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Bob-WM: Lochner führt - doch Friedrich hat Gold noch im Blick

Der Bobdominator und sein größter Herausforderer liefern sich bei der WM in St. Moritz ein packendes Duell. Die Frage nach Friedrichs Verletzung, ob der Muskel hält, ist schnell beantwortet.

Von Tino Meyer
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Zweiter nach zwei Läufen: Bobdominator Francesco Friedrich hat den WM-Sieg weiter im Blick.
Zweiter nach zwei Läufen: Bobdominator Francesco Friedrich hat den WM-Sieg weiter im Blick. © dpa/Robert Michael

St. Moritz. Die Tendenz des nacholympischen Winters bestätigt sich bislang auch bei der Weltmeisterschaft in St. Moritz: Bobdominator Francesco Friedrich ist nach seiner Verletzung schon wieder schnell, sein größter Herausforderer Johannes Lochner aber einmal mehr noch schneller. Nach vier Weltcup-Siegen in Serie mit dem Zweierbob schickt sich der Pilot vom Königssee an, erstmals auch den WM-Titel im kleinen Schlitten zu gewinnen. Nach zwei von vier Läufen führt Lochner, angeschoben von Georg Fleischhauer vom BSC Sachsen Oberbärenburg, mit 0,32 Sekunden vor Friedrich und dessen Anschieber Alexander Schüller.

"Auf einer anderen Bahn würde ich sagen, das war's. Aber die hier in St. Moritz ist sehr lang, da kann immer etwas passieren. Wir müssen konzentriert bleiben und noch einmal so einen Tag hinlegen", sagt Lochner am Samstagnachmittag - nachdem er mit geballter Faust den mitgereisten Fanklub gegrüßt und eine anerkennende Umarmung von Friedrich erhalten hat. Auch der Pirnaer weiß: Eine kleine Vorentscheidung könnte bereits gefallen sein. Lochner wiederum entgegnet: "Der Franz gibt nicht auf, der greift morgen noch mal an."

Die große, spannende Frage: Wie gut kann Francesco Friedrich nach seiner Verletzung starten? Antwort bei der WM in St. Moritz: Besser als von vielen erwartet. Mit Anschieber Alexander Schüller liegt er knapp hinter den Besten zurück.
Die große, spannende Frage: Wie gut kann Francesco Friedrich nach seiner Verletzung starten? Antwort bei der WM in St. Moritz: Besser als von vielen erwartet. Mit Anschieber Alexander Schüller liegt er knapp hinter den Besten zurück. © dpa/Robert Michael

Tatsächlich gehören auch Aufholjagden zu Friedrichs Spezialitäten, bei seinem Olympiasieg 2018 fuhr er beispielsweise von Platz fünf auf eins. Eine Kampfansage lässt sich der 32-Jährige allerdings nicht entlocken, er gibt sich stattdessen sachlich-analytisch. "Wir müssen jetzt mal ganz genau gucken, wo Hansi in der Bahn schneller ist", sagt Friedrich, der sich in beiden Läufen kleinere Fahrfehler erlaubt. Das dürfe am Sonntag nicht mehr passieren. Und auch er weist darauf hin, dass diese Bahn in St. Moritz mit gut 1.700 Metern extrem lang sei.

Hinter dem deutschen Duo liegen zudem die Schweizer Michael Vogt/Sandro Michel (+039) sowie Brad Hall/Taylor Lawrence aus Großbritannien (+0,48) und das dritte deutsche Team Christoph Hafer/Matthias Sommer (+0,54) in Lauerstellung. Entschieden ist diese WM wohl wirklich noch nicht, erst recht nicht der Kampf um die Medaillen. Es ist vielmehr das erwartete knappe Rennen.

Sie haben gut lachen: Johannes Lochner (links) und sein Anschieber Georg Fleischhauer vom BSC Sachsen Oberbärenburg liegen zur WM-Halbzeit in Führung. Es könnte eine kleine Vorentscheidung sein.
Sie haben gut lachen: Johannes Lochner (links) und sein Anschieber Georg Fleischhauer vom BSC Sachsen Oberbärenburg liegen zur WM-Halbzeit in Führung. Es könnte eine kleine Vorentscheidung sein. © dpa/Robert Michael

Schon vor dem ersten Lauf ist die Spannung deshalb fast mit Händen zu greifen. Keine Worte, kaum noch ein Blick - das gehört so kurz vorm Saisonhöhepunkt immer dazu. Diesmal wirkt die Szenerie noch packender, was womöglich auch mit der besonderen Kulisse von St. Moritz zu tun hat. Nirgends sind die Zuschauer näher dran, wenn die Athleten nach der Erwärmung im nahegelegenen Parkhaus in den Startbereich der ersten und zugleich noch einzigen Natureisbahn der Welt kommen.

Die spannende Frage aus sportlicher Sicht: Wie fit ist Friedrich nach seinem beim Lauftraining kurz vorm Jahreswechsel erlittenen Muskelbündelriss im Adduktorenbereich, wie gut kann er starten? Eine Frage, die sich auch Physiotherapeutin Brigitte Schmailzl stellt. Am Rande der Bahn fiebert die Münchnerin mit, nachdem sie Friedrich bis 20 Minuten vorm ersten Start noch mal behandelt hat.

Die offensichtliche Antwort: Besser als von vielen erwartet. Lediglich 0,03 Sekunden liegen er und Schüller mit der drittbesten Startzeit im ersten Lauf hinter den Besten Lochner/Fleischhauer, was definitiv keine Überraschung ist. Sie sind derzeit am Start das Maß der Dinge. Im zweiten Lauf startet das Duo mit 5,02 Sekunden nochmals schneller, Friedrich/Schüller wiederholen die 5,06 aus Lauf eins. Friedrich, der seit seinem ersten WM-Sieg 2013 eben hier in St. Moritz im Zweierbob ungeschlagen ist, betont daraufhin: "Wir müssen uns am Start steigern, jetzt wissen wir, dass es geht."

"Jetzt wissen wir, dass es geht", sagt Francesco Friedrich (vorn). Er und Anschieber Alexander Schüller gehören am Start wieder zu den Besten.
"Jetzt wissen wir, dass es geht", sagt Francesco Friedrich (vorn). Er und Anschieber Alexander Schüller gehören am Start wieder zu den Besten. © dpa/Robert Michael

Das klingt nach Kampfansage, wirklich emotional wird Friedrich allerdings nur einmal kurz bei der Frage, ob er denn nach der nun überwundenen Verletzung wieder bei hundert Prozent stehe. "Ich kann gar nicht bei hundert Prozent sein", entgegnet der Pilot vom BSC Sachsen Oberbärenburg und liefert die Erklärung gleich mit: "Ich habe seit vier Wochen nicht mehr richtig trainieren können." Es gehe nun also darum, Schadensbegrenzung zu betreiben und zu schauen, was noch möglich ist. Den WM-Sieg, daran besteht kein Zweifel, hat er längst nicht aufgegeben.

Als Geheimtipp gelten indes Adam Ammour und Benedikt Hertel, die sich als Junioren-Weltmeister ein persönliches Startrecht gesichert haben - und sich mit einem Sturz nach dem sogenannten Horse Shoe, einer spektakulären Kurve, um alle Chance bringen. Sie rutschen auf der Seite fast den kompletten zweiten Teil der Natureisbahn herunter, bleiben unverletzt - sind allerdings frühzeitig ausgeschieden.

Am Sonntag geht es weiter: am Vormittag mit der Entscheidung im Monobob der Frauen und der Winterbergerin Laura Nolte auf Goldkurs, ab 13 Uhr dann im Zweierbob der Männer.