Bob-WM 2021
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Amerikas Nr. 1 vor drei deutschen Bobs

Die ersten Medaillen bei der WM in Altenberg sind vergeben. Dabei wiederholt sich Geschichte, und auch Tränen gibt es am Eiskanal.

Von Tino Meyer
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Sie ist die Frau des Tages in Altenberg: Kaillie Humphries aus den USA gewinnt den Zweierbob bei schwierigen Bedingungen und harter Konkurrenz.
Sie ist die Frau des Tages in Altenberg: Kaillie Humphries aus den USA gewinnt den Zweierbob bei schwierigen Bedingungen und harter Konkurrenz. © dpa/Sebastian Kahnert

Altenberg. Manchmal wiederholt sich Geschichte also doch: Die neue alte Zweierbob-Weltmeisterin von Altenberg heißt Kaillie Humphries, und auch die Zweitplatzierte Kim Kalicki steht auf dem Podestplatz, den sie bereits im Vorjahr im Osterzgebirge inne hatte. Es ist das vorab durchaus erwartete Ergebnis der ersten Entscheidung dieser Bob- und Skeleton-WM 2021. "Ich hätte das vorher auch so unterschrieben und bin jetzt voll und ganz zufrieden. Wir haben gezeigt, was wir können", bestätigt Kalicki.

Selbst der Abstand ist nahezu identisch: Die US-Amerikanerin Humphries und ihre Anschieberin Lolo Jones liegen nach vier Läufen auf dem 1,4 Kilometer langen Eiskanal mit 0,35 Sekunden vor der jungen Wiesbadenerin, die von Ann-Christin Strack angeschoben wird. Im Vorjahr waren es 0,37 Sekunden. Beide trennen zudem zwölf Jahre Altersunterschied, den Kampf der Generationen hat die 35-jährige Humphries erneut für sich entschieden. "Wir freuen uns trotzdem, dass wir Silber gewonnen haben - und nicht Gold verloren", betont Kalicki danach.

Kim Kalicki und Ann-Christin Strack freuen sich über den zweiten Platz.
Kim Kalicki und Ann-Christin Strack freuen sich über den zweiten Platz. © dpa

Umso spannender ist dagegen ganz plötzlich das Duell um die Bronzemedaille, die am Ende die Junioren-Weltmeisterin Laura Nolte mit Anschieberin Deborah Levi gewinnt. Nach dem dem ersten Tag und verpatzten Fahrten der Verfolgerinnen schien diese Bronzemedaille "schon relativ sicher", wie die Winterbergerin Nolte sagt. Doch dann patzte sie selbst und Teamkollegin Stephanie Schneider legte zusammen mit Anschieberin Leonie Fiebig einen, O-Ton Nolte, "krassen Lauf" hin.

Bei dichtem Schneefall schmolz Noltes Vorsprung von 0,66 auf 0,15 Sekunden zusammen. "Da standen wir ganz schön unter Druck", betont die 22-Jährige, die im vergangenen Jahr bei der WM in Altenberg noch schwer gestürzt war und diesmal Freudentränen geweint hat. "Das hat mich im ersten Moment so überwältigt. Der Sturz im letzten Jahr hat mich lange mitgenommen, auch wenn ich es nicht zugeben wollte. Deswegen bin ich jetzt sehr froh."

Alles auf Abstand: Auch die Siegerehrung nach dem Zweierbob-Rennen der Frauen läuft Corona-konform ab, mit Maske und ohne Anschieberinnen. Auf dem Podium stehen die Zweite Kim Kalicki, Weltmeisterin Kaillie Humphries und die Drittplatzierte Laura Nolte.
Alles auf Abstand: Auch die Siegerehrung nach dem Zweierbob-Rennen der Frauen läuft Corona-konform ab, mit Maske und ohne Anschieberinnen. Auf dem Podium stehen die Zweite Kim Kalicki, Weltmeisterin Kaillie Humphries und die Drittplatzierte Laura Nolte. © dpa/Sebastian Kahnert

Der internen deutschen Wettstreit der Generationen haben die Jungen diesmal also sehr deutlich für sich entschieden. Und für die 30-jährige Schneider ist es auch wenig tröstlich, nach einem katastrophalen ersten Tag mit Platz acht noch auf Rang vier vorgefahren zu sein. Jene Platzierung, die sie schon bei Olympia 2018 erreichte. "Mit dem zweiten Tag bin ich total zufrieden. Da haben wir mal angedeutet, was hier auch gehen kann. Leider reicht ein guter Tag bei einer WM nicht, und der erste war katastrophal. Die Enttäuschung überwiegt erst mal noch", bilanziert die Pilotin vom WSC Oberwiesenthal, die sich immerhin noch vor der starken US-Amerikanerin Elena Meyers Taylor auf Rang fünf platzieren konnte.

Die große Verliererin im deutschen Team ist indes die Olympiasiegerin und frühere Weltmeisterin Mariama Jamanka als Sechste - und damit Letzte der vorher als Medaillenkandidatinnen gehandelten Frauen. "Uns war klar, dass es hier sehr viele Teams gibt, die aufs Podest fahren wollen. Nach dem ersten Tag hat es nicht zu mehr gereicht", sagt die 30-jährige Oberhoferin, die 2018 bei Olympia selbst gegen Toppilotin Humphries gewann.

Winterwunderland Altenberg: Bei schwierigen äußeren Bedingungen fahren Kim Kalicki und Ann-Christin Strack zur Silbermedaille.
Winterwunderland Altenberg: Bei schwierigen äußeren Bedingungen fahren Kim Kalicki und Ann-Christin Strack zur Silbermedaille. © dpa/Sebastian Kahnert

Die Frau aus Calgary ist, wenn man so will, die weibliche Antwort auf Francesco Friedrich, den Rekordweltmeister aus Pirna und zur WM-Halbzeit einmal mehr klar in Führung liegenden Top-Favoriten bei der Männern. Humphries dominierte zuletzt nicht mehr ganz so sehr, gewinnt aber auch immer noch regelmäßig bei großen Meisterschaften. Der Sieg in Altenberg war ihr insgesamt vierter WM-Sieg (2012, 2013, 2020, 2021), zudem kommen die Olympiasiege 2010 und 2014, Olympia-Bronze 2018 - und ein Nationenwechsel. Nach internen Streitigkeiten hat die gebürtige Kanadierin die Staatsbürgerschaft gewechselt und startet seit 2019 für die USA.

"Kaillie ist unglaublich nervenstark, fährt super und hat auch einen super Schlitten", lobt Kalicki die Überfahrerin der vergangenen Jahre, die das Kompliment danach umgehend zurückgibt. "Es war definitiv nicht so leicht, wie es ausgesehen hat. Die vier Deutschen und auch Elena waren wirklich starke Gegner, und wir haben gesehen: die nächste Generation steht bereit", meint Humphries, die sehr gerne in Altenberg fährt - und mit dem WM-Standort deshalb auch gar kein Problem hatte.

Ursprünglich war die Bob- und Skeleton-WM nach Lake Placid vergeben. Aufgrund der Corona-Pandemie strich der Weltverband IBSF allerdings alle Wettbewerbe in Nordamerika, die WM inklusive. Altenberg sprang kurzfristig ein, wie Bahnchef Jens Morgenstern im WM-Podcast Dreierbob erzählt, und richtet damit die Titelkämpfe binnen zwölf Monaten erneut aus.

Endstand: 1. Humphries/Jones (USA) 3:48,26 Min.; 2. Kalicki/Strack (Wiesbaden/Gießen) +0,35 Sek.; 3. Nolte/Levi (Winterberg) +1,01 (56,53/56,84/57,95/57,95); 4. Schneider/Fiebig (Oberwiesenthal/Köln) +1,19; 5. Meyers Taylor/Hoffmann (USA) +1,88; 6. Jamanka/Mark (Oberhof/Winterberg) +2,03.

Alles über die WM in Altenberg erfahren Sie auf unserer Themenseite BOB-WM 2021.

Einsteigen und mitfahren im Dreierbob, dem WM-Podcast von Sächsische.de - hier alle Folgen.