "Ich habe mein bestes Monobob-Ergebnis in meiner Weltcupzeit eingefahren. Europameister im Monobob, das muss man auch erst mal verdauen. Ich freue mich einfach", sagte Jamanka. (SZ/-yer, mit dpa und sid)